(ots) - Montgomery: Wir brauchen mehr Ärzte für
Hochbetagte
Ärztepräsident fordert weitere Anstrengungen bei
Medizinerausbildung - Pflegebeauftragter Laumann verlangt
Unterstützungsangebote für betroffene Familien - "Woche für das
Leben" der Kirchen startet
Osnabrück. Angesichts der rasant wachsenden Zahl hochbetagter
Menschen in Deutschland fordert Ärztepräsident Frank Ulrich
Montgomery weitere Anstrengungen bei der Ausbildung angehender Ärzte
an den Universitäten. In einem Gespräch mit der "Neuen Osnabrücker
Zeitung" (Samstag) sagte der Präsident der Bundesärztekammer: "Obwohl
wir in Zukunft mehr Ärzte brauchen, die auf die individuellen
Bedürfnisse Hochbetagter spezialisiert sind, fristet die
Altersmedizin an unseren Universitäten oftmals ein Nischendasein."
Menschen über 85 litten in der Regel gleich an mehreren Krankheiten,
erklärte Montgomery. Zugleich seien bei ihnen "ein besonderes
Einfühlungsvermögen und eine noch intensivere Betreuung notwendig".
Vor dem Hintergrund des demografischen Wandels und des wachsenden
Ärztemangels sei es "dringend notwendig, mehr Lehrstühle für
Geriatrie zu schaffen", forderte der Ärztepräsident.
Seitens der Ärzteschaft sei man bereits aktiv geworden, sagte
Montgomery: "Im Jahr 2003 wurde die Zusatz-Weiterbildung 'Geriatrie'
etabliert, und im Jahr 2012 die berufsbegleitende Qualifikation
'Geriatrische Grundversorgung' entwickelt." In dieser
Weiterbildungskompetenz hätten sich bereits 1423 Ärzte qualifiziert,
so der Ärztepräsident.
Den speziellen Bedürfnissen sehr alter Menschen widmet sich auch
die diesjährige Aktion "Woche für das Leben" der evangelischen und
der katholischen Kirche, die an diesem Samstag in Mainz offiziell
eröffnet wird. Bis zum 16. April finden in verschiedenen Städten
Veranstaltungen statt, die den Blick speziell auf die Situation
hochbetagter Menschen richten.
Auch die Regierung in Berlin beschäftigt sich mit Hochbetagten. So
fordert der Pflegebeauftragte der Bundesregierung, Karl-Josef Laumann
(CDU), mehr Unterstützungsangebote für betroffene Familien. Im
Gespräch mit der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (Samstag) sagte Laumann:
"Aufgrund des allgemeinen Anstiegs der Zahl der Menschen, die 90
Jahre oder älter sind, wird es natürlich auch immer mehr
pflegebedürftige Hochbetagte geben. Heute wird ein Großteil der
Pflege von den Ehepartnern, den Lebensgefährten und vor allem den
Kindern übernommen. Doch was ist, wenn die Kinder selbst bereits
nicht mehr so belastbar sind? Hier brauchen wir
Unterstützungsangebote für die ganze Familie."
Das Problem der immer älter werdenden Gesellschaft ist ein
globales. Vor diesem Hintergrund beklagt die Osnabrücker
Hilfsorganisation HelpAge ein gewaltiges Datenproblem. In einem
Gespräch mit der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (Samstag) sagte
HelpAge-Geschäftsführer Michael Bünte: "Es gibt national wie
international kaum Statistiken zur Situation alter oder hochbetagter
Menschen. Die aber brauchen wir dringend, um den Herausforderungen
der schnell alternden Weltbevölkerung gewachsen zu sein." Viele
Statistiken, etwa zu bestimmten Erkrankungen, blickten nur auf
Unter-50-Jährige. "Wir wissen daher in vielen Bereichen wenig oder
gar nichts über die alten Menschen, was es schwer macht, ihre
Probleme zu erkennen und an Lösungen zu arbeiten." Das Problem spitze
sich zu: Bis zum Jahr 2050 werde sich die Zahl alter Menschen auf der
Welt von jetzt rund 900 Millionen auf dann rund 2,1 Milliarden mehr
als verdoppeln, warnte Bünte. Aktuell leben in Deutschland etwa 4,5
Millionen Menschen, die älter sind als 80 Jahre. Experten schätzen,
dass sich die Zahl bis 2050 auf mehr als das Doppelte, etwa 10
Millionen Menschen, erhöhen wird.
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