(ots) - Zum Tag des Wolfes (30.4.) hat der NABU eine
gemischte Bilanz zur Situation frei lebender Wölfe in Deutschland
gezogen. Die Bestandsentwicklung mit aktuell 40 Wolfsfamilien
bundesweit sei erfreulich, das Wolfs-Management noch nicht
ausreichend. Hauptrisiko Nummer Eins für den Wolf ist nach wie vor
der Straßenverkehr. Für eine dauerhafte erfolgreiche Rückkehr des
Wildtieres nach Deutschland sei nach wie vor die gesellschaftliche
Akzeptanz entscheidend. Insgesamt ist die allgemeine Zustimmung zur
Rückkehr der Wölfe hoch. Illegale Abschüsse bleiben ein Problem.
Wolfsreichstes Bundesland ist Sachsen mit zwölf, dicht gefolgt von
Brandenburg mit elf Wolfsfamilien. In Niedersachsen leben aktuell
neun, in Sachsen-Anhalt sechs und in Mecklenburg-Vorpommern zwei
Wolfsrudel. In den vergangenen fünfzehn Jahren konnten aber auch
Wölfe in allen anderen Flächen-Bundesländern nachgewiesen werden -
durch Fotofallen, DNA-Hinweise nach Nutztierrissen oder durch
Totfunde. Der Straßenverkehr ist die häufigste nicht natürliche
Todesursache bei Wölfen seit ihrer Rückkehr im Jahr 2000. Insgesamt
starben 95 Tiere einen Verkehrstod. An der Spitze liegt hierbei
Brandenburg mit 42 Tieren. Bei den illegalen Abschüssen belegt das
Land Sachsen den traurigen ersten Platz - allerdings ist davon
auszugehen, dass die Dunkelziffer illegal getöteter Wölfe bundesweit
deutlich höher ist, als es die offiziellen Zahlen darstellen.
"Wir freuen uns über die positive Entwicklung bei der Zahl der
Wolfsfamilien. Die große Herausforderung sehen wir bei der
Nachbarschaft von Mensch und Wildtier. Die dauerhafte Rückkehr des
Wolfs ist nur mit der breiten Akzeptanz der Bevölkerung möglich. In
unserer Landschaft kommt der Wolf gut zurecht, weil er ein
ausreichendes Nahrungsangebot findet", sagte NABU-Wolfsexperte Markus
Bathen. Doch nach wie vor seien einige Bundesländer im
Wolfsmanagement nicht ausreichend auf die Rückkehr der Wölfe
eingestellt. "Wir haben immer noch zu viele Konflikte beim
Herdenschutz. Nutztierhalter werden nicht ausreichend beim Schutz
ihrer Herden unterstützt", so Bathen weiter. Aus NABU-Sicht besteht
großes Interesse mit den Schäfern gemeinsame Lösungen zu erarbeiten.
In dieser Woche wurde in Niedersachsen erstmals ein Wolf aufgrund
einer Ministeriumsentscheidung erschossen. Das Tier hatte sich
wiederholt Menschen mit Hunden genähert und nach Experteneinschätzung
ein generell unberechenbares Verhalten gezeigt. Der NABU hatte
gemeinsam mit anderen Umweltverbänden den Tod des Tieres bedauert,
konnte die Entscheidung aber nachvollziehen, da das Tier durch sein
auffälliges Verhalten ein nicht mehr zu kalkulierendes Risiko für den
Menschen dargestellt habe. Für den NABU sei der gesamte Prozess des
Monitorings und der Vergrämung des Wolfes "MT6" unbefriedigend
verlaufen, weil das konzentrierte Monitoring selbst zu spät begonnen
habe und die Vergrämungsphase viel zu kurz und nicht unter
Ausschöpfung der zur Verfügung stehenden Mittel gelaufen sei. Auch
sei nicht ausreichend untersucht worden, was zu dem auffälligen
Verhalten des Tieres geführt habe. Ziel muss es sein, dass sich solch
ein Verhalten nicht wiederholt.
Nach Experteneinschätzung ist die wahrscheinlichste Ursache für
die auffällige Verhaltensveränderung des Wolfes die Fütterung durch
Menschen. "Wir müssen den Umgang mit Wildtieren erst wieder lernen.
Der tragische Tod des Wolfes aus dem Munsteraner Rudel macht
deutlich, dass beispielsweise Fütterungen oder zurückgelassene
Speisereste Wildtieren nicht helfen, sondern im Gegenteil, ihnen
schaden", so Bathen. Der NABU fordert eine unabhängige
wissenschaftliche Kommission, die Kriterien für eine gute Praxis von
Monitoring, Vergrämung und Entnahme erarbeitet und die Einhaltung
dieser Kriterien auch überprüft. Diese Kommission muss auf
Bundesebene angesiedelt werden, damit nicht jedes Bundesland
Insellösungen entwickelt.
Jeweils am 30. April endet das offizielle Wolfsjahr, bei dem durch
das Monitoring alle wissenschaftlichen Daten gesammelt werden, um
Erkenntnisse über das Leben freilebender Wölfe in Deutschland zu
erhalten. Daher hat der NABU 2013 den "Tag des Wolfes" initiiert. Zum
Tag des Wolfes bieten viele der 500 ehrenamtlichen
NABU-Wolfsbotschafter bundesweit Informations-Veranstaltungen an.
Online ist ein neues NABU-Wolfs-Quiz zu finden, mit dem Nutzer per
Smartphone oder PC ihr Wissen über freilebende Wölfe mit zehn
multimedialen Fragen überprüfen können: Von "Was frisst der Wolf" bis
zu "Was ist eigentlich die Ranzzeit?" Zu finden unter
www.NABU.de/wolfsquiz
Aktuelle Infografiken zu Wolfsvorkommen und Wolfstotfunden:
www.nabu.de/presse/pressebilder/index.html#wolf
NABU-Hintergrundpapier "15 Jahre Wölfe in Deutschland": www.NABU.d
e/imperia/md/content/nabude/wolf/150310-nabu-hintergrundpapier-woelfe
-in-deutschland.pdf
Wölfe in Deutschland: Die wichtigsten Fragen und Antworten: www.NA
BU.de/imperia/md/content/nabude/wolf/150423-nabu-woelfe-in-deutschlan
d-fragen-und-antworten.pdf
NABU-Umfrage zur Rückkehr der Wölfe:
www.nabu.de/tiere-und-pflanzen/saeugetiere/wolf/wissen/19530.html
gemeinsame Stellungnahme der Verbände zum Tod des Wolfes "MT 6" :
www.nabu.de/news/2016/04/20636.html
Pressekontakt:
Markus Bathen, NABU-Wolfsexperte, mobil: +49 (0) 172 645 35 37,
E-Mail: Markus.Bathen(at)NABU.de
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