PresseKat - Durchregieren? Fehlanzeige! Kommentar von Barbara Oertel zu den Protesten in Polen

Durchregieren? Fehlanzeige!
Kommentar von Barbara Oertel zu den Protesten in Polen

ID: 1354066

(ots) - PiS-Parteichef Jarosław Kaczyński hat die
Rechnung offensichtlich ohne einen wachsenden Teil der polnischen
Bevölkerung gemacht. Mal eben so durchregieren und dabei im
Schnelldurchlauf den Rechtsstaat, demokratische Grundrechte und die
Gewaltenteilung aushebeln? Von wegen! Anders als in Ungarn, wo vor
allem jüngere Menschen den autoritären Kurs eines Viktor Orbán
allenfalls mit einem Verlassen des Landes quittier(t)en, haben am
Samstag fast eine Viertelmillion Polen in Warschau eindrucksvoll eins
zum Ausdruck gebracht: dass sie nicht bereit sind, tatenlos
zuzusehen, wie eine selbstherrliche Regierung die Uhren auf null
zurückstellt und das Land politisch an den Rand Europas
manövriert.​

Diese Sorgen sind nur allzu berechtigt. Nach der "Enthauptung" des
Verfassungsgerichts wurden die Medien auf Linie gebracht und die
Überwachungsmöglichkeiten der Polizei ausgeweitet. In der vergangenen
Woche musste auch noch der von der Vorgängerregierung geschaffene
nationale Rat zum Kampf gegen Rassismus dran glauben. Und das in
einem Land, in dem die Regierung in der Flüchtlingsfrage
Ressentiments und Ängste der Menschen gezielt schürt und die Anzahl
fremdenfeindlicher Verbrechen rapide gestiegen ist.​

In ihrem Handeln haben sich Kazcyński und seine Leute stets
mit einer Kaltschnäuzigkeit über Kritik der Europäischen Union und
des Europarates hinweggesetzt, die ihresgleichen sucht. Doch einmal
abgesehen davon, dass die Demonstration vom Samstag die größte seit
dem Ende des Kommunismus ist: Die Frage ist, wie nachhaltig die
Bündelung der oppositionellen Kräfte ist, die unterschiedlicher nicht
sein könnten. Nur anti PiS zu sein reicht nicht. Das gilt
insbesondere für die linken Kräfte, die es seit Jahren nicht
schaffen, sich neu zu formieren und wieder auf die Füße zu kommen.




Jarosław Kaczyński sollte gewarnt sein. Noch sieht er
keinen Anlass zur Sorge. Doch das könnte sich als gefährlicher
Trugschluss erweisen.​



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Datum: 08.05.2016 - 16:40 Uhr
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