Der für Bankrecht zuständige 9.Zivilsenat des Oberlandesgerichtes Stuttgart hat am 04.05.2016 erneut der Berufung einer Bausparerin stattgegeben, die sich gegen die Kündigung ihres Bausparvertrages durch die Bausparkasse Wüstenrot wehrte. (Az.: 9 U 230 / 15)
(firmenpresse) - Der für Bankrecht zuständige 9.Zivilsenat des Oberlandesgerichtes Stuttgart hat am 04.05.2016 erneut der Berufung einer Bausparerin stattgegeben, die sich gegen die Kündigung ihres Bausparvertrages durch die Bausparkasse Wüstenrot wehrte. (Az.: 9 U 230 / 15)
In dem aktuellen Verfahren hatte die Klägerin im Jahr 1999 zwei Bausparverträge über
160.000,00 DM bzw. 40.000,00 DM abgeschlossen. Die Verträge wurden im Jahr 2001 zuteilungsreif. Die Klägerin nahm das Bauspardarlehen jedoch nicht in Anspruch. Sie ließ den Sparvertrag zu einem Zinssatz von 2,5 % plus Bonuszinssatz weiterlaufen. Im Januar 2015 kündigte die Bausparkasse die Verträge, welche zu etwa 75 % angespart waren.
Laut den hier zu Grunde liegenden allgemeinen Bausparbedingungen (§ 5 I ABB), war die Klägerin im vorliegenden Fall nur bis Erreichen eines Mindestsparguthabens von 50 % der Bausparsumme zur Ansparung verpflichtet.
Kündigung der Bausparkasse nach Auffassung der OLG Stuttgart unberechtigt
Der Senat hält die Kündigung der Bausparkasse auch in diesem Fall für unberechtigt.
Das Oberlandesgericht Stuttgart blieb mit seiner Entscheidung bei der Linie, dass sich die Bausparkasse nicht auf die Vorschrift des § 489 I Nr. 2 BGB berufen kann, wonach ein Darlehensnehmer das Darlehen zehn Jahre nach dessen vollständigen Empfang kündigen könne. Nach den allgemeinen Bausparbedingungen (§ 5 I ABB) sei der Bausparer verpflichtet Regelbeiträge bis zur erstmaligen Auszahlung der Bausparsumme zu zahlen. Vor Ende dieser Pflicht hat die Bausparkasse das als Darlehen anzusehende Guthaben nicht vollständig empfangen. Der Zeitpunkt der Zuteilung spiele nach den Vertragsbedingungen keine Rolle.
Die Bausparkasse könne sich auch nicht auf die analoge Anwendung des gesetzlichen Kündigungsrechts nach § 489 I Nr. 2 BGB berufen, wenn die überlange Vertragsdauer auf einer vertragswidrigen Einstellung der Sparraten durch die Klägerin beruhe. Eine Schutzbedürftigkeit der Bausparkasse liege nach Ansicht des OLG Stuttgart nicht vor, wenn die Bausparkasse zuvor das faktische Ruhen des Bausparvertrages stillschweigend toleriert und nicht von einem vertraglichem Kündigungsrecht Gebrauch gemacht hat.
Darüber hinaus könne die Bausparkasse als gewerbliches Kreditinstitut Zinssätze und maximale Laufzeit in ihren Vertragsbedingungen selbst definieren und dadurch unerwünschte lange Laufzeiten ausschließen. Das freiwillig übernommene Zinsrisiko könne nicht unter Berufung auf die gesetzlichen Kündigungsvorschriften auf den Bausparer abgewälzt werden.
Fazit:
Nach seiner Entscheidung vom 30.03.2016 (Az. 9 U 171/15) hat das OLG Stuttgart zum zweiten Mal die Position gekündigter Bausparer gestärkt.
Der Senat hat die Revision zum Bundesgerichtshof zugelassen, weil die Frage der Anwendung des § 489 I Nr. 2 BGB auf zuteilungsreife Bausparverträge grundsätzliche Bedeutung hat und andere Oberlandesgerichte eine andere Auffassung vertreten.
Es bleibt daher abzuwarten, ob der Bundesgerichtshof über diese Rechtsfrage entscheiden wird.
Was können betroffene Bausparer jetzt tun?
Betroffene Bausparer sollten im Falle einer ergangenen Kündigung ihres Bausparvertrages durch die Bausparkasse einen auf Bank- und Kapitalmarktrecht spezialisierten Fachanwalt konsultieren.