(ots) -
Die Zahl der Privatinsolvenzen in Deutschland sinkt weiter. Im
Jahr 2015 mussten 107.919 Bundesbürger - Privatpersonen und ehemals
Selbstständige - eine private Insolvenz anmelden. Im Vergleich zum
Vorjahr entspricht dieser Wert einem Rückgang um 6,4 Prozent. So
lauten die zentralen Ergebnisse aus der Studie "Schuldenbarometer
2015" der Wirtschaftsauskunftei Bürgel. "Die Privatinsolvenzen sind
2015 das fünfte Jahr in Folge rückläufig. Es ist der niedrigste Stand
bei den Verbraucherinsolvenzen seit 2005, als knapp 100.000
Privatinsolvenzen angemeldet wurden", kommentiert Bürgel
Geschäftsführer Dr. Norbert Sellin die aktuellen Zahlen. "Für das
Jahr 2016 gehen wir von weiter sinkenden Zahlen bei den
Privatinsolvenzen aus. Aktuell rechnen wir am Jahresende mit 100.000
Insolvenzen", prognostiziert Dr. Sellin.
Es gibt in Deutschland drei Faktoren, die für den niedrigen Stand
bei den Privatinsolvenzen verantwortlich sind. Hauptursache für den
erneuten Rückgang bei den Privatinsolvenzen ist die weiterhin
niedrige Arbeitslosenquote. "Arbeitslosigkeit gilt als Hauptauslöser
Nummer eins für eine Privatinsolvenz", sagt der Bürgel
Geschäftsführer. "Wenn die Arbeitslosigkeit steigt, werden
nachgelagert auch die Privatinsolvenzen wieder steigen. Ãœber alle
Altersgruppen hinweg ist Arbeitslosigkeit in 30 Prozent der Fälle
Auslöser für die Privatinsolvenz. Ein festes Einkommen bildet die
Grundlage dafür, dass die Ausgaben die Einnahmen nicht übersteigen."
Zudem gibt es zwei begleitende Effekte, die sich positiv für die
Privatpersonen auswirken. Zum einen hat sich die Einkommenssituation
der Bürger - auch durch relativ hohe Tarifabschlüsse - verbessert.
Zum anderen wird die Inflation, die 2015 bei 0,3 Prozent lag, auf
einem niedrigen Niveau bleiben. Folglich werden die Bundesbürger auch
real spürbar mehr in ihren Geldbörsen haben.
Die Altersgruppe der Bundesbürger "61 Jahre und älter" wird
zunehmend von dem Trend sinkender Zahlen bei den Privatinsolvenzen
ausgeklammert. 2015 sind die Privatinsolvenzen bei den Senioren das
vierte Mal in Folge angestiegen. Nach den starken Anstiegen in den
letzten Jahren (2012: plus 1,2 Prozent, 2013: plus 8,4 Prozent, 2014:
plus 13,9 Prozent) nahmen die Fallzahlen in der Altersgruppe "61
Jahre und älter" um 0,6 Prozent zu (10.751 Fälle). Dass laut der
aktuellen Bürgel Statistik insbesondere Menschen im Rentenalter zu
den Personen zählen, die Privatinsolvenz anmelden müssen, rührt
daher, dass deren Einkommen bzw. Renten in vielen Fällen nicht
ausreichen. Folglich gerät diese Altersgruppe zunehmend in
finanzielle Notlagen. Viele dieser Bürger sind auf eine
Grundsicherung angewiesen. Um finanziellen Engpässen und Schulden zu
begegnen, haben in den letzten Jahren zudem Senioren vermehrt
Minijobs angenommen. Helfen diese Maßnahmen nicht und wird die
finanzielle Notlage zu groß, mündet die Situation oftmals in eine
Privatinsolvenz. Die Ursachen für Altersarmut und Privatinsolvenzen
der Gruppe "61 Jahre und älter" liegen auch im sinkenden Rentenniveau
und steigender Besteuerung begründet. Der wachsende
Niedriglohnsektor, aber auch Krankheiten und die damit verbundenen
Kosten tragen dazu bei, dass immer mehr Menschen von Altersarmut
bedroht sind. Aufgrund der demografischen Entwicklung wird künftig
eine immer größer werdende Bevölkerungsgruppe vor finanziellen
Problemen im Alter stehen. "Wir gehen davon aus, dass die Zahl der
Privatinsolvenzen älterer Menschen auch im Jahr 2016 auf einem hohen
Niveau verharren wird", so Dr. Sellin.
Die meisten Privatinsolvenzen wurden im Jahr 2015 in
Nordrhein-Westfalen angemeldet. In dem bevölkerungsreichsten
Bundesland wurden 25.672 Bürger zahlungsunfähig.
Das Bundesland Bremen nimmt bei der Auswertung der
Privatinsolvenzen eine besondere Rolle ein. Im Ranking der absoluten
Zahlen steht Bremen mit 1.406 privaten Insolvenzen am besten da.
Diese Reihenfolge ändert sich jedoch, wenn die relativen Zahlen -
Privatinsolvenzen je 100.000 Einwohner - in die Analyse einbezogen
werden. Mit 212 Privatinsolvenzen je 100.000 Einwohner steht Bremen
demnach an der Spitze der Statistik. Am zweithäufigsten wurden im
Jahr 2015 im Saarland Privatinsolvenzen gemeldet. Hier kommen auf
100.000 Einwohner 184 Privatinsolvenzen. Es folgen mit Hamburg (181),
Niedersachsen (180) und Schleswig-Holstein (174) ausnahmslos
norddeutsche Bundesländer. Damit setzte sich das sogenannte
Nord-Süd-Gefälle bei den Privatinsolvenzen - mit Ausnahme des
Saarlandes - auch im Jahr 2015 fort. Weniger Privatpleiten gab es in
den südlichen Bundesländern. In Bayern meldeten nur 85 von 100.000
Bürgern eine Insolvenz an. Ebenfalls niedrige Werte lieferten
Baden-Württemberg (96) und Thüringen (102). Der Bundesdurchschnitt
lag im Jahr 2015 bei 133 Privatinsolvenzen je 100.000 Einwohner.
Der Trend sinkender Fallzahlen bei den privaten Insolvenzen zeigte
sich 2015 in 15 Bundesländern. Einzig im Saarland war die Entwicklung
gegenläufig. Hier gab es einen leichten Anstieg von 0,8 Prozent (14
Privatinsolvenzen mehr als 2014). Den stärksten Rückgang mit einem
Minus von 12,8 Prozent meldete Thüringen.
Wie schon in den letzten Jahren ist der Anteil von Männern an der
Privatinsolvenzstatistik höher als von Frauen. Dies bezieht sich
sowohl auf die absoluten als auch auf die relativen Zahlen. Während
der relative Wert im Bundesdurchschnitt 133 Fälle je 100.000
Einwohner ausmacht, verantworteten männliche Bundesbürger im Jahr
2015 159 Privatpleiten je 100.000 Einwohner (absolut: 63.273 Fälle).
Dem gegenüber stehen 44.646 Frauen, die eine private Insolvenz
anmelden mussten. Anders ausgedrückt wurden im vergangenen Jahr -
weit unter dem Bundesdurchschnitt - 108 Frauen unter 100.000 Bürgern
zahlungsunfähig.
Mit Ausnahme der älteren Bundesbürger zeigte sich in allen anderen
analysierten Altersgruppen im Jahr 2015 der Trend sinkender
Privatinsolvenzen. Besonders positiv ist die Entwicklung bei den
jungen Bundesbürgern zwischen 18 und 20 Jahren. Hier sanken die
Privatpleiten um 18,5 Prozent.
Die wesentlichen Ursachen für eine Privatinsolvenz sind eng
verbunden mit der Einkommenssituation der betroffenen Personen. Es
gibt sechs Hauptursachen ("Big Six"), die immer wieder Erwähnung
finden, wenn es um die Ursachen oder die Gründe von Privatinsolvenzen
geht. Zu den Gründen gehören Arbeitslosigkeit und reduzierte Arbeit,
Einkommensarmut, gescheiterte Selbstständigkeit, ein zum Einkommen
unpassendes Konsumverhalten, Veränderungen in der familiären
Situation wie Scheidung beziehungsweise Trennung und Krankheit. Der
überwiegende Teil der Privatpersonen in einer Insolvenz steht vor
allem bei Kreditinstituten, Versandhändlern, Versicherungen,
Behörden, Vermietern, Energieversorgern und Telefongesellschaften in
der Kreide.
Die komplette Studie finden Sie auf unserer Homepage unter
http://ots.de/ww9Oe
Pressekontakt:
Oliver Ollrogge, 040 89803582, oliver.ollrogge(at)buergel.de