(ots) -
Der Leiter des Jobcenters Offenbach, Dr. Matthias Schulze-Böing,
warnt vor einer neuen Masche, illegal Sozialleistungen zu beziehen.
Unternehmer ließen demnach vorwiegend Bulgaren Vollzeit arbeiten,
obwohl die Angestellten offiziell nur einen Vertrag etwas über
Mini-Job-Niveau hätten. Sie bekämen 451 Euro vom Unternehmen
ausgezahlt, den Rest besorge ihnen der Arbeitgeber beim Jobcenter
über aufstockende Leistungen. Auf Nachfrage bestätigt das
Bundesarbeitsministerium gegenüber "Report Mainz", dass dem
Ministerium die Fallkonstellation bekannt ist. Die Bekämpfung von
Leistungsmissbrauch habe beim Bundesarbeitsministerium "hohe
Priorität". Vor allem die Jobcenter vor Ort und der Zoll seien dafür
zuständig. 2015 wurden Nationalitäten übergreifend "59 074
Ãœberzahlungen im Zusammenhang mit nicht oder in zu geringem Umfang
angezeigter Beschäftigung festgestellt".
Der Offenbacher Jobcenterleiter Dr. Matthias Schulze-Böing
berichtet im Interview mit "Report Mainz", dass die Arbeitgeber den
Arbeitnehmern Berater zur Seite stellen, die häufig sogar mit ins
Jobcenter kämen und genau wüssten, wie sie die Formulare ausfüllen,
damit die Arbeiter als leistungsberechtigt gelten würden. Betroffen
seien vor allem die Baubranche, die Gastronomie und das
Reinigungsgewerbe. Im Interview spricht Schulze-Böing von einem
System: "[...] von der Abreise im Herkunftsland über den Transportweg
über die Unterbringung hier vor Ort bis zu den Behördengängen und
auch der Vermittlung von Arbeit". Die Hintermänner versuchten, "das
Jobcenter mit ins Spiel zu bringen, indem sie zu niedrige
Arbeitszeiten und zu niedrige Arbeitseinkommen angeben und versuchen,
ergänzende Sozialleistungen dann vom Jobcenter zu beziehen".
"Report Mainz" hat mit mehreren Arbeitern gesprochen, die nach
diesem System arbeiten mussten. Ein Bulgare schildert seine Situation
so: "In Berlin hatte ich etwas mehr als einen Mini-Job auf dem
Papier. Ich habe da aber Vollzeit in einem Café gearbeitet. Mein Chef
hat mir alle Jobcenter-Unterlagen vorbereitet und hat mir einen
Dolmetscher mitgeschickt. Außerdem hat mir mein Chef eine ec-Karte
besorgt. Die Karte aber hat er behalten und damit hat er auch das
Geld vom Jobcenter eingesteckt."
Nach "Report Mainz"-Recherchen sind es vor allem türkische
Hintermänner, die gezielt die türkische Minderheit in Bulgarien
ansprechen und auf diese Weise für sich in Deutschland arbeiten
lassen. Eine ambivalente Rolle spielen auch bulgarische Hilfsvereine,
die ebenfalls von Türken geleitet werden.
Der aktuelle Zuwanderungsmonitor des Instituts für Arbeitsmarkt
und Berufsforschung bei Bulgaren und Rumänen verzeichnet einen
"auffallend hohen" Anteil an Aufstockern. Insgesamt sind 30 Prozent
der leistungsberechtigten Ausländer Aufstocker, bei Bulgaren und
Rumänen sind es 42 Prozent. Entgegen der durchschnittlichen SGB
II-Hilfequote für die ausländische Bevölkerung insgesamt, steige die
Quote für die Bevölkerung aus Bulgarien weiterhin deutlich an.
Der Leiter des Jobcenters Offenbach, Dr. Matthias Schulze-Böing,
warnt im Interview mit "Report Mainz": "Natürlich geht es auf Kosten
des deutschen Sozialsystems und gerade auch der Kommunen, das sind
erhebliche Kosten, die dann natürlich an anderer Stelle fehlen. Das
ist für uns ein ernstes Problem und wenn wir diese Entwicklung
einfach hinnehmen, dann besteht die Gefahr, dass ein neues und
größeres Prekariat entsteht, das gesellschafts- und sozialpolitisch
große Probleme auslösen kann."
Weitere Informationen unter www.reportmainz.de. Zitate gegen
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