(ots) - Die hohe Belastung der Atemluft mit Feinstaub ist
nach wie vor eine der großen Herausforderungen der deutschen und
europäischen Umweltpolitik - Die Belastung führt zu 47.000
vorzeitigen Todesfällen jährlich allein in Deutschland - Eine
wesentliche Ursache für Feinstaub sind Ammoniakemissionen aus der
Landwirtschaft - Verbände fordern ambitionierte Minderungsziele für
Ammoniak und Methan bei Verhandlungen der europäischen
Emissionsrichtlinie (NERC) - Landwirtschaft muss endlich einen
wirkungsvollen Beitrag leisten.
Mit einer riesigen, aufblasbaren Lunge protestierten die
Umweltverbände Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND),
Naturschutzbund Deutschland (NABU), Deutsche Umwelthilfe (DUH) und
der Umweltdachverband Deutscher Naturschutzring (DNR) heute vor dem
Bundeslandwirtschaftsministerium für eine Reduzierung der klima- und
gesundheitsschädlichen Emissionen aus der Landwirtschaft. Im Vorfeld
der Verhandlungen zur Novellierung der europäischen Richtlinie über
Nationale Emissionsminderungsziele (NERC - National Emission
Reduction Committment) kritisierten die Umweltverbände damit die
Position der Bundesregierung, die sich in Brüssel derzeit für eine
Abschwächung der geplanten Ammoniakgrenzwerte sowie gegen eine
Aufnahme des besonders klimaschädlichen Treibhausgases Methans in
diese Richtlinie einsetzt. Vor allem das
Bundeslandwirtschaftsministerium stellt sich weiterhin schützend vor
die Agrarindustrie und blockiert so dringend notwendige Maßnahmen zur
Verbesserung der Luftqualität in den Städten und Regionen.
Als wichtiger Vorläuferstoff von Feinstaub ist Ammoniak Ursache
für die hohe Hintergrundbelastung in Städten. Vor allem die
industrielle Landwirtschaft trägt also eine erhebliche Mitschuld an
der schlechten innerstädtischen Luft. Rund 95% des Ammoniaks kommt
aus der Landwirtschaft, die damit die Hauptquelle ist.
In ihrem Novellierungsvorschlag hatte die EU-Kommission
ursprünglich ein Minderungsziel für Ammoniak in Deutschland von 38
Prozent bis zum Jahr 2030 vorgesehen. Auch das EU-Parlament hat
diesen Wert bereits bestätigt. Doch der Rat der europäischen
Umweltminister versucht derzeit, auch auf Betreiben Deutschlands,
dieses Minderungsziel auf 29 Prozent abzusenken.
Die Verbände fordern von der Bundesregierung, dass sie sich für
ein deutlich höheres Minderungsziel als bisher einsetzt und dass
insbesondere das Bundeslandwirtschaftsministerium seine
Blockadehaltung aufgibt. Die Ammoniakemissionen aus dem
Landwirtschaftssektor sind seit 1990 auf konstant hohem Niveau, was
nicht nur negative Folgen für die Luftreinhaltung mit sich bringt,
sondern auch zur massiven Belastung von Gewässern und Ökosystemen und
entsprechenden volkswirtschaftlichen Kosten beiträgt. Zu den
notwendigen Minderungsmaßnahmen gehört eine deutliche Reduzierung der
Stickstoff-Bilanzüberschüsse, eine verbindliche Nutzung
emissionsarmer Ausbringungstechniken für Wirtschaftsdünger, der
verpflichtende Einbau von Abluftfilteranlagen bei großen
Tierhaltungsanlagen sowie die Beendigung der Ãœberproduktion von
tierischen Produkten durch Einführung einer flächengebundenen
Tierhaltung. Die NERC-Novelle sieht vor, dass die Mitgliedstaaten bei
der Auswahl der in Frage kommenden Maßnahmen freie Hand haben und
darüber hinaus zunächst große Agrarbetriebe, die für den Großteil der
Emissionen verantwortlich sind, in die Pflicht nehmen.
Hintergrund:
Ammoniak (NH3) ist eine giftige gasförmige Stickstoffverbindung,
die Augen und Atemwege reizt. In der Atmosphäre reagiert Ammoniak
schnell mit sauren Luftschadstoffen wie Sulfaten (SO4 2-) und
Nitraten (NO3-) und bildet Ammoniumsulfat und Ammoniumnitrat
(Ammoniumsalze), die zur Bildung von Feinstaub beitragen. Ammoniak
und dessen Ammoniumsalze sind gleichzeitig auch Pflanzennährstoffe.
Die Entdeckung und Nutzung von Mineraldünger führte zu einer
signifikanten Erhöhung der landwirtschaftlichen Produktivität und
gleichzeitigem Anstieg der Ammoniakemissionen. Aufgrund der
Entwicklung und Verwendung synthetischer Düngemittel konnte die
landwirtschaftliche Produktivität erheblich erhöht werden, was in
Kombination mit einer zunehmend flächenlosen, intensiven Tierhaltung
zu einem dramatischen Anstieg der Ammoniakemissionen führte. Diese
zusätzlichen Stickstoffeinträge fördern die Eutrophierung und
Versauerung von Ökosystemen.
Im Jahr 2013 hat die Europäische Kommission die
Berechnungsgrundlagen und Emissionsfaktoren zur Bestimmung der
Ammoniakemissionen aus der Landwirtschaft angepasst. Dabei ergaben
sich für die vergangenen Jahre deutlich höhere Emissionswerte als
bisher angenommen. Im Jahr 2013 lagen die Emissionen in Deutschland
bei 671 Tausend Tonnen. Die für Deutschland verbindliche Höchstmenge
von 550 kt wurde allerdings bereits auf Grundlage der alten
Emissionsfaktoren zwischen 2005 und 2013 fast jedes Jahr
überschritten. Damit liegt Deutschland europaweit an der Spitze der
Staaten, die die Grenzwerte überschreiten. Wegen anhaltender
Ãœberschreitung dieser Emissionsgrenzen und unzureichender Umsetzung
der EU-Nitratrichtlinie hat die EU-Kommission im Juli 2013 ein
Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland eingeleitet.
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