(ots) - Berlin, 16.03.2016 - "Ãœberall wo Menschen arbeiten,
passieren Fehler - auch in der Medizin. Wir gehen aber offen mit
unseren Fehlern um, wir lernen aus Ihnen und wir verhelfen
betroffenen Patienten zu ihrem Recht." Das sagte Dr. Andreas Crusius,
Vorsitzender der Ständigen Konferenz der Gutachter-kommissionen und
Schlichtungsstellen der Bundesärztekammer, bei der Vorstellung der
Behandlungsfehlerstatistik für das Jahr 2015 in Berlin. Crusius
forderte, Ärztinnen und Ärzte bei ihrem Engagement für eine offene
Fehlerkultur zu unterstützen. "Wir müssen wegkommen von
Pauschalvorwürfen. Und ein Arzt, dem ein Fehler unterläuft, ist kein
Pfuscher. Fehler können viele Ursachen haben. Pfusch dagegen
beinhaltet immer eine gewisse Gleichgültigkeit gegenüber den
Auswirkungen des eigenen Handelns." In diesem Zusammenhang wandte
sich Crusius gegen immer wieder kolportierte Hochrechnungen zu
Behandlungs-fehlern. "Das sind Schätzungen auf Grundlage
US-amerikanischer Uraltstudien, die keinerlei Bezug zu unserem
Gesundheitssystem haben. Die Daten der Ärztekammern dagegen sind
absolut valide, weil sie auf realen Fällen beruhen. Auch wenn sie
nicht das gesamte Behandlungsgeschehen abdecken, kann man mit ihnen
arbeiten und wirksam Fehlerprävention betreiben." Crusius betonte,
dass die Ursachen für Behandlungsfehler komplex sein können. Ein
Grund sei der stetig wachsende Behandlungsdruck in Kliniken und
Praxen. So hat sich die Zahl der ambulanten Behandlungsfälle zwischen
den Jahren 2004 und 2014 um 152 Millionen auf 688 Millionen Fälle
erhöht. Im stationären Sektor wurden 2014 mehr als 19 Millionen
Patienten behandelt. "Da nützt es wenig, dass die Politik eine
Qualitätsoffensive für das Gesundheitswesen ausgerufen hat. Qualität
hat ihren Preis und deshalb brauchen wir auch eine ausreichende
Finanzierung der Personalkosten." Wie Kerstin Kols, Geschäftsführerin
der Schlichtungsstelle für Arzthaftpflichtfragen der norddeutschen
Ärztekammern, berichtete, liegt die Zahl der festgestellten Fehler
gemessen an der Gesamtzahl der Behandlungsfälle im Promillebereich.
Die Zahl der Sachentscheidungen sowie die Zahl der festgestellten
Fehler sind im Vergleich zum Vorjahr leicht gesunken. So haben die
Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen im Jahr 2015 bundesweit
insgesamt 7.215 Entscheidungen zu mutmaßlichen Behandlungsfehlern
getroffen (Vorjahr 7.751). Es lag in 2.132 Fällen ein
Behandlungsfehler vor (Vorjahr 2.252). Davon wurde in 1.774 Fällen
ein Behandlungsfehler/Risikoaufklärungsmangel als Ursache für einen
Gesundheitsschaden ermittelt, der einen Anspruch des Patienten auf
Entschädigung begründete. Die häufigsten Diagnosen, die zu
Behandlungsfehlervorwürfen führten, waren Knie- und
Hüftgelenkarthrosen sowie Unterschenkel- und Sprunggelenkfrakturen.
In 358 Fällen lag ein Behandlungsfehler / Risikoaufklärungsmangel
vor, der jedoch keinen kausalen Gesundheitsschaden zur Folge hatte.
"Auch wenn selten etwas passiert, ist jeder Fehler einer zu viel",
betonte Priv. Doz. Dr. Peter Hinz, leitender Oberarzt an der Klinik
für Unfall-, Wiederherstellungschirurgie und Rehabilitative Medizin
der Universitätsmedizin Greifswald. Er erläuterte, wie das Thema
Patientensicherheit und Qualitätssicherung im ärztlichen Alltag
gelebt wird. Darüber hinaus verwies er auf die vielfältigen
Initiativen und Projekte der Ärzteschaft zur Förderung der
Patientensicherheit und Qualitätssicherung. Allein die Datenbank
ärztlicher Qualitätssicherungsinitiativen der Bundesärztekammer führt
rund 160 absolut freiwillige Initiativen auf. Für den ambulanten
Sektor führt der Qualitätsbericht der Kassenärztlichen
Bundesvereinigung rund 9.000 Qualitätszirkel mit mehr als 35.000
teilnehmenden Ärzten und psychologischen Psychotherapeuten auf. Als
vorbildliches Projekt zur Vermeidung von Behandlungsfehlern wurde
auch auf das vom Ärztlichen Zentrum für Qualität in der Medizin
betriebene Fehlerlernsystem "CIRSmedical" hingewiesen. Ãœber das
System können Ärzte Beinahefehler anonym melden, damit potentielle
Risiken abgestellt werden können. Dr. Walter Schaffartzik, Ärztlicher
Leiter des Unfallkrankenhauses Berlin und Ärztlicher Vorsitzender der
Schlichtungsstelle für Arzthaftpflichtfragen der norddeutschen
Ärztekammern, forderte betroffene Patienten auf, sich im Schadensfall
an die Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen der Ärztekammern
zu wenden. "An unseren Stellen sind hochqualifizierte Fachgutachter
tätig, die gemeinsam mit Juristen prüfen, ob ein
Behandlungsfehlervorwurf gerechtfertigt ist, oder nicht. Es genügt
ein formloser Antrag und das Gutachten sowie die abschließende
Bewertung ist für Patienten kostenfrei." In rund 90 Prozent der
Fälle werden die Entscheidungen der Gutachterkommissionen und
Schlichtungsstellen von beiden Parteien akzeptiert und die
Streitigkeiten beigelegt. Wird nach Begutachtung durch diese
Institutionen doch noch der Rechtsweg beschritten, werden die
Entscheidungen der Schlichtungsstellen und Gutachterkommissionen
überwiegend bestätigt. www.baek.de/Behandlungsfehlerstatistik 2015
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