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Wer von Problemvierteln spricht, hat schon den ersten Schritt in
die falsche Richtung getan, sagt Christine Bleks. Die Gründerin des
Vereins "Tausche Bildung für Wohnen" setzt sich für den Duisburger
Stadtteil Marxloh ein. Aktuell berät sie zudem als Fachbeirätin die
Jury des Wettbewerbs "Ausgezeichnete Orte im Land der Ideen". Dieses
Jahr werden Projekte ausgezeichnet, die den Mehrwert
gemeinschaftlichen Handelns aufzeigen. Warum Politiker auf ihre
Wortwahl achten sollten und wieso Bürgerbeteiligung mehr ist, als
dreisprachige Flyer zu drucken, erklärt die Expertin in fünf Thesen:
1. Migranten besser in die Flüchtlingshilfe einbinden
"Wenn es darum geht, die aktuellen Neuankömmlinge in das
Stadtleben zu integrieren, sollten Menschen mit
Migrationshintergrund, die schon seit mehreren Jahren hier leben,
viel stärker eingebunden werden. Sie sprechen häufig die Sprache der
Geflüchteten und können darüber hinaus besser nachvollziehen, wie
sich das Ankommen in Deutschland anfühlt. Dass sie bei der Meisterung
der aktuellen Herausforderungen eine so zentrale Rolle spielen,
signalisiert den ehemaligen Migranten zudem gesellschaftliche
Anerkennung und Wertschätzung."
2. Negative Begriffe vermeiden
"Wie ein Stadtteil von seinen Bewohnern wahrgenommen wird, fängt
bei der Sprache an: Viele unterschätzen, was Worte wie
Problemviertel, No-go-Area oder sozialer Brennpunkt bei den Menschen
bewirken, die in diesen Bezirken wohnen. Denn wenn mein Zuhause
ständig als Problem bezeichnet wird, dann fehlt mir auch jede
Motivation, mich dafür einzusetzen. Wer Bürger zu mehr Engagement
ermutigen will, sollte solche Begriffe vermeiden. Ähnlich verhält es
sich mit dem Wort Parallelgesellschaft, das häufig in der
Integrationsdebatte fällt. Was heißt das eigentlich? Provokant
gefragt: Ist es auch schon eine Parallelgesellschaft, wenn Menschen
sich in den gleichen Farben kleiden, nur noch über ein Thema sprechen
und sich regelmäßig in Fußballstadien versammeln?"
3. Mitmachen einfacher gestalten
"Es reicht nicht aus, Flyer in drei Sprachen zu drucken und die
Menschen zu irgendwelchen Versammlungen einzuladen. Wenn ein Angebot
zur Bürgerbeteiligung nicht angenommen wird, sollte man sich fragen,
ob man die Leute richtig angesprochen hat - und nicht gleich davon
ausgehen, dass es sie nicht interessiert. Das fängt bei der
Terminwahl an. Eine Mutter mit fünf Kindern kann abends nicht einfach
für zwei Stunden im Gemeindeamt vorbeikommen. Bürgerbeteiligung
sollte nicht mit festen Terminen, sondern mit offenen Fragen
beginnen: Wie wollt ihr euch einbringen - und wann? Zudem ist es
nicht für jede Kultur selbstverständlich, dass Probleme offen
diskutiert werden - dafür muss zuerst ein Verständnis geschaffen
werden."
4. Die Stadt mit vielen Augen sehen
"Zukunftsfähig sind für mich Städte, in denen Entwicklung nicht
eine, sondern alle Abteilungen vorantreiben: von Kultur bis
Verwaltung - und am besten mit Unterstützung eines großen Netzwerks.
Unter den Bewerbern des Wettbewerbs "Ausgezeichnete Orte im Land der
Ideen", sind viele Gemeinden und Städte, die mit regionalen Partnern
tolle Projekte umgesetzt haben. Die Preisträger werden am 31. Mai
2016 bekannt gegeben. Auch Einwohner sollten stärker in die
Stadtplanung eingebunden werden. Denn oft kennt der Besitzer des
Kiosks an der Ecke die Probleme im Kiez besser als der externe
Berater, der engagiert wurde, um Prozesse zu optimieren. Diese beiden
muss man ins Gespräch bringen. Die Herausforderung dabei ist, dass
jeder dieser Spezialisten eine andere Sprache spricht. Hier braucht
es Moderatoren, die dafür sorgen, dass sich alle richtig verstehen."
5. Bessere Infrastruktur schaffen
"Beim Thema Integration ist auch die städtische 'Hardware' nicht
zu unterschätzen: In vielen deutschen Großstädten fehlt es etwa an
Wohnungen, die an die Bedürfnisse von Migranten angepasst sind -
sprich genügend Platz für Großfamilien bieten. Außerdem braucht es
Gemeinschaftsräume, in denen sich Menschen angstfrei begegnen können.
Ein großes Potenzial für Städte bieten zudem digitale
Nachbarschaftsnetzwerke, wie sie die Initiative "Deutschland - Land
der Ideen" und die Deutsche Bank mit dem Wettbewerb suchen. Doch
damit Menschen sich über solche Plattformen unkompliziert begegnen
und helfen können, ist eine gute Internetverbindung Voraussetzung.
Und die ist in vielen Stadtteilen noch nicht gegeben."
Ãœber Deutschlands Innovationswettbewerb "Ausgezeichnete Orte im
Land der Ideen"
"NachbarschafftInnovation - Gemeinschaft als Erfolgsmodell": Unter
diesem Motto steht der Wettbewerb 2016. Die Initiative "Deutschland -
Land der Ideen" und die Deutsche Bank würdigen bundesweit die 100
besten Projekte, die den Mehrwert und das Potenzial
gemeinschaftlichen Handelns für die Gesellschaft aufzeigen, ob in
Unternehmenskooperationen, wissenschaftlichen Netzwerken oder
Nachbarschaftsinitiativen. Die Sieger werden am 31. Mai
bekanntgegeben.
Mehr erfahren unter www.ausgezeichnete-orte.de.
Bildnachweis: Sebastian Lehmann
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www.ausgezeichnete-orte.de
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