(ots) -
Flashback: Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hatte am 6. Oktober
2015 bekanntgegeben, dass das sogenannte Safe Harbor-Abkommen der
EU-Kommission über den Datenschutz in den USA ungültig ist, da die
persönlichen Daten europäischer Internetnutzer in den USA nicht
ausreichend vor dem Zugriff der Behörden geschützt seien. Um
rechtswidrige Datenübermittlungen auf Basis der nicht mehr wirksamen
Safe Harbor-Entscheidung abzustellen, sollten ab 1. Februar 2016
rechtliche Maßnahmen zur Durchsetzung des Urteils ergriffen werden.
Dies sollte insbesondere durch Untersagungsanordnungen erfolgen
beziehungsweise durch die Verhängung von Bußgeldern. Anfang Februar
folge die Rolle rückwärts der EU-Datenschützer in Form eines neuen
Abkommens mit den USA, das den transatlantischen Datenfluss schützen
soll. Der sogenannte "EU-US Privacy Shield" soll als
Nachfolgeregelung von Safe Harbor in Kraft treten. Die
Datenschutz-Aufsichtsbehörden auf europäischer Ebene (sogenannte
Artikel 29-Gruppe) halten Nachverhandlungen bei dem
Datenschutz-Nachfolge-Abkommen für erforderlich, begrüßen aber im
Kern den vorgelegten Verhandlungsentwurf zwischen den USA und der EU.
Eine erneute umfassende Prüfung des EU-US-Privacy Shields wolle man
spätestens mit In-Kraft-Treten der EU-Datenschutz-Grundverordnung
Mitte 2018 vornehmen.
Eine Hängepartie, gerade für werbungtreibende Unternehmen, findet
Dr. Jochen Schlosser, Senior Vice President Data beim
Ad-Tech-Anbieter Adform, und kommentiert die aktuelle Situation so:
"Wirft man einen Blick auf den aktuellen Stand der Diskussion zum
Privacy Shield, die Anpassung der EU-Datenschutz-Grundverordnung an
nationales Recht oder auch den generellen Umgang mit personenbezogene
Daten (PII), dann ist aktuell nur sicher, dass nichts sicher ist. Die
Meinungen der Rechtsexperten taumeln zwischen "Alles wird schlimm"
und "Alles wird gut". Hauptsächlich vermutlich, weil die Gesetze und
Verordnungen dazu neigen, herrlich unkonkret zu bleiben. Und weil das
so ist, werden am Ende Gerichte darüber entscheiden, was in der
Praxis erlaubt sein wird und was nicht, wahrscheinlich indem jemand
verklagt wird. Begriffe aus der digitalen Praxis wie Cookies, Tags,
Opt-In oder Log-In-Daten werden sicherlich keine Verwendung in der
Gesetzgebung finden. Wird es also in Zukunft einen klarer umrissenen
und in der EU einheitlichen Handlungsspielraum geben? Möglicherweise,
aber sicher nicht von jetzt auf gleich."
"Aktuell stellt sich die Situation so dar, dass die Artikel
29-Gruppe den Einsatz von EU-Standardverträgen weiter für zulässig
hält. Nun gut, dann brauchen wir uns also keine Gedanken machen?
Mitnichten! Denn eine umfassende Prüfung des EU-US-Privacy Shields
wolle man spätestens mit In-Kraft-Treten der
EU-Datenschutz-Grundverordnung Mitte 2018 vornehmen und die
Datenschutz-Behörden verweisen darauf, dass in Bezug auf etwaige
Datenverarbeitungsaktivitäten durch außereuropäische Geheimdienste
und ihre Bedeutung für die Zulässigkeit außereuropäischer
Datentransfers eine erneute Befassung des Europäischen Gerichtshofs
im Raum steht. Das Dilemma bleibt also! Und die Einzigen, die aktuell
davon zu profitieren scheinen, sind Rechtsberater. Und das noch eine
ganze Weile. Denn was heute gilt, kann in sechs Monaten schon wieder
über den Haufen geworfen worden sein, zumal in 2016 auch noch ein
Update der ePrivacy-Richtlinie ansteht.
"Die gesamte EU-Datenschutz-Gesetzgebung befindet sich gerade in
einem Umbruch. Und das Endresultat wird sich wahrscheinlich irgendwo
zwischen den Forderungen der Mahner aus der (nicht nur digtialen)
Wirtschaft und denen der Datenschützer und Politik einpendeln -
vermutlich in letzter Instanz erst vor Gericht. Und das dauert. Wir
sprechen hier über einen Zeitraum von zwei bis drei - ja, vielleicht
sogar fünf Jahren - bis wir wirklich Klarheit haben."
"Doch was bedeutet das für werbungtreibende Unternehmen? Füße
stillhalten und das Ganze aussitzen ist keine Option, denn dann ist
man entweder vom Markt verschwunden oder im schlimmsten Fall
derjenige, der für die Interpretationszwecke vor Gericht herhalten
muss. Auf der Anklagebank. Werber müssen versuchen auf der sicheren
Seite zu sein, nach bestem Wissen und Gewissen. Daher sollten sie in
der aktuellen Situation so viele Unsicherheiten wie möglich aus dem
Weg räumen und gleichzeitig versuchen, Datenschutzkonzepte auf die
zukünftige Rechtslage anzupassen. Das heißt, technische und
rechtliche Expertise aufbauen, in die eigene Datenhoheit investieren
oder Daten in der EU von EU-Anbietern speichern zu lassen und vor
allem mit solchen Partnern arbeiten, die schnell auf rechtliche
Entwicklungen reagieren und Compliance sicherstellen. Für viele
Händler, Werbetreibende und Marken bedeutet dies aber, zunächst
einmal für Transparenz zu sorgen und sich Gewissheit darüber zu
verschaffen, welche Daten wo gespeichert und verarbeitet werden und
wer an welcher Stelle in diesem Zusammenhang haftet. Denn am
aktuellen Schwebezustand wird sich auch in absehbarer Zeit nichts
ändern und nur aus der Transparenz über die eigene Situation, kann in
diesen Zeiten mit klarem Kopf agiert werden."
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