Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat sich, im Rahmen einer von in den Vorinstanzen unterlegenen Bank eingelegten Revision (Aktenzeichen: XI ZR 425/14), erneut mit den Pflichten von Banken in Zusammenhang mit der Empfehlung eigener Zinssatz-Swaps beschäftigt.
(firmenpresse) - Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat sich, im Rahmen einer von in den Vorinstanzen unterlegenen Bank eingelegten Revision (Aktenzeichen: XI ZR 425/14), erneut mit den Pflichten von Banken in Zusammenhang mit der Empfehlung eigener Zinssatz-Swaps beschäftigt.
Geklagt hatte die Gemeinde Hückeswagen aus Nordrhein-Westfalen, welche mit der Rechtsnachfolgerin (Erste Abwicklungsanstalt; EAA) der nunmehr abgewickelten WestLB mehrere Zinssatz-Swap-Verträge geschlossen hatte.
Bei allen drei streitgegenständlichen Zinssatz-Swap-Verträgen war der Marktwert bei Abschluss aus Sicht der Gemeinde in Höhe von mindestens rund 2,9% des jeweils zugrunde gelegten Bezugsbetrags negativ, worüber die Bank die Gemeinde in keinem der Fälle aufgeklärt hatte.
Die Gemeinde begehrt Schadensersatz aufgrund mangelhafter Beratungsleistung der Bank und unterlassener Aufklärung über den anfänglich negativen Marktwert
Die Gemeinde begehrte die Zahlung von Schadensersatz aufgrund nicht ordnungsgemäßer Beratung durch die Bank, da diese unter anderem nicht auf den von ihr einstrukturierten anfänglich negativen Marktwert aufgeklärt hatte. Dem hat das erstinstanzlich zuständige Landgericht teilweise, das OLG Köln als Berufungsgericht auf die Berufung der Gemeinde in Gänze (abgesehen von einem geringen Teil der Forderung) entsprochen. Die von der Bank eingelegte Berufung hat das Berufungsgericht zurückgewiesen.
Bundesgerichtshof bekräftigt die Aufklärungspflicht der Banken über den anfänglich negativen Marktwert und verweist zurück an das Oberlandesgericht
Dies hat nun auch der Bundesgerichtshof weitgehend bestätigt und der Gemeinde Recht gegeben, auch wenn der für Bankrecht zuständige XI. Zivilsenat die Sache an das OLG Köln zurückverwiesen hat. Der Bundesgerichtshof bemängelte Lücken in der Beweisaufnahme des OLG Köln, welche dieses nun schließen muss. Insoweit ist der Pressemitteilung des Bundesgerichtshofes vom 22. März 2016 - Nr. 60/16 zu entnehmen, dass das OLG Vorbringen der beklagten Bank nicht als unbeachtlich beiseitelassen durfte. Die Anwälte der EAA hatten vorgetragen, dass die für die Gemeinde verantwortlich Handelnden Personen Kenntnis von der Einpreisung einer Marge der Bank gehabt hätten und das dieser Umstand schlussendlich zum anfänglich negativen Marktwert der Geschäfte geführt habe. Lediglich die genaue Höhe sei der Gemeinde nicht bekannt gewesen, diese habe sie jedoch auch nicht interessiert. Diese Kenntnis ergebe sich, nach dem Vortrag der Bankanwälte, daraus, dass der Stadtkämmerer an einem Workshop zu Swapgeschäften teilgenommen hat, weswegen er über diesen Umstand positive Kenntnis gehabt haben müsse. Weiter sei es die Gemeinde gewesen, welche immer riskantere Geschäfte habe abschließen wollen, damit sie angefallene Verluste nicht zu realisieren hatte. Sollte aufseiten der klagenden Gemeinde tatsächlich positive Kenntnis über den anfänglich negativen Marktwert vorgelegen haben, wäre die Klage aus Sicht des Bundesgerichtshofes unbegründet.
BGH bestätigt bisherige Rechtsprechung zu Swap Geschäften
Insoweit hat der Bundesgerichthof seine bisher ergangene Rechtsprechung zu Swap Geschäften bestätigt und erneut deutlich gemacht, dass zwischen Bank und Kunde bei einer Beratung über ein Swap-Geschäft ein Kapitalanlageberatungsvertrag zustande kommt. Aufgrund dessen obliegt einer Bank die Pflicht, ihren Kunden anleger- und anlagegerecht zu beraten. Zudem muss die Bank gem. § 31 Abs.1 Nr. 2 WpHG, einen Interessenkonflikte vermeiden und unvermeidbare Interessenkonflikte gegenüber ihren Kunden offenlegen. Dazu gehört auch die Aufklärung über den anfänglich negativen Marktwert bei Swap- Geschäften, mithin, dass Swap-Geschäfte durch die Bank so strukturiert werden, dass diese einen finanziellen Vorteil, zu Lasten des Kunden erfährt.
Bundesgerichtshof stellt hohe Anforderungen an Konnexität und Vorteilsanrechnung
Erfreulich ist das der Bundesgerichtshof nunmehr auch die umstrittene Frage geklärt hat, wann ein Zinssatz-Swap-Vertrag konnex auf einen Darlehensvertrag bezogen ist, so dass die beratende Bank ausnahmsweise nicht auf einen, durch die Einstrukturierung eines anfänglich negativen Marktwertes entstehenden, schwerwiegenden Interessenkonflikt hinweisen muss. In diesem Punkt bestätigt der Bundesgerichtshof die von unserer Kanzlei und anderen Anlegeranwälten vertretene Auffassung, dass nur dann eine Konnexität vorliegen kann, wenn alle maßgeblichen Punkte der Verträge soweit übereinstimmen, dass - zumindest partiell - entweder ein variabel verzinsliches Darlehen in ein synthetisches Festzinsdarlehen oder ein Festzinsdarlehen in ein synthetisch variabel verzinsliches Darlehen umwandeln.
Konnexität:
Um konnex zu sein, muss ein Zinssatz-Swap-Vertrag daher mit der Bank geschlossen werden, die zugleich auch die Darlehensgeberin des Kunden ist. Des Weiteren muss der Bezugsbetrag des Zinssatz-Swap-Vertrags, der zur Rückzahlung ausstehenden Valuta eines bereits bestehenden oder zusammen mit dem Swap- Vertrag abgeschlossenen Darlehensvertrags entsprechen, bzw. darf er diesen nicht übersteigen. Auch muss die Laufzeit des Zinssatz-Swap-Vertrags bei einem variabel verzinslichen Darlehen der des Darlehensvertrags und bei einem festverzinslichen Darlehen der Laufzeit der Zinsbindung gleichstehen, bzw. darf diese nicht überschreiten. Die Zahlungspflichten der Bank müssen sich mit dem vom Kunden in dem zugeordneten. Auch muss die Bank jeweils zum gleichen Stichtag entweder den auf denselben Basiswert (beispielsweise einem Referenzzinssatz), bezogenen variablen Zinssatz des Kunden aus dem Darlehensvertrag im Tausch gegen einen festen Zins übernehmen oder dem Kunden den von ihm aus dem Darlehensvertrag geschuldeten Festzins gegen einen variablen Zins zahlen.
Vorteilsanrechnung:
Weiterhin hat der Bundesgerichtshof zur Frage einer Vorteilsanrechnung Stellung genommen und hierzu klargestellt, dass ein Vorteil anzurechnen sein kann, wenn der Kunde aufgrund des selben Beratungsfehlers der Bank, bei Nichtaufklärung über das Einpreisen eines anfänglich negativen Marktwertes, einen (neuen) Zinssatz-Swap-Vertrag abschließt und zugleich einen anderen ihm nachteiligen Swap-Vertrag ablöst. Der dann in Höhe des negativen Marktwertes des Altvertrages bestehende Vorteil des Kunden ist jedoch dann nicht anzurechnen, wenn schon der erste, abgelöste Swap- Vertrag aufgrund einer schuldhaften Pflichtverletzung - eines Beratungsfehlers der Bank - zustande kam. Unbeachtlich in diesem Zusammenhang ist insoweit ob Ansprüche aufgrund der Falschberatung in Zusammenhang mit dem Altvertrag bereits verjährt sind.
Zusammenfassung
Der Bundesgerichtshof hat die Rechte von Anlegern durch dieses Urteil erneut gestärkt. Durch die nunmehr höchstrichterlich gesetzten hohen Anforderungen an die Konnexität bei Zinssatz-Swap-Verträgen kann in vielen Fällen eine Beratungspflichtverletzung durch die Nichtbezifferung, des Swap- Geschäften immanenten, anfänglich negativen Marktwerte dargelegt werden. Auch hat der Bundesgerichthof den Versuchen der Banken, den anfänglich negativen Marktwert als lediglich nicht aufklärungspflichtige Marge darzustellen, eine Absage erteilt.
Was können betroffene Bankkunden jetzt tun?
Betroffene Bankkunden, die Zinssatz Swap Geschäfte getätigt haben, sollten sich umfassend durch einen auf Bank- und Kapitalmarktrecht spezialisierten Fachanwalt beraten und mögliche Ansprüche gegen die Bank prüfen lassen