(ots) - Das Thema:
"Sozialstaat unter Druck: Kosten uns die Flüchtlinge zu viel?"
Kann Bundeskanzlerin Angela Merkel beim kommenden EU-Gipfel ihre
Amtskollegen von einer gerechteren Verteilung der Flüchtlinge
überzeugen oder muss Deutschland weiter die Hauptlast tragen? Doch wo
ist die Belastungsgrenze für unseren Sozialstaat? Die
Bundesarbeitsministerin rechnet bereits damit, dass es wegen des
Flüchtlingszuzugs deutlich mehr Hartz-IV-Empfänger geben wird. Wie
viele Zuwanderer werden einen Arbeitsplatz finden? Werden Flüchtlinge
und deutsche Arbeitslose gegeneinander ausgespielt? Droht jetzt ein
neuer Verteilungskampf - nicht zwischen arm und reich, sondern
zwischen arm und arm?
Die Gäste:
Wolfgang Grupp (Unternehmer) Roland Tichy (Publizist) Leni
Breymaier (Ver.di-Landeschefin) Edeltraud Sack ("Tafel"-Leiterin)
Bernd Raffelhüschen (Wirtschaftswissenschaftler) Marcel Fratzscher
(Wirtschaftswissenschaftler) Alireza Faghihzadeh (Flüchtling und
Lehrling)
Wolfgang Grupp
"Jeder, der nähen kann, bekommt bei mir einen Arbeitsplatz - egal
ob Deutscher oder Zuwanderer", sagt der schwäbische
Textilunternehmer. Im letzten September wollte er einen
pakistanischen Flüchtling beschäftigen. "Drei Monate dauerte es, bis
wir ihn schließlich anstellen konnten. Das kann doch nicht sein",
klagt Wolfgang Grupp über bürokratische Hemmnisse. Dabei hätte er am
nächsten Tag anfangen können.
Roland Tichy
"Wir haben uns Armut ins Land geholt, unser Sozialstaat ist in
Gefahr und erhebliche Verteilungskämpfe sind zu befürchten", glaubt
der ehemalige Chefredakteur der "Wirtschaftswoche". Zudem sei die
Qualifikation der Zuwanderer so schlecht, dass sie nur schwer in
Arbeit kämen. "Kein Paketbote kann seinen Job machen, wenn er die
Adresse nicht lesen kann. Wer nur arabische Schriftzeichen
beherrscht, wird erst mal jahrelang arbeitslos sein", sagt der
Vorsitzende der Ludwig-Erhard-Stiftung.
Leni Breymaier
"Wir sollten viel mehr vom volkswirtschaftlichen Nutzen der
Flüchtlinge reden als von den Kosten", sagt die
Ver.di-Landesvorsitzende von Baden-Württemberg. Staatliche Ausgaben
für Flüchtlinge würden wie ein Motor für die Wirtschaft wirken. Die
stellvertretende SPD-Landesvorsitzende ist überzeugt: Die Flüchtlinge
seien nicht wegen der Sozialleistungen nach Deutschland gekommen.
"Die wollen arbeiten und nicht rumhocken."
Edeltraud Sack
Der Flüchtlingsandrang stellt die ehrenamtlichen Initiativen der
"Tafeln" für Bedürftige bundesweit vor große Herausforderungen.
Bereits jetzt gebe es immer wieder kulturelle Konflikte bei der
Essensausgabe, beklagen die Helfer. "Wenn noch mehr Flüchtlinge zu
uns kommen, dann haben wir nicht mehr genug für alle, und der Ärger
ist vorprogrammiert", sagt die Leiterin der "Tafel" aus dem
niedersächsischen Gifhorn.
Bernd Raffelhüschen
Die deutsche Flüchtlingspolitik sei "der größte Fehler der
vergangenen Jahrzehnte", wettert der renommierte Ökonom bereits seit
Monaten. Auf bis zu eine Billion Euro veranschlagt er die Kosten des
Flüchtlingszuzugs, die nur mit massiven Steuererhöhungen finanziert
werden könnten. "70 Prozent der Flüchtlinge sind unqualifiziert. Es
wird eher eine Integration in die sozialen Sicherungssysteme als in
den Arbeitsmarkt geben", erklärt der Sozialexperte.
Marcel Fratzscher
"Die Rechnung, Flüchtlinge sind ein Verlustgeschäft für
Deutschland, ist grundfalsch und manipulativ. Dann sind auch zwei
Drittel der Deutschen ein Verlustgeschäft", sagt der Präsident des
Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung. Der Ökonom ist
überzeugt, dass Deutschland von den Flüchtlingen profitieren wird:
"Ein Flüchtling erwirtschaftet nach fünf Jahren mehr, als er den
Staat kostet."
Alireza Faghihzadeh
Er ist ein Vorzeige-Immigrant: Zweieinhalb Jahre nach seiner
Flucht lebt der 22-jährige Iraner unabhängig von staatlicher
Unterstützung in Berlin. Als er nach Deutschland kam, sprach er kaum
Deutsch. Inzwischen beherrscht er die Sprache fließend und macht eine
Ausbildung als Elektroniker für Automatisierungstechnik. Paradox:
Ãœber seinen Asylantrag ist bis heute nicht entschieden. Faghihzadeh
lässt sich aber von seinem Ziel nicht abbringen: "Ich will Deutscher
werden."
"Maischberger" ist eine Gemeinschaftsproduktion der ARD,
hergestellt vom WDR in Zusammenarbeit mit der Vincent TV GmbH.
Im Internet unter www.DasErste.de/maischberger Redaktion: Elke
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