(ots) - EU-Parlamentspräsident Schulz sieht EU in
existenzieller Krise
Schulz: Ungelöste Flüchtlingskrise stärkt rechte Parteien
Osnabrück. Die EU steckt nach Ansicht des Präsidenten des
Europaparlaments Martin Schulz in einer existenziellen Krise. In
einem Interview mit der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (Donnerstag)
sagte Schulz, viele Befürchtungen von vor einigen Jahren hätten sich
bewahrheitet. "Es ist heute noch schlimmer", sagte Schulz. Wegen der
Euro-Krise und der Flüchtlingskrise sei heutzutage für viele Menschen
das Ende der Europäischen Union denkbar und habe seinen Schrecken
verloren. "Es gibt heute eine Menge an Politikern, die das
propagieren und damit Wahlen gewinnen. Das ist furchtbar",
kritisierte Schulz mit Verweis auf wachsende rechtspopulistische
Parteien in einigen EU-Staaten. Die EU-Länder müssten sich um
Lösungen in der Flüchtlingskrise bemühen und etwa die beschlossene
Umverteilung von 160 000 Flüchtlingen endlich umsetzen. Schulz
warnte, sonst würden rechte Parteien weiter gestärkt: "Die ungelöste
Flüchtlingskrise ist ein willkommenes Instrument für die
Konjunkturritter der Angst." Der Parlamentspräsident sagte, Europa
solle mit Optimismus in die Zukunft schauen, "weil wir stark genug
sind, die Dinge ökonomisch, ökologisch und sozial zu bewältigen."
Schulz begrüßte, dass in Österreich der frühere Grünen-Chef Alexander
Van der Bellen die Bundespräsidentenwahl gewonnen hat. "Der Wahlsieg
hat eines gezeigt: Man kann auch mit einer klaren proeuropäischen
Haltung Wahlen gewinnen", sagte Schulz. "Das ist eine Ermutigung für
alle proeuropäischen Kräfte."
Vor dem Referendum Großbritanniens über den Verbleib in der EU am
23. Juni warnte Schulz die Briten vor einem Austritt. Wenn
Großbritannien nicht mehr Teil des europäischen Binnenmarktes wäre,
wäre dies wirtschaftlich für das Land "ein schwerer Verlust."
Allerdings wäre auch die EU ohne Großbritannien ärmer: "Wir würden
ein Land mit vielen Stärken verlieren und damit an Einfluss
einbüßen, ganz sicher."
EU-Parlamentspräsident: Kein viertes Hilfspaket für Griechenland
nötig
Martin Schulz schließt Schuldenerlass und Grexit aus
Osnabrück. In der Griechenland-Krise hält der Präsident des
Europaparlaments Martin Schulz kein weiteres Hilfspaket für
notwendig. In einem Interview mit der "Neuen Osnabrücker Zeitung"
(Donnerstag) sagte Schulz: "Lassen Sie uns erst mal das Konzept zu
Ende führen. Wir brauchen kein viertes Hilfsprogramm." Athen sei auf
gutem Weg und habe im vergangenen Jahr überraschend einen
Haushaltsüberschuss erwirtschaftet. Der Parlamentspräsident betonte:
"Das ist ein Riesenerfolg, angesichts der Lage, in der das Land ist."
Schulz lehnte einen erneuten Schuldenerlass - wie ihn etwa der
Internationale Währungsfonds gefordert hatte - und einen Ausstieg
Griechenlands aus der Euro-Zone (Grexit) ab: "Das ist alles eine
Theorie-Debatte. Griechenland ist drin im Euro, Griechenland kann
nicht raus." Das hochverschuldete Griechenland hat von den Geldgebern
seit 2010 Rettungsprogramme mit Zusagen über 300 Milliarden Euro
erhalten. Im Gegenzug muss das Land harte Sparauflagen einhalten, was
die Wirtschaft drosselt. Schulz kritisierte dies: "Ob all die
Maßnahmen, zu denen wir Griechenland verpflichten, ökonomisch
sinnvoll sind, lassen wir dahin gestellt."
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