(ots) - Ãœberfischt, zu laut, zu
schmutzig - die letzten Schweinswale in der Ostsee haben es zunehmend
schwer. "Nicht einmal in den für sie ausgewiesenen Schutzgebieten ist
Deutschlands einziger heimischer Wal sicher. Auch hier wird gefischt,
fahren Schiffe, findet Rohstoffabbau statt. Momentan existieren
unsere Meeresschutzgebiete nur auf dem Papier. Und unsere Politik tut
gerade alles dafür, dass es auch dabei bleibt", kritisiert
NABU-Bundesgeschäftsführer Leif Miller mit Blick auf den
Internationalen Tag des Ostseeschweinswals (15. Mai).
Knapp 450 Schweinswale gibt es heute noch in der zentralen Ostsee,
dem Seegebiet östlich der Halbinsel Darß. Ihre Population ist vom
Aussterben bedroht. Insbesondere die zu hohen Beifänge in
Stellnetzen, Lebensraumverluste und Unterwasserlärm verhindern eine
Erholung. Etwas besser sieht es in der westlichen Ostsee aus. Aber
auch dort sind sie bedroht. Bereits 2004 wurden zum Schutz der
Schweinswale mehrere Gebiete nach der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie
(FFH-RL) ausgewiesen. Erst jetzt, elf Jahre später, sollen in der
Ostsee der Fehmarnbelt, die Kadetrinne und die Pommersche Bucht zu
Naturschutzgebieten nach Bundesnaturschutzgesetz werden. Im Februar
veröffentlichte die Bundesregierung die inzwischen von der
Europäischen Kommission angemahnten Schutzgebietsverordnungen. "So
lange haben wir auf einen wirklichen Schutz von Schweinswalen und
Seehunden, von artenreichen Riffen und Sandbänken gehofft. Doch die
jetzigen Entwürfe zementieren die Übernutzung der Meere", meint
NABU-Meeresexperte Kim Detloff. "Wieder einmal gefährden
wirtschaftliche Interessen die Artenvielfalt in Nord- und Ostsee."
Der Bund, aber auch die Küstenländer ignorieren nach Ansicht des
NABU die nach EU-Recht geltenden Schutz- und
Erhaltungsverpflichtungen und nehmen das Aussterben der
Ostseeschweinswale bewusst in Kauf. "Während die Bundesregierung den
Meeresschutz auf die internationale Agenda des G7 Gipfels hob und die
EU-Umweltrichtlinien beim sogenannten 'Fitnesscheck' der Europäischen
Kommission verteidigte, so versagt sie, wenn es um konkrete Maßnahmen
vor der eigenen Haustür geht. Hier setzen sich immer wieder die
Interessen der Wirtschafts-, Fischerei- und Verkehrsressorts gegen
die Position des Bundesumweltministeriums durch", so Detloff.
Offensichtlicher Verlierer ist der Ostseeschweinswal. So gibt es ein
Schallschutzkonzept beim Bau von Windanlagen für die Nordsee, nicht
jedoch für die Ostsee. Es werden Fischereimaßnahmen für die Nordsee
entwickelt, aber nicht für die Ostsee. "Das naturschutzfachliche
Agieren von Bund und Ländern ist gleichermaßen unzureichend wie
gefährlich. Hier wird Klientel- und Wirtschaftspolitik auf Kosten des
Meeresschutzes gemacht. Das muss ein Ende haben. Sonst dauert es
nicht mehr lange, und wir verlieren auch noch die letzten unserer
Ostseeschweinswale", mahnt der NABU.
gemeinsame Stellungnahmen der Umweltverbände zu den Schutzgebieten
in Nord- und Ostsee: www.nabu.de/news/2016/02/20328.html
Retten Sie mit uns die EU-Naturschutzrichtlinien:
www.nabu.de/naturschaetze
Hintergrund:
Jedes Jahr im Mai ruft das von Deutschland unterzeichnete
Kleinwalschutzabkommen ASCOBANS zum Tag des Ostseeschweinswals auf,
um auf seine Bedrohung aufmerksam zu machen. In den vergangenen
Jahrzehnten ist der Bestand der Schweinswalpopulationen insbesondere
östlich des Darß dramatisch zurückgegangen.
Pressekontakt:
Dr. Kim Cornelius Detloff, NABU Bundesverband, Leiter Meeresschutz,
Tel. +49 (0)152 09202205, E-Mail: Kim.Detloff(at)NABU.de
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