(ots) -
Der Boom des Güterverkehrs in Deutschland geht weiter. Der
Nutzfahrzeugbestand wird mittelfristig um mehr als 20 % auf 3,5
Millionen Fahrzeuge wachsen. Dabei gewinnen elektrische Antriebe bei
leichten Nutzfahrzeugen und Bussen sowie Gas (LNG) bei schweren
Fernverkehr-Lkw an Bedeutung. Je höher ihr Anteil, desto geringer die
Emissionen. Lkw und Busse werden keinen ausreichenden Beitrag zu den
aktuellen Energie- und Umweltzielen der Bundesregierung leisten.
Das ist das Ergebnis der Shell Nutzfahrzeug-Studie, die Shell in
Zusammenarbeit mit dem Institut für Verkehrsforschung im Deutschen
Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) unter dem Titel "Diesel und
alternative Antriebe - womit fahren Lkw und Bus morgen? Fakten,
Trends und Perspektiven bis 2040" erarbeitet und in Berlin
vorgestellt hat. Dabei wurden erstmals auch Kraftomnibusse
berücksichtigt.
Die jeweiligen Entwicklungen werden anhand zweier Szenarien
beschrieben. Im Trendszenario wird die jüngste Vergangenheit
fortgeschrieben. Dagegen geht das Alternativszenario von
ambitionierteren Rahmenbedingungen und größerem technischen
Fortschritt aus.
Aktuell liegt der Umsatz der deutschen Logistikwirtschaft mit
ihren 2,7 Millionen Beschäftigten bei über 200 Mrd. Euro pro Jahr.
Die Experten erwarten, dass der Güterverkehr weiter
internationalisiert und über immer größere Transportweiten erfolgt.
Die Bedeutung von traditionellen Massengütern (Baustoffe, Kohle,
Mineralölprodukte) nimmt ab und die von hochwertigen Gütern wie
Maschinen und Fahrzeugen sowie von Kurier- und Expressgut zu.
"Dabei wird die Menge der transportierten Güter
(Güterverkehrsaufkommen) von heute (2014) 4,1 auf 4,8 Mrd. Tonnen im
Jahr 2040 wachsen. Daran hat der Lkw dann einen Anteil von 3,9 Mrd.
Tonnen. Die Güterverkehrsleistung wird sich bis 2040 auf 962 Mrd.
Tonnenkilometer verdoppeln", erklärt Dipl.-Ing. Andreas Lischke,
DLR-Experte für den Wirtschaftsverkehr.
FAHRZEUGBESTAND/ANTRIEBE
Der Gesamtbestand an Nutzfahrzeugen hat sich in Deutschland seit
1990 von etwa 1,5 auf knapp 3 Millionen erhöht. Dabei hatten leichte
Nutzfahrzeuge die größte Dynamik. Ihr Bestand hat sich in dem
Zeitraum mehr als verdreifacht. Bei den Antrieben dominiert die
Dieseltechnik mit mehr als 95 %. Bei schweren Lkw sind es sogar 99 %.
Zu einer relevanten Antriebs- und Kraftstoffalternative für
Nutzfahrzeuge haben sich in letzter Zeit Erdgasantriebe entwickelt.
Schon länger werden modifizierte Ottomotoren für leichte
Nutzfahrzeuge und Lkw in Kombination mit komprimiertem Erdgas (CNG)
angeboten. Im Gefolge des globalen Erdgasbooms hat es bei den
Erdgasantrieben jedoch wichtige Innovationen gegeben; dazu gehört
insbesondere die Verwendung von verflüssigtem Erdgas (LNG). In
Deutschland muss eine LNG-Infrastruktur erst noch aufgebaut werden.
Die größten Potenziale für Elektromobilität werden bei
Pkw-ähnlichen leichten Nutzfahrzeugen sowie Fahrzeugen mit urbanen
Fahrprofilen - wie Kleintransportern, Nahverkehrs-Lkw aber auch bei
Stadtbussen - gesehen. Bei schweren Nutzfahrzeugen mit hohen
Fahrleistungen gibt es aktuell keine kommerziellen Ansätze, diese zu
elektrifizieren", sagt Dr. Jörg Adolf, Chefvolkswirt der Shell in
Deutschland.
PROGNOSEN BIS 2040
Über alle Nutzfahrzeugklassen legt die Zahl der jährlichen
Neuzulassungen von heute rund 290.000 auf 344.000 bis 2040 zu. Der
Nutzfahrzeugbestand in Deutschland wächst von 2014 bis 2040 um über
20 % von 2,9 auf nahezu 3,5 Mio. Fahrzeuge. Im Lkw-Bestand des
Trendszenarios bleiben alternative Antriebe eher die Ausnahme. Im
Alternativszenario kommt es in praktisch allen Fahrzeugklassen zu
einem deutlich veränderten Antriebsmix: rund ein Drittel der leichten
Nutzfahrzeuge fahren hier elektrisch, 45 % der schweren Lkw mit LNG
sowie ein Drittel der Busse elektrisch.
Die Fahrzeugfahrleistungen steigen für Lkw um 39 % oder von gut 83
Mrd. auf knapp 116 Mrd. Fahrzeugkilometer. Das höchste
Fahrleistungswachstum weisen Fernverkehrs-Lkw auf, darunter immer
mehr gebietsfremde Lkw sowie die immer zahlreicheren leichten
Nutzfahrzeuge.
Der Energiebedarf aller Nutzfahrzeuge steigt im Trendszenario von
heute 783 Petajoule (PJ) auf 853 PJ im Jahr 2030 und fällt danach im
Jahr 2040 auf 786 PJ zurück. Im Alternativszenario sinkt der
Energiebedarf kontinuierlich bis 2040 um 13% oder auf 682 PJ - trotz
steigender Fahrleistungen.
Schwere Lkw verbrauchen mit Abstand den meisten Kraftstoff - ihr
Anteil am Energiebedarf aller Nutzfahrzeuge legt von heute 79 % auf
83 % (Trend) bzw. 85 % (Alternativ) im Jahr 2040 zu.
Maßnahmen zur Reduktion des Energiebedarfs von Nutzfahrzeugen
stehen vor einem Dilemma: Fahrzeugsegmente, in denen neue
energiesparende Antriebstechniken eingeführt werden könnten,
absolvieren nur geringe Fahrleistungen bei geringen
Durchschnittsverbräuchen. Im Straßengüterfernverkehr mit hohen und
wachsenden Fahrzeugfahrleistungen erfüllen alternative Antriebe die
Anwenderanforderungen auf absehbare Zeit (noch) nicht.
Lkw und Busse verursachen heute etwa 5,6 % der
verbrennungsbedingten CO2-Emissionen in Deutschland. Die nationalen
Energie- und Klimaziele sehen von 1990 bis 2040 eine Re-duktion der
direkten Treibhausgasemissionen um 70 % vor. Tatsächlich werden die
1990er CO2-Emissionswerte im Trend- wie im Alternativszenario 2040
noch deutlich überschritten. Unterm Strich werden die CO2-Emissionen
von Lkw und Bussen 2040 etwa genauso hoch sein wie die
Pkw-Emissionen.
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