(ots) -
Den Teilzeitbeschäftigten in Deutschland geht es gut. Vier von
fünf Teilzeitbeschäftigten fühlen sich an ihrem Arbeitsplatz wohl -
ein ähnlicher Wert wie bei den Vollzeitbeschäftigten. Die psychische
Belastung ist nach Selbsteinschätzung der Teilzeitkräfte zudem
wesentlich geringer als bei den Vollzeitkräften. Zu diesem Ergebnis
kommt die Orizon Arbeitsmarktstudie 2015 mit insgesamt 2.123
Befragten. Doch wer sich zu gemütlich in der 20-Stunden-Woche
einrichtet, kann das teuer bezahlen. Klassische Karrierestrukturen
machen Teilzeit zu einer Sackgasse. Flexible Karrierewege und neue
Modelle, wie etwa Führung in Teilzeit, sind noch Randerscheinungen.
Entsprechend schätzen die Teilzeitkräfte ihre Chancen, einen neuen
Job zu finden, wesentlich schlechter ein als ihre Kollegen in
Vollzeit.
Zufrieden mit der Zeitaufteilung
Auf die Zufriedenheit am Arbeitsplatz wirken sich kürzere
Arbeitszeiten kaum aus: 78,4 Prozent der Teilzeitkräfte fühlen sich
an ihrer Arbeitsstelle wohl. Bei den Vollzeitkräften sind es mit 79,2
Prozent nur geringfügig mehr. Dieses Ergebnis deckt sich mit früheren
Forschungsergebnissen des Instituts für Arbeitsmarkt- und
Berufsforschung (IAB), nach denen Teilzeit meist selbstgewählt ist
und Arbeitnehmer eher Arbeitszeit reduzieren als erhöhen möchten.
"Teilzeitbeschäftigte sind zu einem hohen Anteil Frauen, die sich aus
familiären Gründen für eine reduzierte Stundenzahl entscheiden.
Dagegen ist nichts einzuwenden. Mehr Zeit für Kinder,
pflegebedürftige Eltern oder Hobbys sind etwas Erstrebenswertes",
stellt Dr. Dieter Traub, Geschäftsführer des Personalunternehmens
Orizon, fest. "Manche Männer würden eine Teilzeitstelle vielleicht
auch vorziehen, verzichten aber aufgrund gesellschaftlicher
Rollenbilder auf eine Stundenreduzierung."
Ambivalenzen bei Belastungsempfinden
Weniger Arbeitsstunden sind nicht immer gleichbedeutend mit
weniger Belastung - zumindest in der Selbstwahrnehmung der
Arbeitnehmer. Die Teilzeitkräfte sehen sich sogar einer höheren
körperlichen Belastung ausgesetzt als die Vollzeitkräfte. Während
47,2 Prozent der Vollzeit-Arbeitnehmer sich durch ihre Arbeit
körperlich 'sehr hoch' oder 'hoch' belastet fühlen, sind es bei den
Teilzeit-Arbeitnehmer sogar 56 Prozent. Bei der psychischen Belastung
zeigt sich aber der erwartete Effekt: weniger Stunden bedeuten auch
weniger psychischen Stress. Bei vollen 40 Wochenarbeitsstunden oder
mehr empfinden 69,5 Prozent der befragten Arbeitnehmer eine 'sehr
hohe' oder 'hohe' psychische Belastung. Bei den befragten
Arbeitnehmern in Teilzeit sind es "nur" 50,5 Prozent. "Termine,
Fristen und Arbeitszeitverdichtung belasten die Menschen im modernen
Arbeitsleben deutlich stärker als körperliche Anstrengungen", weiß
Traub von seinen eigenen Mitarbeitern.
Die Chancen schwinden
23,6 Prozent der Arbeitnehmer in Teilzeit sind aktiv auf Jobsuche.
Das sind nur 4,2 Prozent mehr als bei den Vollbeschäftigten, bei
denen sich 19,4 Prozent nach einer neuen Stelle umschauen.
Gleichzeitig schätzen die Teilzeitkräfte ihre Chancen bei der
Jobsuche relativ gering ein: Nur 46,3 Prozent der Beschäftigten in
Teilzeit sehen 'sehr gute' oder 'gute' Chancen in Deutschland einen
neuen Job zu finden. "Die Lage am Arbeitsmarkt könnte für
Arbeitnehmer momentan kaum besser sein", so Traub. "Dennoch liegen
die Teilzeitkräfte mit ihrer Einschätzung zu Jobchancen richtig.
Gerade bessere Jobs mit mehr Verantwortung sind aus einer
Teilzeitposition immer noch schwer zu erreichen." Die Karrierechancen
der Vollzeitbeschäftigten sind wesentlich besser und ihre
Einschätzung auch entsprechend optimistischer - bei ihnen sehen 63,4
Prozent 'sehr gute' oder 'gute' Chancen auf einen neuen Job.
Sehenden Auges in die Sackgasse
"Teilzeit bietet viele Vorteile, man sollte aber die
weitreichenden Implikationen im Blick haben", warnt Traub.
Teilzeitarbeit ermöglicht es, verschiedene Lebensbereiche besser zu
vereinbaren. Gleichzeitig verringert sie aber unter anderem die
Chance auf Führungspositionen und Gehaltssprünge. "Insbesondere junge
Frauen müssen aufpassen, dass sie sich mit einer Teilzeitstelle nicht
ins berufliche Abseits stellen. Zwar werden Unternehmen ihre
Karrierewege flexibilisieren, um Potentiale zu schöpfen, aber das
wird nur langsam gehen", gibt Traub zu bedenken.
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