(ots) - Pharmaunternehmen investieren massiv in
neue digitale Technologien
- Viele Digitalprojekte laufen unkoordiniert, oft fehlt eine klare
Definition zukunftsrelevanter Themen
- Top-Management muss als digitaler Wegbereiter agieren
Nach einem Jahrzehnt des Abwartens beginnt nun auch für die
globale Pharmaindustrie das digitale Zeitalter. Die Investitionen der
Branchengiganten in die Digitalisierung steigen rasant.
Venture-Capital-Fonds und Hightechkonzerne heizen den Wettlauf im
milliardenschweren Pharmamarkt weiter an. Noch aber fehlt es an
klaren Strategien. Für die Pharmaunternehmen ist es an der Zeit, sich
ernsthaft mit der digitalen Revolution auseinanderzusetzen. Das ist
das Ergebnis der aktuellen Studie "Getting the dose right: A digital
prescription for the pharma industry" der internationalen
Managementberatung Bain & Company.
Immer mehr Pharmakonzerne gehen in die Offensive und reagieren
damit auf die hohe digitale Affinität ihrer Kunden. So werden in den
nächsten zwei Jahren bereits 93 Prozent aller Ärzte in den USA
elektronische Patientenakten nutzen, 97 Prozent werden Zugang zu
elektronischen Behandlungsprotokollen haben. Daher kooperieren immer
mehr Pharmaunternehmen mit Firmen, die Daten aggregieren und
analysieren, mit digitalen Start-ups sowie mit Versicherungen und
anderen Dienstleistern in der Gesundheitsindustrie. "Pharmakonzerne,
die es schaffen, ihre Digitalstrategien mit den neuen Partnern
effizient zu koordinieren, können die Zukunft der Branche
mitgestalten", betont Michael Kunst, Partner bei Bain & Company,
Leiter der Praxisgruppe Healthcare in Europa, dem Mittleren Osten und
Afrika (EMEA) und Co-Autor der Studie. "Dafür müssen die Unternehmen
aber ihre internen und externen Daten sowie ihre Analyseinstrumente
besser aufeinander abstimmen."
Digitaloffensive zersplittert in Einzelprojekte
Meist verlaufen sich die Digitalisierungsversuche in einer
Vielzahl von Einzelmaßnahmen. Ein weltweit tätiger Pharmakonzern
startete beispielsweise mehr als 200 Digitalprojekte und hostete
2.000 Websites - eine Abstimmung oder Koordination der Initiativen
fand indes nicht statt.
Die Unternehmen müssen ihre Digitalstrategie in klar definierte
Themengebiete unterteilen. Deren Anzahl beläuft sich je nach
Komplexität auf 20 bis 40. Diese Cluster können Bereiche wie
Real-World-Daten, Genomics oder eine digitalbasierte
Omnikanal-Strategie abbilden. In ihrer Gesamtheit ergeben sie eine
Karte der digitalen Möglichkeiten. So lässt sich herausarbeiten,
welche Einzelinvestments die größten Wettbewerbsvorteile versprechen.
"Ziel ist, diejenigen Bereiche zu identifizieren, die dem Unternehmen
die höchste Rendite bei niedrigsten Kosten und Risiken liefern",
erläutert Bain-Experte Kunst. "Und zu vermeiden, dass sich das
Management im digitalen Dschungel verirrt."
Kombination aus Real-World-Daten und digitaler Kundenreise
Für die Pharmaindustrie sind nach Ansicht von Bain zwei Themen
besonders wichtig: die Analyse großer Mengen von Real-World-Daten und
eine positive digitale Kundenerfahrung. Unternehmen, denen es
gelingt, Real-World-Daten entlang der Wertschöpfungskette
einzusetzen, werden mit hohen Renditen belohnt. Jeder der
Top-10-Pharmakonzerne kann auf diese Weise jährlich Wert von bis zu
einer Milliarde US-Dollar generieren, stellt der
US-Informationsdienstleister IMS Health fest. Wesentliche
Voraussetzung dafür ist die Kooperation mit Datenspezialisten, was
sich angesichts der bestehenden IT-Plattformen in der Pharmabranche
allerdings als eine anspruchsvolle Aufgabe erweist. Die IT muss in
die Lage versetzt werden, interne und externe Daten aus
unterschiedlichen Quellen zusammenzuführen. Danach gilt es diese
Daten den verschiedenen Funktionen für die Analyse zugänglich zu
machen - von der klinischen Forschung bis hin zu Marketing und
Vertrieb.
Zweite zentrale Thematik ist die positive digitale
Kundenerfahrung. Schon heute informieren sich Ärzte über Produkte
weitaus häufiger im Internet als bei Pharmareferenten.
Omnikanal-Strategien und personalisiertes Marketing helfen,
individuelles Kundenverhalten besser zu verstehen. So können den
Kunden die richtigen Angebote auf dem bevorzugten Kanal unterbreitet
werden, etwa durch den Aufbau einer Online-Community für bestimmte
Patientengruppen.
Erfolgreiche Strategien für digitale Vorreiter
Die größte Herausforderung der Pharmabranche besteht darin, die
richtige Balance zu finden zwischen den Kernkompetenzen des
Unternehmens und den digitalen Möglichkeiten. Bain hat dafür sechs
Vorgehensweisen ermittelt:
1. Als digitaler Wegbereiter agieren: Eine erfolgreiche
Digitalstrategie steht und fällt mit dem Top-Management. Denn sie
erfordert eine funktionsübergreifende Priorisierung und Integration
über alle Geschäftsbereiche hinweg sowie ein echtes Change
Management. Diese Transformation muss die Unternehmensführung
nachhaltig unterstützen.
2. Digitale Kompetenzen erarbeiten: Die Fähigkeit, große
Datenmengen zu sammeln, zu strukturieren und zu analysieren, ist der
Schlüssel zur erfolgreichen Umsetzung der Digitalstrategie.
Technologielösungen müssen so gestaltet werden, dass relevante Daten
allen Geschäftsbereichen zur Verfügung stehen.
3. Referenzprojekte starten: Die Unternehmensführung identifiziert
und pilotiert Projekte mit höchster Priorität und nutzt sie als
Blaupause für den weiteren Rollout in der Organisation.
4. Inkubator für Digitalprojekte gründen: Das Top-Management
schafft eine eigene Einheit zur maßgeblichen Entwicklung und
Finanzierung der definierten Maßnahmen.
5. Langfristiges unternehmerisches Denken fördern: Nur mit einem
Test-and-Learn-Ansatz, der in der Firmenkultur verankert sein muss,
lässt sich die Wirkung der digitalen Technologien verstehen. Mit
Referenzprojekten ist so umzugehen wie dies
Venture-Capital-Investoren mit ihren Beteiligungen tun: Viele
scheitern, einige schaffen es und aus allen Erfahrungen lernt das
Unternehmen.
6. Mit digitalen Ideen die Konzernstrategie stärken: Jedes
Pharmaunternehmen muss seine eigene digitale Strategie entwickeln -
und das im Einklang mit der Gesamtkonzernstrategie.
Pharmakonzerne, die sich der neuen digitalen Möglichkeiten
bedienen wollen, müssen sich folgende Fragen stellen: Existiert
bereits ein einheitliches Verständnis, was "digital" für das
Unternehmen bedeutet? Sind diejenigen digitalen Themenfelder
identifiziert, die den größten Einfluss auf den Konzern haben werden?
Welche Referenzprojekte ergeben sich aus diesen Themenfeldern, welche
eignen sich für das eigene Unternehmen und wie werden sie finanziert?
Welche externen Technologiepartner passen zum Konzern und wie lassen
sich eigene Talente fördern? Wie sieht das digitale Geschäftsmodell
aus? Für Bain-Partner Kunst steht fest: "Pharmaunternehmen, die heute
klare Prioritäten setzen, werden den digitalen Nebel durchdringen und
sich Wettbewerbsvorteile in einem dramatisch veränderten
wirtschaftlichen Umfeld verschaffen."
Bain & Company
Bain & Company ist eine der weltweit führenden
Managementberatungen. Wir unterstützen Unternehmen bei wichtigen
Entscheidungen zu Strategie, Operations, Technologie, Organisation,
Private Equity und M&A - und das industrie- wie länderübergreifend.
Gemeinsam mit seinen Kunden arbeitet Bain darauf hin, klare
Wettbewerbsvorteile zu erzielen und damit den Unternehmenswert
nachhaltig zu steigern. Im Zentrum der ergebnisorientierten Beratung
stehen das Kerngeschäft des Kunden und Strategien, aus einem starken
Kern heraus neue Wachstumsfelder zu erschließen. Seit unserer
Gründung im Jahr 1973 lassen wir uns an den Ergebnissen unserer
Beratungsarbeit messen. Bain unterhält 53 Büros in 34 Ländern und
beschäftigt weltweit 6.000 Mitarbeiter, 700 davon im
deutschsprachigen Raum. Weiteres zu Bain unter: www.bain.de.
Pressekontakt:
Leila Kunstmann-Seik, Bain & Company Germany, Inc., Karlspatz 1,
80335 München
E-Mail: leila.kunstmann-seik(at)bain.com, Tel.: +49 (0)89 5123 1246,
Mobil: +49 (0)151 5801 1246