(ots) - Es ist schon lange her, da feierte der Boxer
Herbert (gespielt von Peter Kurth) Erfolge im Boxring. Heute ist
Herbert Trainer für Nachwuchstalente und arbeitet zudem als
Geldeintreiber. Als er eines Tages zusammenbricht und plötzlich Arme
und Beine nicht mehr bewegen kann, geht er zum Arzt. Die Diagnose:
ALS. Schon bald kann Herbert nicht mehr ohne Stock gehen, es fällt
ihm immer schwerer, zu sprechen. Doch auch diesem letzten großen
Kampf will sich Herbert nicht wehrlos ergeben. Denn es gibt noch
einige Fehler, die er wieder gutmachen will. Das Langfilmdebüt des
Studentenoscar-Gewinners Thomas Stuber, HERBERT (Start: 17. März)
setzt sich nicht nur authentisch und ernsthaft mit dem Krankheitsbild
ALS auseinander. Darüber hinaus, so die fünfköpfige FBW-Jury, die das
höchste Prädikat "besonders wertvoll" verlieh, ist der Film auch "ein
Genrefilm voller Wahrhaftigkeit und Leiblichkeit um einen Boxer in
seinem letzten Kampf gegen eine heimtückische Krankheit und um die
Chance, die wichtigsten Dinge in seinem Leben noch zu Ende bringen zu
können. Eine höchst gelungene Arbeit."
In ihrem Roman "Raum" hat die Irin Emma Donaghue unter anderem den
Fall Fritzl aus Österreich aufgegriffen. Nicht minder eindrucksvoll
als dieses Buch ist auch die Verfilmung RAUM (Start: 17. März) von
Lenny Abrahamson, für die die Hauptdarstellerin Brie Larson vor
kurzem den Oscar erhielt. RAUM erzählt von Joy, die als
Siebzehnjährige von ihrem Peiniger entführt wurde. Vor fünf Jahren
hat sie einen Sohn namens Jack geboren, der nichts von der Welt kennt
außer dem "Raum", wie er ihn nennt. Eines Tages gelingt beiden die
Flucht. Doch die Welt da draußen macht beiden Angst: Der jungen Frau,
der die Welt gestohlen wurde, und dem kleinen Jungen, der sie nie
kennengelernt hat. Für die Expertenrunde der FBW ist dieses "leise
und dennoch unglaublich intensive Drama voller Interesse und
Zärtlichkeit für die beiden tapferen Protagonisten". Unterstützt, so
die Jury weiter, wird der Regisseur "von einem exzellenten Drehbuch,
zwei herausragend agierenden Hauptdarstellern, einer trotz der Enge
überaus flexiblen Kamera und einer überaus variablen und einfühlsamen
Filmmusik". So gelingt ihm ein "echtes, stets überraschendes und
niemals auch nur eine Sekunde langweiliges Meisterwerk, das auf
ganzer Linie begeistert und das durch unendlich viele Feinheiten und
Nuancen überzeugt." Die Jury vergibt das Prädikat "besonders
wertvoll".
In BACH IN BRAZIL (Start: 17. März) von Ansgar Ahlers fällt der
ehemalige Hornist Marten aus allen Wolken, als er erfährt, dass ihm
ein ehemaliger Schulfreund eine enorm wertvolle und rare Partitur
Bachs hinterlassen hat. Hals über Kopf reist er nach Brasilien. Dort
wird er jedoch von Straßenkindern überfallen. Auf der Suche nach
seinen gestohlenen Noten lernt er die Kultur und vor allem eine
Gruppe Kinder einer Jugendstrafanstalt kennen. Schon bald werden aus
Fremden Freunden - und Marten beginnt, die Kinder in Musik zu
unterrichten. Die FBW-Jury zeichnet die "märchenhaft" anmutende
Feel-Good-Komödie mit dem Prädikat "wertvoll" aus. In ihrer
Begründung heißt es: "Ansgar Ahlers weiß genau, wie er die Helden
sympathisch darstellen und ihre Widersacher, wie den hochnäsigen
Festivalleiter und eine gegen Musik allergische Aufseherin,
lächerlich zeichnen kann. Und mit Edgar Selge hat er einen
Hauptdarsteller gefunden, der den eigenbrötlerisch skurrilen Marten
Brückling als einen zugleich komischen und warmherzigen Menschen
verkörpert, der durch die Leidenschaft, mit der er sowohl Musiker wie
auch Lehrer ist, sehr berührend wirkt." Auch die Jugend Filmjury
empfiehlt BACH IN BRAZIL mit drei Sternen.
Mehr Informationen zu aktuellen und kommenden FBW-Empfehlungen
unter www.fbw-filmbewertung.com.
Die Deutsche Film- und Medienbewertung (FBW) zeichnet
herausragende Filme mit den Prädikaten wertvoll und besonders
wertvoll aus. Über die Auszeichnungen entscheiden unabhängige Jurys
mit jeweils fünf Filmexperten aus ganz Deutschland. Die FBW bewertet
die Filme innerhalb ihres jeweiligen Genres.
Die Jugend Filmjurys der FBW sind mit 10-14-jährigen Schülerinnen
und Schülern besetzt. Sie sind an insgesamt acht Standorten in
Deutschland etabliert und sichten vor Kinostart das Filmprogramm für
5-14-jährige.
Prädikatsfilme vom 17. März 2016
Herbert
Spielfilm, Drama. Deutschland 2015.
Vor vielen Jahren kämpfte Herbert erfolgreich im Boxring, wurde zu
einer Legende im Kiez. Doch das ist lange her. Jetzt trainiert
Herbert Nachwuchstalente und arbeitet als Geldeintreiber. Als eines
Tages krampfartige Schmerzen den ganzen Körper durchziehen und er
Arme und Beine nicht mehr bewegen kann, geht er zu einem
Spezialisten. Die Diagnose: ALS. Die Nervenkrankheit lässt die
Muskeln schwinden, bald schon kann Herbert nicht mehr ohne Stock
gehen, es fällt ihm immer schwerer, zu sprechen. Doch der Mann, den
nie etwas umhauen konnte, weiß: Auch in diesem letzten großen Kampf
wird er sich nicht wehrlos ergeben. Und er möchte ein paar Fehler gut
machen, die er in seinem Leben begangen hat. HERBERT, das Debüt von
Thomas Stuber, ist zum einen eine authentische und ernsthafte
Auseinandersetzung mit dem Krankheitsbild ALS. Doch geht der Film in
seiner Vielschichtigkeit und Komplexität noch weiter und erzählt vom
Drama eines Mannes, der sich durch die Grausamkeit des Moments mit
den Erlebnissen der Vergangenheit auseinandersetzen muss. Da gibt es
die Freundin, die er bisher abweisend behandelte, die Arbeit, die ihn
einholt. Und die Tochter, die er verließ, als sie sechs Jahre alt war
und die nun selbst Mutter ist. Zu den berührendsten Momenten des
Films gehören die Szenen, in denen Herbert versucht, den Kontakt zu
Tochter und Enkelin herzustellen. Peter Kurth, der Herbert
verkörpert, verleiht diesen Sequenzen etwas so Zartes, dass man fast
die Härte und den Stolz vergisst, die die Figur ansonsten ausmachen.
Auch die Art, wie Kurth Herberts Krankheitsverlauf verkörpert, ist
meisterlich und in ihrer realistischen Form ungeschönt und
bedrückend. Unterstützt wird Kurth von einem großartigen Ensemble. Ob
Tochter, Freundin, Boxkollegen oder die Schuldner in der Eckkneipe -
sämtliche Figuren sind Typen, wirken wie aus dem Kiezmilieu
gegriffen, das Stuber zusammen mit Co-Autor Clemens Meyer beschreibt
und beobachtet. Nichts in ihrem Drehbuch wirkt konstruiert, alles ist
nachvollziehbar, erschreckend nah an der Realität und doch, dank
einer spürbaren Liebe zu Figuren und Umgebung, auch erträglich. Am
Ende erfährt Herbert das, was er sich selbst nie vorstellen konnte:
Vergebung und Frieden. Ein starkes, bewegendes und in jeder Faser der
Geschichte authentisches Drama über einen Boxer und seinen letzten
Kampf. Großartiges deutsches Nachwuchskino.
http://www.fbw-filmbewertung.com/film/herbert
Raum
Spielfilm, Drama, Literaturverfilmung. Irland, Kanada 2015.
Es sind nur 9m², die der fünfjährige Jack in seinem bisherigen
Leben kennengelernt hat. Ein einziger Raum, mit einem Bett, einer
Badewanne, einer kleinen Küchenzeile, einem Fernseher. Außer durch
ein kleines Dachfenster kommt kein Licht herein. Doch für Jack ist
das nicht so wichtig, denn da draußen gibt es sowieso nur die
"Aliens". Für ihn zählt nur der Raum - und seine Mutter Joy, mit der
er glücklich zusammen lebt. Außer nachts. Denn da kommt "Old Nick" in
den Raum, und Jack muss sich im Schrank verstecken. Doch eines Tages
entschließt sich seine Mutter, Jack die Wahrheit über die Welt "da
draußen" zu erzählen. Sie sagt, es gäbe sie wirklich. Sie sagt, sie
hätte selbst einmal dort gelebt. Und sie schmiedet einen Plan, wie
Jack die Welt kennen lernen kann. Doch Jack weiß gar nicht, ob er das
will. Denn "Raum" ist mehr als nur ein Gefängnis. "Raum" ist auch
Zuhause. Mit der Verfilmung des gleichnamigen Erfolgsromans von Emma
Donoghue - die auch das Drehbuch schrieb - gelingt Regisseur Lenny
Abrahamson das Kunststück, eine Welt voller Emotionen, Erinnerungen
und auch dramatischen Entwicklungen in nur einem Raum zu erzeugen.
Denn von der ersten Minute an, als Jack das beengte Zimmer
durchschreitet, wird mit jedem Gegenstand ein Gefühl der Wärme und
Geborgenheit verknüpft. Dass hier auch mit Leichtigkeit erzählt wird,
liegt vor allen Dingen an dem umwerfenden Spiel von Brie Larson und
Jacob Tremblay. Larson zeigt die zermürbte Verzweiflung einer jungen
Frau, die von einem Monster aus ihrem Leben gerissen wurde und seit
sieben Jahren seine Gefangene ist. Doch im Umgang mit Jack, der ihr
einziger Lichtblick und emotionaler Halt in einer Welt der
Trostlosigkeit ist, schafft sie es, gelöst und liebevoll umzugehen.
Sie ist alles, was Jack hat - und umgekehrt. Unglaublich, was
Tremblay diesem Spiel entgegensetzt. Völlig glaubwürdig stellt er die
pure Unschuld einer zerbrechlichen Kinderseele dar, mit einem
entwaffnenden Blick, in dem die Liebe zur Mutter und die Zuversicht
liegt, zusammen mit ihr alles schaffen zu können. So gelingt es, die
Situation auch für den Zuschauer aufzufangen, mit Leichtigkeit und
dem Glauben an das Gute. In wunderschönen stillen Momenten
verschmelzen Mutter und Sohn zu einer unzertrennlichen Einheit, die
sich nicht ihrem Schicksal ergibt, sondern sich aus den gegebenen
Umständen ein eigenes Schicksal schafft. Auch die Nebendarsteller
spielen eindrucksvoll und authentisch, vor allem Joan Allen als Joys
Mutter, die behutsam versucht, sich ihrer Tochter und ihrem Enkelsohn
zu nähern und dabei selbst die Entführung verarbeiten muss.
Dramaturgisch teilt sich der Film auf in die Zeit in und außerhalb
des Raums. Als die Flucht nach draußen gelingt, sieht der Zuschauer
die Welt mit den Augen eines Fünfjährigen, der sie bisher nur aus dem
Fernseher kannte. Farben, Lichter, Bäume, Häuser, Menschen - alles
wirkt fremd, wie Aliens eben. Es ist faszinierend, Jack dabei
zuzuschauen, wie er dieses Fremde an sich heran und in sich
hineinlässt. Kamera, Ton- und Musikebene, die Montage und das gut
gewählte Vorstadt-Setting - all die Elemente fügen sich klug und
behutsam ineinander, sodass der Zuschauer völlig in die Welt von Joy
und Jack eintauchen kann. Das macht RAUM zu einem unglaublich
berührenden und meisterlichen Kino-Erlebnis, das sensibel und mit
großer Zärtlichkeit erzählt und mit ungeheurer erzählerischer Kraft
beeindruckt.
http://www.fbw-filmbewertung.com/film/raum
Bach in Brazil
Spielfilm, Komödie. Deutschland 2015.
Die Geschichte eines Mannes und seiner Liebe zu Bachs Musik, eines
Kampfes mit den eigenen Dämonen und vor allem eine Geschichte über
Freundschaft. Marten ist ein ehemaliger Hornist, der in der
Kleinstadt Bückeburg in Niedersachsen ein eigenbrötlerisches Leben
lebt. Als er vom Tod seines alten Schulfreundes hört, erfährt er
auch, dass dieser ihm eine enorm wertvolle und rare Partitur Bachs
hinterlassen hat. Hals über Kopf reist er nach Brasilien. Als er dort
von Straßenkindern überfallen wird, muss er unfreiwillig länger dort
bleiben. Auf der Suche nach seinen gestohlenen Noten lernt er die
Kultur und vor allem eine Gruppe Kinder einer Jugendstrafanstalt
kennen. Er erkennt ihr Talent, beginnt sie zu unterrichten und schon
bald steht einer Konzertreise nach Deutschland fast nichts mehr im
Wege. Regisseur Ansgar Ahlers schildert gekonnt die Entwicklung
Martens, der von Edgar Selge einfühlsam und überzeugend verkörpert
wird. Die Beziehung, die er zu den Kindern aufbaut, die keine
Perspektive zu haben scheinen, ist ebenso liebevoll erzählt, wie die
Begeisterung, die die Kinder für die Musik Bachs mit der Zeit
entwickeln. Der Clash der Kulturen (z.B. das "deutsche" Aufräumen in
einer brasilianischen Wohnung) sorgt ebenso für heitere Momente,
stimmt aber auch nachdenklich über die Verhältnisse, in denen die
Kinder aufwachsen. Ahlers gelingt hier einerseits eine
Charakterstudie Martens und andererseits eine Verbeugung vor Bachs
grandioser Musik. Ein Film fürs Herz und für die Seele, vor allem
aber ein Plädoyer für interkulturelles Denken und Überwinden von
Vorurteilen.
http://www.fbw-filmbewertung.com/film/bach_in_brazil
http://www.jugend-filmjury.com/film/bach_in_brazil
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