(ots) -
Stimmung im Mittelstand hat sich verbessert - Geschäftserwartung
steigt deutlich - Ãœber 80 Prozent der Unternehmen planen
Investitionen, so viel wie nie - Auslandsgeschäft: Schwäche der
Schwellenländer bereitet Mittelständlern Sorgen - Mehr als zwei
Drittel der Unternehmen fürchten Konsequenzen eines Brexit - Kräftige
und kontinuierliche Erhöhung der Eigenkapitalausstattung - Gemeinsame
Studie von BVR, DZ BANK und WGZ BANK
Nach der Eintrübung im Herbst vergangenen Jahres hat sich die
Stimmung im Mittelstand im Frühjahr wieder erholt. Dies ist
insbesondere auf die deutlich gestiegenen Geschäftserwartungen
zurückzuführen. Derzeit erwartet jedes dritte Unternehmen verbesserte
Geschäftsentwicklungen in den nächsten sechs Monaten. Aber auch die
Bewertung der aktuellen Lage hat sich im Vergleich zum Herbst leicht
verbessert. Getrieben wird die positive Einschätzung von den
niedrigen Energiepreisen, gleichzeitig profitiert der stärker
inlandsorientierte Mittelstand von der anhaltenden Konsumlaune der
privaten Haushalte. Angesichts der optimistischen Stimmung steigen
die Investitionsplanungen der Unternehmen auf ein neues Allzeithoch.
So planen 81 Prozent der Mittelständler in den nächsten sechs Monaten
in ihr Unternehmen zu investieren. Ihr Personal haben die Unternehmen
im vergangenen halben Jahr deutlich aufgestockt, und sie planen auch
weiterhin Personal aufzubauen. In den nächsten sechs Monaten will
jedes vierte Unternehmen Mitarbeiter einstellen. Weiter leicht
rückläufig sind die Auslandsaktivitäten der Mittelständler. Aktuell
sind rund 54 Prozent der Unternehmen im Ausland engagiert; vor einem
Jahr waren es noch über 57 Prozent. Hierfür dürfte die Schwäche der
Schwellenländer, insbesondere die anhaltende Rezession in Brasilien
und Russland und das gedämpfte Wirtschaftswachstum in China ein Grund
sein. Sollte Großbritannien aus der Europäischen Union austreten,
befürchten nur 28 Prozent der Mittelständler keine negativen
Konsequenzen. Die mittelständischen Unternehmen erwarten im Falle
eines "Brexit" insbesondere zunehmende bürokratische Hemmnisse.
Hinsichtlich des Eigenkapitals ist der Mittelstand sehr gut
ausgestattet. So stieg die Eigenkapitalquote der kleinen und
mittleren Unternehmen in den vergangenen 15 Jahren um etwa 44
Prozent.
Das ist das Ergebnis der repräsentativen VR Mittelstandsumfrage.
Neben den Ergebnissen der halbjährlich durchgeführten Umfrage unter
1.500 Unternehmen enthält die aktuelle Studie eine detaillierte
Analyse des Bundesverbands der Deutschen Volksbanken und
Raiffeisenbanken (BVR) über die Trends bei der Kreditversorgung der
Unternehmen in Deutschland.
Aktuelle Geschäftslage verbessert sich
Die mittelständischen Unternehmen bewerten ihre aktuelle
Geschäftslage wieder etwas besser als im Herbst des vergangenen
Jahres. Der Saldo aus positiven und negativen Einschätzungen steigt
von 68,3 Punkten auf 69 Punkte. Auch wenn die Erhöhung nur marginal
ist, so liegt der Wert doch deutlich über dem langjährigen Mittelwert
von 40,3 Punkten. Insgesamt beurteilen 84,4 Prozent der Unternehmen
ihre aktuelle Situation als "sehr gut" oder "gut". Unzufrieden sind
nur die Unternehmen der Agrarwirtschaft, weniger zufrieden die
kleinen Unternehmen mit unter 20 Mitarbeitern. Die anhaltend
niedrigen Erzeugerpreise dürften bei den Agrarunternehmen für eine
angespannte Liquidität und damit für die schlechte Stimmung sorgen.
Am positivsten bewerten derzeit die Bauunternehmen ihre
Geschäftslage. Sie profitieren von den niedrigen Zinsen, die den
Wohnungsmarkt beflügeln. Ebenso zufrieden sind die Unternehmen der
Elektro- und der Chemie- und Kunststoffindustrie.
Geschäftserwartungen legen deutlich zu
Die Geschäftserwartungen für die nächsten sechs Monate sind
deutlich stärker gestiegen als die Bewertung der aktuellen Situation.
So stieg der Saldo aus optimistischen und pessimistischen Antworten
von 16,9 Punkten im Herbst auf 27,3 Punkte im Frühjahr. Analog zur
Einschätzung der Geschäftslage entziehen sich die Unternehmen der
Agrarwirtschaft auch bei den Erwartungen als einzige Branche dem
Positivtrend. Die deutlichste Steigerung weist auch hier das
Baugewerbe aus. Mehr als doppelt so viele Bauunternehmen erwarten in
den nächsten sechs Monaten bessere Geschäfte als noch im Herbst
(Frühjahr: 36 Prozent, Herbst: 15,8 Prozent). Den größten Optimismus
legt die Ernährungsbranche an den Tag, bei der 44 Prozent der
Unternehmen eine Verbesserung in den kommenden sechs Monaten
erwartet.
Investitionsbereitschaft auf Allzeithoch
Angesichts der merklich verbesserten Geschäftserwartungen sind die
mittelständischen Unternehmen zudem bereit, so viel zu investieren
wie nie zuvor. Über 81 Prozent der Unternehmen wollen in den nächsten
sechs Monaten in ihr Unternehmen investieren. Das ist der höchste
Wert seit dem Start der Mittelstandsumfrage im Jahr 1995 und das
erste Mal, dass die 80-Prozentmarke überschritten wurde. Zum
Vergleich: Die langjährige durchschnittliche Investitionsplanung
liegt bei rund 71 Prozent. "Angesichts der bisher relativ schwachen
Investitionstätigkeit in Deutschland ist die hohe
Investitionsbereitschaft der mittelständischen Unternehmen ein
überaus erfreuliches Signal. Damit stärkt der Mittelstand seine
Bedeutung als wichtiger Motor für eine positive
Wirtschaftsentwicklung in Deutschland im Jahr 2016", so Stefan
Zeidler, Firmenkundenvorstand der DZ BANK. Von den mittelständischen
Unternehmen mit einem Jahresumsatz von mehr als 50 Millionen Euro
wollen sogar fast 90 Prozent investieren. Die umfangreichsten
Investitionen planen neben dem Ernährungsgewerbe die Chemie- und
Kunststoffindustrie und insbesondere das Baugewerbe. Deutlich
zugenommen haben die Investitionsplanungen zudem im Handel, dessen
Investitionsbereitschaft wie auch im Bau und im Ernährungsgewerbe auf
ein neues Allzeithoch gestiegen ist.
Trotz steigender Investitionsbereitschaft ist der
Finanzierungsbedarf im Mittelstand wieder leicht zurückgegangen.
Weniger als 20 Prozent der mittelständischen Unternehmen haben in
diesem Frühjahr Finanzierungsbedarf, im Herbst waren es noch 23
Prozent. Der geringe Bedarf an Finanzierung ist Folge der steigenden
Eigenkapitalquoten im Mittelstand und des zunehmenden Bestrebens der
Unternehmen, ihr Wachstum aus eigenem Cash-Flow heraus zu
realisieren.
Mittelstand baut Personalbestand weiter aus
Ein Drittel der kleinen und mittleren Unternehmen hat im
vergangenen halben Jahr seinen Personalbestand ausgebaut. In den
nächsten sechs Monaten will jedes vierte Unternehmen weiter Personal
aufbauen. Am höchsten fallen die Beschäftigungserwartungen im
Dienstleistungsgewerbe aus, wo 30,6 Prozent (Herbst: 25 Prozent) der
Unternehmen im nächsten halben Jahr Mitarbeiter einstellen möchten.
"Erfreulich ist, dass der Personalaufbau in Ost- und in
Westdeutschland gleichermaßen erfolgen soll. Damit hält die
Personaloffensive im Mittelstand an. Sie bleibt Treiber des
Arbeitsmarktes und wirkt zudem stabilisierend auf die
Inlandskonjunktur. Um diese Rolle auch in Zukunft erfüllen zu können,
ist allerdings eine Behebung des anhaltenden Fachkräftemangels
dringend geboten", so Uwe Berghaus, Firmenkundenvorstand der WGZ
BANK. Eine Lösung auf diesem Problemfeld hat für die
mittelständischen Unternehmen - gleich nach der Bürokratie -
weiterhin höchste Priorität.
Auslandsaktivität sinkt erneut
Nach dem kontinuierlichen Ausbau in den vergangenen Jahren ist das
Auslandsengagement der mittelständischen Unternehmen seit vergangenem
Herbst erneut leicht zurückgegangen. Mit 53,7 Prozent (Herbst 56,2
Prozent) ist aber nach wie vor ein großer Teil der Mittelständler
außerhalb des Heimatmarktes aktiv. Verantwortlich für den Rückgang
dürfte die Schwäche der Schwellenländer sein. Vielen Mittelständlern
bereitet die anhaltende Rezession in Brasilien und Russland sowie die
weniger dynamisch wachsende Wirtschaft in China Sorgen. Zumal diese
Schwäche bereits 2015 merkliche Auswirkungen auf die deutschen
Exporte zeigte: So sind etwa die Ausfuhren deutscher Güter nach China
im vergangenen Jahr um rund 4 Prozent zurückgegangen. Zudem verleiden
die anhaltenden Sanktionen Russlands gegen die Einfuhr europäischer
Lebensmittel und der dadurch entstandene Preisdruck den Landwirten
das Exportgeschäft.
Großteil der Mittelständler erwartet negative Konsequenzen von
einem "Brexit"
Lediglich 28 Prozent der Mittelständler fühlen sich von einem
"Brexit" nicht betroffen. Die Mehrheit der mittelständischen
Unternehmen hingegen erwartet negative Auswirkungen, wenn die Wähler
in Großbritannien am 23. Juni entscheiden, aus der Europäischen Union
auszuscheiden. Vor allem die eher exportorientierten Mittelständler
im verarbeitenden Gewerbe dürften die Folgen eines etwaigen Austritts
direkt zu spüren bekommen. So erwartet etwa jedes dritte Unternehmen,
dass bürokratische Hemmnisse im Auslandsgeschäft mit Großbritannien
zunehmen. Zudem würde für jedes fünfte Unternehmen das Vereinigte
Königreich aufgrund der Zölle als Absatzmarkt uninteressant.
Kräftige und kontinuierlich höhere Eigenkapitalquoten
Die kräftige und kontinuierliche Erhöhung der
Eigenkapitalausstattung der Unternehmen in Deutschland ist der
auffälligste Trend, insbesondere bei den kleinen und mittleren
Unternehmen. In den vergangenen 15 Jahren konnten die in Deutschland
ansässigen Unternehmen ihr Eigenkapital um rund 130 Prozent erhöhen.
Damit stieg das Eigenkapital mehr als dreimal so stark wie das
Bruttoinlandsprodukt der Bundesrepublik Deutschland. Bei den kleinen
und mittleren Unternehmen war die Erhöhung noch ausgeprägter als bei
den Großunternehmen: 1999 betrug die Eigenkapitalausstattung der KMU
lediglich 17,2 Prozent; im Jahr 2013 lag der Anteil bereits bei 27,8
Prozent. "Dass sich der deutsche Mittelstand inzwischen so robust
zeigt, liegt auch an seiner kontinuierlich steigende
Eigenkapitalausstattung und seiner unverändert hohen Bilanzqualität.
Der Mittelstand in Deutschland präsentiert sich damit gut gerüstet
für die nächsten Jahre", erläutert BVR-Vorstandsmitglied Dr. Andreas
Martin.
Die Daten für die VR Mittelstandsumfrage wurden in der Zeit vom
29. Februar bis 13. April 2016 im Rahmen einer telefonischen Umfrage
von der nhi2 AG, Bonn, erhoben. Die Stichprobe von 1.500 Unternehmen
ist repräsentativ; befragt wurden Inhaber und Geschäftsführer
mittelständischer Unternehmen in Deutschland.
Die Studie "Mittelstand im Mittelpunkt" kann unter
www.mittelstandsstudie.de kostenfrei heruntergeladen werden.
Pressekontakt:
Sylke Kieliba, Pressesprecherin, DZ BANK,
Tel. (069) 7447-2381, sylke.kieliba(at)dzbank.de
Eberhard Roll, Pressesprecher, WGZ BANK,
Tel. (0211) 778-1108, eberhard.roll(at)wgzbank.de
Melanie Schmergal, Pressesprecherin, BVR,
Tel. (030) 2021-1300, presse(at)bvr.de