(ots) -
Die Berichterstattung des WDR zum voraussichtlichen Versorgungsniveau
aus der gesetzlichen Rente hat viele Reaktionen ausgelöst. Neben
großer positiver Resonanz wurde vereinzelt in der Presse auch die
Methode der WDR-Berechnungen in Frage gestellt. Grundsätzlich gilt -
und das wurde in der Berichterstattung auch stets deutlich gemacht -
der WDR hat mit seiner Recherche ein Risiko abgeschätzt. Dies bietet
in der derzeitigen politischen Diskussion einen wertvollen
Anhaltspunkt.
Ansatz der Recherche
Wer läuft Gefahr, ab dem Jahr 2030 eine Rente aus der gesetzlichen
Rentenversicherung zu bekommen, die maximal Hartz IV-Niveau erreicht?
Das war die Ausgangsfrage.
Grundlage für die Berechnung des WDR ist die Verdienstsumme, die ein
Erwerbstätiger in Deutschland nach heutigem Stand monatlich 40 Jahre
lang ununterbrochen erhalten muss, um ab dem Jahr 2030 eine
Rentenhöhe zu erreichen, die dem Niveau der gesetzlichen
Grundsicherung entspricht. Diese Summe liegt bei 2097 Euro. Das hat
die Recherche in einem ersten Schritt ergeben. In einem zweiten
Schritt wurde folgender Frage nachgegangen: Wie viele von den heute
Beschäftigten riskieren, eine gesetzliche Rente zu bekommen, die nur
der Höhe der Grundsicherung entspricht oder sogar darunter liegt.
Wissenschaftliche Beratung
Bei dieser Berechnung war wissenschaftliche Begleitung zentral. Zwei
Ökonomen unterschiedlicher Denkrichtung haben die WDR-Betrachtung
überprüft: Werner Eichhorst, Direktor am unabhängigen Bonner Institut
zur Zukunft der Arbeit, bescheinigt dem WDR, dass die Berechnungen
des WDR realistisch sind. Er sieht erhebliche Probleme für die
Existenzsicherung auf Basis der gesetzlichen Rente und sagt: "Hier
wird ein großes gesellschaftliches Thema erwachsen." Der Bremer
Universitätsprofessor und Finanzwissenschaftler Rudolf Hickel nennt
das Ergebnis der Betrachtung "dramatisch".
Anders als in einer Presseveröffentlichung dargestellt, behauptet der
WDR in seiner Berichterstattung nicht, im Jahr 2030 bekämen 28,6
Millionen Menschen eine ausreichende Rente und 25,1 Millionen seien
von Altersarmut bedroht. Vielmehr lautet die Aussage: Von den derzeit
in Deutschland lebenden Menschen im erwerbsfähigen Alter erwarten
rund 25 Millionen angesichts ihrer derzeitigen Einkommenssituation ab
2030 eine gesetzliche Rente auf Grundsicherungsniveau. Das ist fast
jeder Zweite. Denn fast jeder Zweite verdient derzeit weniger als
2097 Euro brutto monatlich.
Dynamisierung ausgeklammert
Richtig ist, dass der WDR hier eine statische Betrachtung vornimmt,
um das Risiko abzuschätzen. Richtig ist auch, dass es von den
individuellen Lebensverläufen abhängt, ob Einzelne das notwendige
Mindesteinkommen erreichen. Insofern ist die Wahrscheinlichkeit
beispielsweise für Auszubildende oder Studenten groß, dass sie nicht
in niedrigen Einkommensgruppen bleiben. Allerdings ist der Anteil der
Auszubildenden an der Gesamtzahl der Sozialversicherungspflichtigen
nicht erheblich und viele Studenten stehen dem Arbeitsmarkt gar nicht
zur Verfügung.
Darüber hinaus ist der Vorwurf einzelner Medien unzutreffend, kleine
Verdienste in den ersten Berufsjahren würden in der WDR-Betrachtung
verzerrend aufgeblasen. Denn Basis der Betrachtung ist ein aktueller
Querschnitt des Einkommens aller versicherungspflichtig
Beschäftigten. Dort sind Berufsanfänger ebenso vertreten wie
Menschen, die in der Mitte oder am Ende ihres Berufslebens stehen und
damit heute deutlich mehr verdienen als zu Beginn ihrer
Berufslaufbahn. Hier kann man auch nach Einschätzung der beratenden
Ökonomen davon ausgehen, dass der Effekt sich weitgehend ausgleicht.
Das reale Einkommen kann sich tatsächlich besser entwickeln - aber
auch schlechter. Der Arbeitsmarkt befindet sich derzeit aber in einer
sehr stabilen Verfassung: Die Arbeitslosigkeit ist niedrig, der
Anteil sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung hoch. Die
WDR-Betrachtung geht deshalb von positiven Grundannahmen aus und
spiegelt dieses günstige Szenario ins Jahr 2030. "Das ist eine sehr
ruhige und zurückhaltende Annahme, weil nicht davon ausgegangen wird,
dass prekäre und niedrig entlohnte Tätigkeiten sich in den nächsten
Jahren ausweiten", betonte Professor Rudolf Hickel.
Hinzu kommt, dass die WDR-Betrachtung für die einzelnen Arbeitnehmer
40 volle Beitragsjahre in der Rentenversicherung unterstellt.
Tatsächlich werden diese 40 Beitragsjahre aber besonders von Frauen
meist nicht erreicht. Insofern ist die WDR-Berechnung auch hier
zurückhaltend.
Selbstverständlich können Rentner im Ruhestand neben der gesetzlichen
Altersversorgung weitere Einnahmen haben. Gerade bei den gefährdeten
Geringverdienern sind Vermögenswerte und zusätzliche Einkünfte aus
Privatvorsorge aber eher selten. Das zeigt sich an ihrer geringen
Bereitschaft und Möglichkeit, etwa per Riester-Vertrag vorzusorgen.
Deshalb ist der Fokus der WDR-Betrachtung ausschließlich auf die Höhe
der gesetzlichen Rente gerichtet.
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