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Der Thüringer CDU-Bundestagsabgeordnete Johannes Selle nahm im
September 2015 an einer Veranstaltung des Vereins "Tolstoi-Institut"
im Berliner Löwenpalais teil. Dem Verein wird vorgeworfen, unter dem
Deckmantel des Kulturaustausches russische Propaganda zu verbreiten.
Nach Recherchen des ZDF-Magazins "Frontal 21" für die Sendung am
Dienstag, 15. März 2016, 21.00 Uhr, gehört ein Vorstandsmitglied des
"Tolstoi-Instituts" dem Vorstand der rechtsextremen Partei "Pro
Deutschland" an, die vom Verfassungsschutz beobachtet wird. Zudem
stammen mehrere Gründungsmitglieder des im Frühjahr 2014
eingetragenen Vereins aus den Reihen der Partei. Im Fall der
Vereinsauflösung fällt das Vermögen des "Tolstoi-Instituts" laut
Vereinssatzung an die Russische Botschaft in Berlin.
Teilnehmer von Gesprächsrunden des "Tolstoi-Institut" berichten
zudem, Referenten, die der so genannten Reichsbürgerbewegung
angehörten, hätten dort rechtsextremes Gedankengut verbreitet.
Das "Tolstoi-Institut" erklärte auf Nachfrage, es betätige sich
außer bei der Forderung nach Aufhebung der EU-Sanktionen gegen
Russland nicht politisch. Gegen die Beobachtung der Partei "Pro
Deutschland" durch den Verfassungsschutz sei Klage eingereicht
worden.
Das "Tolstoi-Institut" wirbt auf seiner Homepage bis heute mit dem
Auftritt von Johannes Selle. Der CDU-Abgeordnete distanziert sich
mittlerweile von dem Institut: "Ich fühle mich getäuscht, wenn
Rechtsextreme mit mir werben und diese kulturelle Veranstaltung dafür
benutzen", teilte Selle, der der Deutsch-Russischen Parlamentsgruppe
angehört, "Frontal 21" mit.
Einer Einladung des "Tolstoi-Instituts" folgte auch Bernhard
Kaster, parlamentarischer Geschäftsführer der
CDU/CSU-Bundestagsfraktion. Auf einer Festveranstaltung im Januar
2016 überbrachte er in der Russischen Botschaft ein Grußwort des
Bundestages. Auf Nachfrage erklärte Kaster: "Auf dem Papier war dies
eine Veranstaltung eines Kulturinstitutes, die durch den
Veranstaltungsort in der russischen Botschaft durchaus seriös schien.
Offenbar ist man jedoch selbst bei Kulturinstituten nicht vor
Ãœberraschungen gefeit." Er habe keine weiteren Kontakte zum
"Tolstoi-Institut".
Seit Herbst 2015 beobachtet eine Spezialeinheit der EU-Kommission
Propagandaaktivitäten Russlands in Europa. Auffällig ist demnach die
Unterstützung rechter und rechtsextremer Gruppierungen in EU- und
NATO-Staaten durch russische regierungsnahe Organisationen.
"Das Hauptziel ist die Destabilisierung der Europäischen Union und
ihrer Mitgliedsstaaten", meint Peter Kreko vom Budapester Think Tank
"Political Capital Institute", der der EU-Kommission zuarbeitet. "Das
wichtigste Werkzeug für die Destabilisierung ist die Unterstützung
rechtsextremer Splitterparteien, die gegen das Establishment, gegen
die EU und die NATO sind", sagte Kreko gegenüber "Frontal 21".
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