(ots) -
- Roland Berger-Studie: Trotz steigender Krankenhausausgaben und
Patientenzahlen ist die wirtschaftliche Lage der Krankenhäuser in
Baden-Württemberg bedrohlich
- Mehr als zwei Drittel der größten regionalen Krankenhausverbünde
sind defizitär: 2014 Rekorddefizit von 125 Mio. Euro
- Aufgrund der nur gering gestiegenen Vergütung der
Krankenkassen gehen die Krankenhäuser für 2015 und 2016 von einer
weiteren Verschlechterung der Situation aus
- Politik hat Handlungsbedarf erkannt - alle Parteien planen
Maßnahmen; bis diese wirken, sind Krankenhäuser allerdings weiter
auf sich selbst gestellt
- Projekterfahrung von Roland Berger zeigt, dass Krankenhäuser
durchaus in der Lage sind, nachhaltig wirtschaftlich zu arbeiten
Die wirtschaftliche Lage der Krankenhäuser in Baden-Württemberg
ist ernst. Mehr als die Hälfte schreibt rote Zahlen. Bei großen
Krankenhausverbünden sieht die Lage noch schlechter aus. Zu diesem
Schluss kommt die neue Studie von Roland Berger zur Entwicklung der
Krankenhauslandschaft in Baden-Württemberg. "Mehr als zwei Drittel
der größten regionalen Krankenhausverbünde in Baden-Württemberg sind
defizitär", sagt Peter Magunia, Leiter des Healthcare Bereichs von
Roland Berger. "In Summe steht ein Rekorddefizit von 125 Millionen
Euro zu Buche. Und 2016 wird aufgrund der nur gering gestiegenen
Vergütung der Krankenkassen noch herausfordernder."
Konsolidierung schreitet weiter voran
Obwohl die Krankenhausausgaben in Baden-Württemberg in den
vergangenen Jahren um rund vier Prozent pro Jahr gestiegen sind,
setzt sich der Negativtrend des Kliniksterbens weiter fort. Gab es
2010 noch 289 Kliniken, waren es 2014 nur noch 270, ein Rückgang um
sieben Prozent. Auch die Zahl der stationären Betten verringerte sich
im gleichen Zeitraum um rund 1.500 (-2,5%). Da die Krankenhäuser
trotz steigender Patientenzahlen im Schnitt nur zu 77 Prozent
ausgelastet sind, ist auch in den kommenden Jahren von einem weiteren
Rückgang der stationären Betten auszugehen. "Um schwarze Zahlen zu
schreiben ist eine Auslastung von mindestens 80 Prozent
erforderlich", sagt Roland Berger-Experte Magunia.
Die meisten defizitären Krankenhausverbünde befinden sich in
öffentlicher Trägerschaft, was unmittelbar die Haushalte von Kommunen
und Ländern belastet. Defizit-Spitzenreiter in Baden-Württemberg
waren 2014 das Universitätsklinikum Mannheim (-35 Mio. EUR), die
Rems-Murr Kliniken (-28 Mio. EUR) sowie das Klinikum Stuttgart (-25
Mio. EUR).
Kreditverbindlichkeiten auf Rekordniveau
Die wirtschaftlich schwierige Situation wirkt sich auch auf die
Investitionsfähigkeit aus. In den vergangenen Jahren mussten viele
Krankenhäuser Kredite aufnehmen, sowohl um Verluste aus dem
operativen Geschäft zu kompensieren als auch um Investitionen zu
stemmen, die nicht vom Land übernommen wurden. Trotz gestiegener
Fördermittel sind dadurch die Verbindlichkeiten der 30 größten
Krankenhausverbünde zuletzt um fünf Prozent auf einen neuen
Rekordstand von drei Milliarden Euro gestiegen. "Um die an vielen
Standorten geplanten Um- oder Neubauten zu finanzieren, werden die
Krankenhäuser auch in den kommenden Jahren immer mehr auf
umfangreiche Kredite von Banken angewiesen sein", prognostiziert
Magunia. "Die daraus entstehenden Zins- und Tilgungslasten werden sie
zusätzlich belasten."
Negativer Ausblick schafft Handlungsdruck
Die wirtschaftliche Situation der Krankenhäuser in
Baden-Württemberg wird zusätzlich auch durch die Entwicklung der
Krankenkassenleistungen verschärft. Bis 2014 lag die
durchschnittliche Vergütung pro stationärem Patient in
Baden-Württemberg noch deutlich über der in anderen Bundesländern.
2015 und auch 2016 ist der sogenannte Landesbasisfallwert allerdings
jeweils nur um rund ein Prozent gestiegen. Damit liegt er jetzt unter
dem Niveau der meisten anderen Bundesländer. "Dass diese vom
Gesetzgeber gewünschte Preisanpassung kommt, war bekannt", sagt
Roland Berger-Experte Magunia. "Doch das Tempo der Anpassung hat
viele Krankenhäuser in Baden-Württemberg überrascht."
Für 2016 gehen mehr als 60 Prozent der Krankenhäuser in
Baden-Württemberg von einer weiteren Verschlechterung ihrer
wirtschaftlichen Situation aus. "Die Lage bleibt also
besorgniserregend", fasst Magunia zusammen. "Krankenhäuser und
Politik in Baden-Württemberg müssen jetzt handeln!" Die politischen
Parteien haben in ihren Programmen zur Landtagswahl bereits
Gegenmaßnahmen thematisiert, etwa ein verbessertes
Finanzierungssystem oder Anpassungen der Krankenhausplanung.
"Bis die politischen Maßnahmen wirken, müssen die Krankenhäuser
allerdings selbst aktiv werden, "sagt Berater Magunia. So empfehlen
die Roland Berger-Experten unter anderem, Prozesse der
Krankenhausorganisation weiter zu optimieren und die medizinischen
Leistungsportfolios besser an die demografische Entwicklung und den
medizinischen Fortschritt anzupassen. Zudem sei es wichtig, generell
eine hohe Unternehmensflexibilität zu schaffen, um schnell und
gezielt auf Veränderungen der Rahmenbedingungen reagieren zu können.
Magunia macht den Verantwortlichen Mut: "Unsere Erfahrung aus
zahlreichen Projekten zeigt, dass Krankenhäuser jedweder Trägerschaft
bei enger Zusammenarbeit aller Beteiligten durchaus in der Lage sind,
nachhaltig wirtschaftlich zu arbeiten."
Die Studie können Sie kostenlos herunterladen unter:
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