(ots) - Eine neue Umfrage zeigt, wie benachteiligte Kinder
und Jugendliche auf ihrem Bildungsweg unterstützt werden können.
Mehr als die Hälfte der Flüchtlinge sind unter 25 Jahre alt und
könnten somit in das deutsche Bildungssystem kommen und dadurch
frühzeitig in die Gesellschaft integriert werden. Hierfür müssten
jedoch bestehende Schwachstellen im Bildungssystem beseitigt werden,
was nicht unbedingt nur mehr Geld erfordert. So bräuchte es
beispielsweise einer Änderung bestimmter eingefahrener Regelungen und
einer stärkeren Zusammenarbeit mit freiwilligen Helfern. Dies ergab
eine qualitative Befragung der Vodafone Stiftung unter gemeinnützigen
Organisationen, die bereits seit Jahren benachteiligten Kindern und
Jugendlichen auf ihrem Bildungsweg helfen. Hierzu zählen unter
anderem die Initiative Teach First, die hochqualifizierte
Berufseinsteiger für zwei Jahre an Schulen in sozialen Brennpunkten
vermittelt, um die Lehrer zu unterstützen, sowie das Netzwerk
ArbeiterKind.de, das Kinder aus Arbeiterfamilien zum Studium ermutigt
und begleitet.
In den Schulen herrscht ohnehin schon ein zunehmender,
altersbedingter Lehrkräftemangel, der nun durch die hohe Zahl von
Flüchtlingskindern noch weiter verschärft wird. "Wir brauchen also
dringend mehr Lehrer", so der Geschäftsführer von Teach First, Ulf
Matysiak, "aber um Lehrer zu werden, gibt es bisher nur einen Weg,
der rund sieben Jahre dauert: Lehramtsstudium für zwei Fächer mit
Referendariat". Zwar gibt es vereinzelt bereits Möglichkeiten für
Seiteneinsteiger, aber diese reichten nicht aus, um das Problem zu
lösen. Sein Vorschlag: den Zugang zum Lehrerberuf auch für andere
Hochschulabsolventen öffnen, die erst einmal nur ein Fach
unterrichten und ein berufsbegleitendes Aufbaustudium absolvieren.
Auch die jungen Flüchtlinge, die nicht mehr im Schulalter sind,
stoßen auf dieselben Hürden, die gleichaltrigen Deutschen schon lange
im Wege stehen, so Katja Urbatsch, die Gründerin der Initiative
ArbeiterKind.de, bei der inzwischen auch viele Flüchtlinge Rat
suchen: "Wer kein Abitur hat, kann es zwar theoretisch auch auf eine
Hochschule schaffen, aber die Wege dorthin sind sehr kompliziert und
je nach Bundesland verschieden. Gleiches gilt auch für die
Studienfinanzierung." All dies sollte vereinfacht und möglichst
einheitlich geregelt werden, so Urbatsch weiter. "Damit wäre
Flüchtlingskindern ebenso wie Arbeiterkindern gleichermaßen
geholfen."
Doch das Bildungssystem braucht nicht nur solche Erleichterungen
im Inneren, sondern auch mehr freiwillige Helfer von außen. Lehrer
und Erzieher bleiben natürlich die eigentlichen Bildungsexper-ten,
aber gerade weil ihre Aufgaben nun ungeahnt größer und schwieriger
werden, brauchen sie zusätzliche Unterstützung. Erfreulicherweise
gibt es ja eine große Zahl von Menschen in Deutsch-land, die sich für
Flüchtlinge engagieren wollen. Damit diese den Flüchtlingen nun auch
bei der langfristigen Integration in den Bildungseinrichtungen, wie
Kitas, Schulen und Hochschulen, effektiv helfen können, sollten
mindestens fünf Faktoren berücksichtigt werden.
Erstens, in jeder Kommune sollte es einen zentralen
Ansprechpartner geben, der die freiwilligen Helfer an die
Bildungseinrichtungen vermittelt - diese Aufgabe könnte der neue
Bildungskoordinator für Flüchtlinge übernehmen, den jeder Landkreis
und jede kreisfreie Stadt künftig mithilfe des
Bundesbildungsministeriums einstellen kann. Zweitens, Freiwillige und
Hauptamtliche in den Bildungseinrichtungen sollten die Rolle des
jeweils anderen respektieren sowie offen und vertrauensvoll
zusammenarbeiten. Drittens, die Bildungseinrichtungen sollten die
Freiwilligen gut auf ihren Einsatz vorbereiten und kontinuierlich
betreuen, was von der Politik beispielsweise dadurch unterstützt
werden könnte, dass sie vor Ort zentrale Fortbildungskurse für alle
Helfer anbietet, die nicht von jeder Bildungseinrichtung einzeln
durchgeführt werden können - etwa zu interkulturellen Aspekten, zum
Umgang mit Traumatisierung, zur Vermittlung gesellschaftlicher Werte
und dem Lernen von Deutsch als Fremd- oder Zweitsprache. Viertens,
jede Bildungseinrichtung muss ihr Schutzkonzept vor Gewalt und
Missbrauch, das sie ohnehin haben sollte, nahtlos auf den Einsatz von
freiwilligen Helfern übertragen, die zudem vor Beginn ihres Einsatzes
ein aktuelles erweitertes polizeiliches Führungszeugnis vorlegen
müssen. Und schließlich, sollten alle Freiwilligen die Anerkennung
erhalten, die sie verdienen - vom kleinen, ehrlichen Danke im Alltag
bis hin zur großen Dankesfeier, bei der der Bürgermeister oder auch
der Ministerpräsident alle Helfer für ihren Einsatz auszeichnet. Dies
verursacht fast keine Kosten, setzt aber ein weithin sichtbares
Zeichen für den gesellschaftlichen Wert des Flüchtlingsengagements
insgesamt.
Alle Erkenntnisse aus der Umfrage finden sich im Internet unter
www.vodafone-stiftung.de.
Ãœber die befragten Organisationen
Die befragten gemeinnützigen Bildungsorganisationen engagieren
sich bereits seit Jahren an Kitas, Schulen und Hochschulen in ganz
Deutschland - mit insgesamt rund 10.000 Freiwilligen helfen sie dabei
über 50.000 Kindern und Jugendlichen aus benachteiligten
Verhältnissen:
Rock Your Life qualifiziert Studierende als Mentoren, die
ehrenamtlich Schüler aus benachteiligten Verhältnissen unterstützen.
Im Rahmen einer strukturierten, zweijährigen Mentoring-Beziehung
begleiten sie die Schüler auf ihrem Weg in den Beruf oder auf die
weiterführende Schule und helfen ihnen dabei, ihr individuelles
Potenzial zu entfalten sowie ihre Perspektiven zu erweitern. ROCK
YOUR LIFE! wurde 2008 gegründet und ist mittlerweile an mehr als 45
Standorten in Deutschland und der Schweiz mit rund 3.000 Mentoren
aktiv. www.rockyourlife.de
Das Bürgernetzwerk Bildung Berlin wurde im Jahr 2005 gegründet.
Mittlerweile sind mehr als 2.000 ehrenamtliche Helfer in Schulen und
Kindertagesstätten in der ganzen Stadt - vornehmlich in sozialen
Brennpunkten - tätig. Sie sind hierbei als Lese- und Lernpaten aktiv,
d.h. sie sind meist parallel zum regulären Unterricht in den Schulen
und zum morgendlichen Geschehen in den Kitas tätig und unterstützen
Kinder und Jugendliche einzeln oder in kleinen Gruppen im
Lese-/Lernprozess und im Spracherwerb. Es wird vorgelesen, gemeinsam
gelesen oder die Kinder und Jugendlichen lesen vor. Die
Lese-/Lernpaten korrigieren bei Bedarf und es erfolgt der Austausch
über die gelesenen Texte zum Textverständnis. All dies geschieht in
enger Abstimmung mit den Lehrkräften.
www.vbki.de/der-verein/buergernetzwerk-bildung
Tausche Bildung für Wohnen wurde 2011 in Duisburg-Marxloh
gegründet und stellt kostenlosen Wohnraum für Studierende sowie
andere junge Bildungspaten zur Verfügung, die sich im Gegenzug
intensiv um benachteiligte Kinder des Stadtteils kümmern. Jeder Pate
betreut bis zu zwölf "eigene" Patenkinder von sechs bis zwölf Jahren
und hilft ihnen bei den Hausaufgaben, gibt Nachhilfe und gestaltet
mit ihnen ihre Freizeit. Dabei arbeiten sie eng mit den Schulen sowie
mit sozialen und religiösen Organisationen im Stadtteil zusammen.
www.tbfw-marxloh.org
Teach First Deutschland vermittelt engagierte
Hochschulabsolventinnen und -absolventen aller Studienrichtungen und
jeden Alters, mit überdurchschnittlichem Abschluss, als sogenannte
Fellows an Schulen in sozialen Brennpunkten. Dort arbeiten sie zwei
Jahre in vergütetem Vollzeiteinsatz, um die Schülerinnen und Schüler
bei der schulischen und persönlichen Entwicklung zu begleiten und zu
unterstützen. Sie sollen dazu befähigt werden, ihre Potenziale zu
nutzen, um geleitet von ihren Stärken und Interessen Verantwortung in
der Gesellschaft zu übernehmen. Teach First Deutschland ist Teil
eines weltweiten Netzwerks und seit 2009 in Schulen in Deutschland im
Einsatz - mit derzeit über 130 Fellows. www.teachfirst.de
ArbeiterKind.de wurde 2008 gegründet und ist ein Netzwerk aus
inzwischen rund 6.000 ehrenamtlichen Mentoren in über 70 lokalen
Gruppen bundesweit. Sie ermutigen Schüler aus nicht-akademischen
Familien zum Hochschulstudium und geben praktische Hilfestellung zum
Studienall-tag sowie beim Berufseinstieg. Hierfür geben sie
beispielsweise regelmäßige Sprechstunden und
Informationsveranstaltungen an Schulen, sie sind auf Bildungsmessen
und Hochschulveranstaltun-gen präsent, sie kooperieren mit den
bestehenden Service- und Beratungseinrichtungen für Schüler und
Studierende und begleiten sie durch persönliches Mentoring.
www.arbeiterkind.de
Ãœber die Vodafone Stiftung Deutschland
Die Vodafone Stiftung ist eine der großen unternehmensverbundenen
Stiftungen in Deutschland und Mitglied einer weltweiten
Stiftungsfamilie. Unter dem Leitmotiv "Menschen und Ideen fördern"
unterstützt die Stiftung als gesellschaftspolitischer Thinktank
insbesondere Programme in den Bereichen Bildung, Integration und
soziale Mobilität mit dem Ziel, Impulse für den gesellschaftlichen
Fortschritt zu geben, die Entwicklungen einer aktiven
Bürgergesellschaft zu fördern und gesellschaftliche Verantwortung zu
übernehmen. Dabei geht es der Vodafone Stiftung Deutschland vor allem
darum, benachteiligten Kindern und Jugendlichen den sozialen Aufstieg
zu ermöglichen. www.vodafone-stiftung.de
Pressekontakt:
Danyal Alaybeyoglu
Leiter Kommunikation
Vodafone Stiftung Deutschland gGmbH
Büro Berlin
Behrenstraße 18 | 10117 Berlin
Telefon: +49 30 20 61 76-13
Mobil: +49 172 240 3359
danyal.alaybeyoglu(at)vodafone.com
www.vodafone-stiftung.de
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Geschäftsführung:
Thomas Holtmanns, Dr. Mark Speich
Vorsitzende des Beirats:
Ingrid M. Haas
Sitz der Gesellschaft: Düsseldorf
Amtsgericht Düsseldorf, HRB 42767