PresseKat - Lügen Christliche Flüchtlinge? Angebliche "Enthüllungen" der FAZ Sonntagsausgabe zur Op

Lügen Christliche Flüchtlinge? Angebliche "Enthüllungen" der FAZ Sonntagsausgabe zur Open Doors Erhebung / Stellungnahme von Pfarrer Dr. Gottfried Martens

ID: 1360264

(ots) - Zu den angeblichen "Enthüllungen" der Frankfurter
Allgemeinen Sonntagszeitung (F.A.S.) in ihrer Ausgabe vom 22.5.2016
hat Open Doors in seiner Presseerklärung
(https://www.opendoors.de/stellungsnahme_faz) dankenswerterweise
einiges schon klargestellt. Hier noch ein paar weitere Anmerkungen:

"1. Es ist mehr als befremdlich, in welcher Weise sich die
Verfasser der Beiträge in der F.A.S. gleichsam als
"Enthüllungsjournalisten" gerieren. Die beiden waren zwei Tage nach
der Pressekonferenz in unserer Gemeinde zu Besuch und haben im
Ãœbrigen daraufhin am 23. Mai in der FAZ einen sehr erfreulichen
größeren Artikel über die Arbeit unserer Gemeinde veröffentlicht, der
keinen Hinweis darauf erkennen lässt, dass wir hier in unserer
Gemeinde nicht seriös arbeiten würden.

In dem Gespräch mit ihnen hatten wir auch ganz offen über die
Fragebogenaktion (Erhebung von Open Doors:
https://www.opendoors.de/erhebung_fluechtlinge) gesprochen; ich hatte
ihnen auch die Zahlen genannt und ebenso die Gründe dafür, dass die
Rückmeldungen aus unserer Gemeinde besonders zahlreich ausgefallen
sind. Sie sind ja im Wesentlichen auch in der Studie (Erhebung von
Open Doors) selber genannt und reflektiert und auch auf der
Pressekonferenz (am 9. Mai in Berlin) noch einmal thematisiert
worden. Eine Nachfrage bei Open Doors war insofern tatsächlich gar
nicht nötig. Es muss offenbar andere Gründe geben, weshalb hier nun
so reißerisch angeblich "enthüllt" wird, was gar nicht enthüllt
werden musste.

2. Ich wage es zu bezweifeln, dass es längerer Recherche der
F.A.S.-Journalisten bedurft hat, um an das interne Papier aus dem
Bereich der Westfälischen Landeskirche zu kommen. Offenkundig gibt es
aus dem Bereich der Landeskirchen ein Interesse daran, alle, die auf
Übergriffe gegen christliche Flüchtlinge in den Asylbewerberheimen




hinweisen, auch öffentlich als "Islamfeinde" oder
"Pegida-Sympathisanten" hinzustellen und damit zu diffamieren.

Bezeichnend ist der letzte Satz des F.A.S.-Artikels über die
angeblich "Unseriöse Studie": Als ein entscheidendes Argument gegen
die Seriosität der Studie wird angeführt, Open Doors habe nicht einen
Fall nennen können, "bei dem ein Pfarrer einer Landeskirche Angaben
eines Opfers bestätigte." Abgesehen davon, dass diese Behauptung der
F.A.S.-Journalisten, wie gezeigt, offenkundig unwahr ist, seien die
Verfasser darauf hingewiesen, dass wir nicht mehr im 19. Jahrhundert
leben: Es gibt neben den Landeskirchen tatsächlich auch noch andere
seriöse Kirchen, deren Seriosität nicht erst noch von einer
Bestätigung durch einen Kirchenbeamten der evangelischen Landeskirche
abhängt. Und wenn orthodoxe, lutherische und freikirchliche Christen
zusammenarbeiten, dann ist das in der Tat "überkonfessionell", auch
wenn die evangelischen Landeskirchen dabei nicht die Deutungshoheit
beanspruchen können.

3. Es gibt in der Tat eine methodische Schwäche in der Studie
(Erhebung von Open Doors), die aber benannt wird und die in der Natur
der Sache liegt: Viele derer, die die Fragebögen ausgefüllt haben,
haben dies nur deshalb getan, weil ihnen zugesichert wurde, dass sie
nicht anschließend als Verfasser in ihren jeweiligen Heimen "geoutet"
werden. Nur weil ich ihnen diese Zusicherung gegeben habe, waren
viele der Verfasser der Fragebögen überhaupt dazu bereit, über ihre
Leiden zu berichten.

Es ist verständlich, dass nicht überall den bedrängten Christen
solche Vertrauenspersonen als Ansprechpartner zur Verfügung standen,
so dass sie aus Angst davor, dass ihnen aufgrund ihrer Aussagen
Nachteile drohen, die Fragebögen lieber nicht ausgefüllt haben.

Wenn jetzt Journalisten bei den Einzelfällen nachbohren wollen,
weil sie die Glaubwürdigkeit der bedrängten Christen in Frage
stellen, bleibt uns in vielen Fällen nichts anderes übrig, als unsere
Zusage gegenüber den Verfassern einzuhalten und ihre Identität nicht
preiszugeben. Journalisten sollten jedoch wissen, dass ein solcher
Zeugenschutz so ungewöhnlich nun auch wieder nicht ist.

4. Ich erfahre es immer wieder - und so wird es auch in der Studie
(Open Doors) thematisiert -, dass die bedrängten Christen den
Eindruck haben, dass die Heimleitungen ihre Probleme nicht ernst
nehmen oder beispielsweise auch in vielen Fällen vom Wachschutz
falsch informiert werden. Viele der Ãœbergriffe werden aus Angst vor
Repressionen auch erst gar nicht den Heimleitungen gemeldet.

Wenn nun sowohl Vertreter der großen Kirchen als auch die
Journalisten der F.A.S. meinen, die Aussagen betroffener bedrängter
Christen durch eine bloße Nachfrage bei den Heimleitungen
"widerlegen" zu können, ist dies methodisch mehr als fragwürdig.
Natürlich wird man in Deutschland kaum eine Heimleitung finden, die
erklärt, in ihrem Heim würden Christen bedrängt und diskriminiert.
Wie naiv muss man sein, um aufgrund der Aussagen von Heimleitungen
das Problem für nichtexistent zu erklären oder gar diejenigen, die
von ihren Erfahrungen in den Heimen berichten, aufgrund dieser
Aussagen als Lügner hinzustellen!

5. Dies gilt auch ganz konkret für den Fall des Ehepaars, das in
einem Berliner Heim von einem afghanischen Heimleiter massiv gemobbt
wurde. Zunächst ist festzuhalten, dass dieser Fall nicht zu den 231
Fällen zählt, die in der Studie (Open Doors) ausgewertet wurden, da
er sich erst nach Abschluss der Umfrage ereignete. Weiter ist
festzuhalten, dass in diesem Fall, der angeblich "hundertprozentig
aus der Luft gegriffen ist", mittlerweile der Staatsschutz ermittelt.
Er teilt die von den F.A.S.-Journalisten dargestellte Sicht
offenkundig nicht.

Dass eine Heimleitung die massiven Vorwürfe gegen sich leugnet,
ist verständlich. Dass man dieses Dementi zum Anlass nimmt, von
"begründeten Zweifeln an der Darstellung der Opfer" zu sprechen, ist
jedoch mehr als befremdlich.

Der Vorwurf, dass die Opfer nur eine Umsiedlung in eine bessere
Unterkunft erreichen wollten, ist der Standardvorwurf, der fast allen
christlichen Asylbewerbern, die aus ihrem Heim nach Ãœbergriffen
fliehen mussten, vom Landesamt für Gesundheit und Soziales hier in
Berlin automatisch gemacht wird. Er ist offenkundig ebenso eine feste
Sprachregelung wie die Behauptung, bei Ãœbergriffen gegen christliche
Asylbewerber ginge es grundsätzlich immer nur um "Konflikte ums
Essen".

Ich habe nach wie vor keine Zweifel an der Glaubwürdigkeit der
Aussagen des Ehepaars, das mir persönlich gut bekannt ist. Die von
der Heimleitung geäußerte Unterstellung halte ich für absurd. Selbst
muslimische Bewohner der Unterkunft hatten den Heimleiter gefragt,
warum er denn dieses christliche Ehepaar so sehr schikanieren würde!

6. Wir kommen damit zu der eigentlichen Problematik der
F.A.S.-Beiträge: Sie spielen mit Ressentiments gegen Asylbewerber in
unserer Gesellschaft und stellen christliche Asylbewerber, die von
Ãœbergriffen in den Heimen betroffen sind, auf sehr subtile Weise
unter einen Generalverdacht, Lügner zu sein. Ist doch klar: Die
Asylbewerber lügen doch alle! Wenn man genauer hinschaut, können die
Verfasser lediglich darauf hinweisen, dass in zwei von ihnen
recherchierten Fällen Aussage gegen Aussage steht. Doch genau das
wird in der Open Doors-Studie ja ausführlich beschrieben, dass eben
diese Problematik beispielsweise auch das Stellen von Anzeigen bei
Ãœbergriffen relativ sinnlos macht.

Die Hetze gegen die christlichen Asylbewerber, die mit diesen
Beiträgen in der F.A.S. auch im Netz losgetreten worden ist
("Lügenstudie" und ähnliches), zeigt in der Tat eine frappierende
Nähe zu den Aussagen von Pegida ("Asylbetrüger" u.ä.). Ich kann nur
noch einmal dazu einladen, mit den betroffenen Asylbewerbern zu
sprechen, statt solchen völlig ungerechtfertigten Diffamierungen und
Pauschalverdächtigungen Vorschub zu leisten.

Ich stelle mich aufgrund meiner persönlichen Erfahrungen aus
voller Ãœberzeugung vor die von Ãœbergriffen betroffenen christlichen
wie auch jesidischen Asylsuchenden, deren Glaubwürdigkeit nun in so
unverantwortlicher Weise in Frage gestellt worden ist. Dass
diejenigen, die ihnen einen wirksamen Schutz in ihren Unterkünften
verweigern, sich in ihrer Untätigkeit nun noch bestärkt fühlen
dürfen, bedaure ich zutiefst." / Berlin, den 23. Mai 2016

Pfarrer Dr. Gottfried Martens (Ev.-Luth. Dreieinigkeits-Gemeinde)
www.steglitz-lutherisch.de



Pressekontakt:
Pfarrer Dr. Gottfried Martens
Ev.-Luth. Dreieinigkeits-Gemeinde
Tel. 030/66766913
Fax 030/70370289
pfarramt(at)steglitz-lutherisch.de
www.steglitz-lutherisch.de


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Datum: 24.05.2016 - 14:39 Uhr
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