PresseKat - Aktion Grenzenloses Internet: Reporter ohne Grenzen entsperrt zensierte Webseiten

Aktion Grenzenloses Internet: Reporter ohne Grenzen entsperrt zensierte Webseiten

ID: 1332416

(ots) -

Sperrfrist: 11.03.2016 16:00
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Zum Welttag gegen Internetzensur am morgigen Samstag hat Reporter
ohne Grenzen (ROG) zensierte Webseiten in China, Malaysia,
Saudi-Arabien, der Türkei und Vietnam entsperrt. Mit der Aktion
"Grenzenloses Internet" protestiert ROG gegen die weitreichende
Internetzensur in vielen Staaten: Durch repressive Gesetze und
technische Hürden versuchen sie, ihren Bürgern kritische
Nachrichtenmedien und andere unabhängige Informationsquellen
vorzuenthalten. Die sechs für die Aktion ausgewählten Webseiten sind
wichtige Nachrichten- oder Menschenrechtsportale, deren Informationen
oft im Widerspruch zu den offiziellen Verlautbarungen der jeweiligen
Regierungen stehen.

"Wer Nachrichtenquellen zensiert, will kontrollieren, was Menschen
wissen und welche politischen Meinungen sie sich bilden", sagte
ROG-Vorstandsmitglied Matthias Spielkamp. "Mit dieser Aktion
demonstrieren wir, dass Internetzensur überwindbar ist. Keine
Regierung darf nach Belieben entscheiden können, aus welchen
Informationsquellen ihre Bürger schöpfen."

Um die zensierten Seiten zugänglich zu machen, hat ROG die
Webseiten "gespiegelt" (dupliziert) und auf den Cloud-Servern
wichtiger Anbieter wie Amazon, Fastly, Google oder Microsoft
abgelegt. Deshalb könnte eine Regierung die gespiegelten Webseiten
praktisch nur noch zensieren, indem sie den gesamten jeweiligen
Cloud-Server blockiert. Damit träfe sie aber zugleich Tausende
Unternehmen, die auf Dienste derselben Anbieter angewiesen sind.
Einen so großen wirtschaftlichen und politischen "Kollateralschaden"
ihrer Internetzensur dürften Regierungen in der Regel scheuen.

Zusätzlich stellt ROG in diesem Jahr eine App zur Aktion




"Grenzenloses Internet" zur Verfügung. Der "RSF Censorship Detector"
fungiert als Erweiterung des Internetbrowsers Google Chrome und
bietet automatisch eine Umleitung zur jeweiligen Spiegelseite an,
wenn ein Nutzer eine der gesperrten Webseiten aufzurufen versucht.

ALTERNATIVE NACHRICHTENSEITEN, DIE HEIKLE THEMEN AUFGREIFEN

Zu den entsperrten Webseiten gehört das alternative türkische
Nachrichtenportal Sendika.org. Seit 14 Jahren versucht es, den
Sprachlosen in der Türkei eine Stimme zu geben und über Themen zu
berichten, die von den großen Medien ignoriert werden, darunter
soziale Themen, die Kurdenfrage sowie die Frauenrechts- und die
LGBT-Bewegung. 2013 gehörte Sendika.org zu den führenden
Nachrichtenquellen über die Niederschlagung der Gezi-Proteste. Seit
dem Wiederaufflammen des bewaffneten Konflikts zwischen Regierung und
der kurdischen PKK im vergangenen Juli ist das Portal eine von
Dutzenden Nachrichtenwebseiten, die von den Behörden blockiert
wurden.

Ein weiteres Beispiel ist die chinesische Nachrichtenwebseite
Boxun. Mithilfe eines Netzwerks von Bürgerjournalisten berichtet sie
oft sehr schnell über heikle Nachrichten. Zugleich legt das
Boxun-Team großen Wert darauf, seine oft anonym eingesandten
Informationen zu überprüfen und entsprechend internationalen
journalistischen Standards aufzubereiten. Boxun bringt eigene
Berichte und Analysen, übernimmt aber auch Texte von
chinesischsprachigen Medien in China. Jeder, der in China
Informationen an Boxun schickt oder für das Portal schreibt, geht ein
großes Risiko ein. Mehrere Boxun-Mitarbeiter sind verhaftet,
misshandelt oder zu öffentlichen "Geständnissen" gezwungen worden.

Ebenfalls entsperrt hat ROG das englischsprachige, auf Malaysia
spezialisierte Nachrichtenportal Sarawak Report, ein Schwestermedium
des mehrfach ausgezeichneten Exil-Rundfunksenders Radio Free Sarawak.
Mit Berichten über illegale Abholzungen und Korruption verschaffte
sich die Webseite mit Sitz in London nach ihrer Gründung 2010 schnell
internationale Aufmerksamkeit. Seitdem hat sie ihre Berichterstattung
auf andere politische Themen ausgeweitet, darunter Enthüllungen über
Regierungskorruption. Vergangenes Jahr berichtete sie über
Ermittlungen der Justiz zu Vorwürfen, ein Entwicklungsfonds habe Geld
auf persönliche Konten des Ministerpräsidenten umgeleitet. Seit dem
20. Juli 2015 hat die malaysische Medienaufsicht die Seite gesperrt.

64 MILLIONEN ZUGRIFFE AUF VOR EINEM JAHR ENTSPERRTE WEBSEITEN

Im vergangenen Jahr hatte ROG schon einmal elf
Nachrichtenwebseiten entsperrt, die in zusammen elf Ländern zensiert
werden. Die dafür bereitgestellten Server haben seitdem 64 Millionen
Zugriffe registriert und mehr als 587 Gigabyte an Daten übermittelt.
ROG hat zwischenzeitlich weitere Spiegelseiten eingerichtet und
zusätzliche Cloud-Anbieter in die Aktion eingebunden. Dadurch kann
die Organisation einen alternativen Spiegelserver anbieten, wenn eine
Regierung der hohen Kollateralkosten einen Cloud-Service komplett
sperrt. ROG wird die Entsperrungen aufrechterhalten, solange die
dafür verfügbaren Mittel ausreichen.

Die Aktion "Grenzenloses Internet" schreibt die bis 2014 jährlich
veröffentlichten ROG-Berichte "Feinde des Internets" fort. In ihnen
beschrieb ROG jeweils Staaten sowie zuletzt auch Firmen und
Institutionen, die sich durch besonders weitreichende
Internetüberwachung und -zensur einen Namen gemacht haben. Mit der
jetzigen Aktion geht ROG über die reine Dokumentation hinaus und
durchkreuzt aktiv die Zensurversuche ausgewählter Staaten, die zu den
Feinden des Internets zählen.

DIE NEU ENTSPERRTEN WEBSEITEN:

- Sendika.org, zensiert in der Türkei
- European Saudi Organization for Human Rights, zensiert in
Saudi-Arabien
- Sarawak Report, zensiert in Malaysia
- Boxun, zensiert in China
- Defend the Defenders, zensiert in Vietnam
- Radio Free Asia, zensiert in Vietnam

Mehr zur Aktion: www.reporter-ohne-grenzen.de/feinde_internet/2016
(online ab 16 Uhr)

Die vollständige Liste der nun - zu den Welttagen gegen
Internetzensur 2015 und 2016 - von ROG entsperrten Webseiten und der
jeweiligen Spiegelserver sowie weitere Informationen zu den einzelnen
Seiten (auf Englisch) finden Sie ab 16 Uhr unter
https://12march.rsf.org. Die Liste der entsperrten Seiten und der
verwendeten Dienstleister wird außerdem auf
https://github.com/RSF-RWB/collateralfreedom regelmäßig aktualisiert.

NUR FÃœR DEN REDAKTIONELLEN GEBRAUCH: INTERVIEW-ANGEBOT Ali Adubisi
von der in Berlin und London ansässigen European Saudi Organization
for Human Rights (www.esohr.org/en/), deren Webseite zu den
entsperrten Portalen dieses Jahres gehört, ist unter
ali.adubisi(at)esohr.org bzw. 0152-09075691 für Interviews erreichbar.
Er spricht Englisch.



Pressekontakt:
Reporter ohne Grenzen
Ulrike Gruska / Christoph Dreyer
presse(at)reporter-ohne-grenzen.de
www.reporter-ohne-grenzen.de/presse/
T: +49 (0)30 609 895 33-55
F: +49 (0)30 202 15 10-29


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Datum: 11.03.2016 - 16:00 Uhr
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