(ots) - Russlandbeauftragter: "Moskau agiert ohne
Rücksicht auf Zivilisten und Flüchtlinge"
Gernot Erler: Islamischer Staat ist lachender Dritter - Kritik an
Putins "schizophrener Doppelstrategie"
Osnabrück. Der Russlandbeauftragte der Bundesregierung, Gernot
Erler (SPD), hat der russischen Führung vorgeworfen, im
Syrienkonflikt ohne Rücksicht auf Zivilisten und die Bemühungen um
eine Lösung der Flüchtlingskrise zu agieren. In einem Gespräch mit
der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (Mittwoch) sagte Erler, in dem
Konflikt schere sich keine Partei um die wehrlosen Zivilisten. "Und
Moskau denkt gar nicht daran, auf das deutsche Problem mit den
Flüchtlingen Rücksicht zu nehmen, das ohne die Türkei unlösbar
erscheint."
Erler kritisierte außerdem, der russische Präsident Wladimir Putin
nutze "die enormen Probleme in Europa und besonders in Deutschland
mit den Flüchtlingen, um die Situation bei uns als völlig chaotisch
und desolat zu beschreiben". Die Botschaft richte sich an die eigene
Bevölkerung und laute: "Seid froh, dass ihr im geordneten Russland
lebt, auch wenn es ein paar wirtschaftliche Schwierigkeiten gibt!"
Putin verfolgt nach den Worten von Erler "eine schizophrene
Doppelstrategie": Man bombardiere vornehmlich die syrischen
Widersacher von Präsident Baschar al-Assad, beteilige sich aber
gleichzeitig an den diplomatischen Friedensbemühungen, die ohne diese
Rebellengruppen keinen Erfolg haben könnten. Der SPD-Politiker
betonte: "Auch Putin sollte klar sein, dass es keine militärische
Lösung geben kann. Aber seine Priorität lautet, die Lage von Assad
und seinem Regime militärisch zu verbessern. Der lachende Dritte bei
dieser Lage heißt Islamischer Staat."
Erler forderte, die internationalen Syrien-Gespräche am Donnerstag
in München zu nutzen, "um Russland seine Verantwortung in der
jetzigen Lage klar zu machen". Zugleich warb er dafür, Stolpersteine
auf dem Weg zur Wiederaufnahme der Genfer Friedensgespräche aus dem
Weg zu räumen, "zu denen auch einseitige Vorbedingungen für den
Dialog gehören". Der Russlandbeauftragte betonte, er sehe keine
Alternative zu einer politischen Lösung dieses Konflikts, in dem
schon fünf Jahre auf dem Rücken der Zivilbevölkerung gekämpft werde,
und das nur mit Verlierern und ohne Sieger, wenn man von der
Terrorbewegung Islamischer Staat absehe.
In München treffen sich am Donnerstag Vertreter der ISSG
(International Syria Support Group). Die Gruppe umfasst 17 Staaten,
darunter die wichtigsten Schutzmächte des Assad-Regimes, Russland und
der Iran. Hinzu kommen Vertreter der Arabischen Liga, der EU und der
Vereinten Nationen. Die eigentlichen Friedensgespräche zwischen dem
Assad-Regime und syrischer Opposition, die im Januar in Genf
begannen, liegen derzeit auf Eis.
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