(ots) - Experte: Glaube an Verschwörungen wieder stärker
in Mitte der Gesellschaft verwurzelt
Warnung vor Gewalt und Vertrauensverlust in die Politik
Osnabrück. Verschwörungstheorien finden auch in der Mitte der
Gesellschaft zunehmend Anklang. In einem Interview mit der "Neuen
Osnabrücker Zeitung" (Dienstag) sagte der
Verschwörungstheorie-Experte Michael Butter: "Verschwörungstheorien
und ihre Anhänger sind mittlerweile sichtbarer geworden - auch durch
das Internet. Leute, die einfach nur einen diffusen Verdacht haben,
können durch das Internet ganz schnell Erklärungen finden, die sie zu
richtigen Verschwörungstheoretikern machen."
Butter, Amerikanistik-Professor an der Uni Tübingen, beschäftigt
sich seit Jahren mit Verschwörungstheorien. Er warnt vor möglichen
Folgen. Zum einen riefen manche Verschwörungstheorien die Menschen zu
Gewalt auf, darüber hinaus seien sie vor allem dann problematisch,
wenn sie sich gegen sozial Schwache richteten. "Das Hauptproblem
besteht aber darin, dass Anhänger das Vertrauen in das politische
System verlieren", sagte der Experte. Dieser Vertrauensverlust sei
nach Auskunft des Experten unwiderruflich: "Nach all dem, was wir
bisher wissen, ist es so, dass Verschwörungstheoretiker eigentlich
unmöglich vom Gegenteil zu überzeugen sind", so Butter.
Im Zusammenhang mit der Flüchtlingskrise wird unter dem Stichwort
"Lügenpresse" vielfach der Vorwurf geäußert, die Medien würden der
Öffentlichkeit gezielt Informationen vorenthalten. Dennoch beobachtet
der Experte derzeit keinen Anstieg an Verschwörungstheorien. "Ich
glaube nicht, dass Verschwörungstheorien in letzter Zeit sehr
zugenommen haben. Historisch betrachtet gab es vor hundert Jahren
deutlich mehr", sagte Butter. Dennoch könne man nicht davon sprechen,
dass Verschwörungstheorien keine Anziehungskraft auf die Menschen
ausüben würden. "Umfragen zeigen, dass ein signifikanter Teil der
Bevölkerung in Europa und den USA - rund ein Drittel - an mindestens
eine Verschwörungstheorie glaubt", betonte Butter.
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