(ots) - Grenzwert für das Dieselabgasgift Stickstoffdioxid
wird an allen Verkehrsmessstellen überschritten - Verwaltungsgericht
soll Berliner Senat dazu verurteilen, 'geeignete Maßnahmen' zum
kurzfristigen Einhalten der Luftqualitätsvorgaben der EU zu verfügen
- DUH fordert weitreichende Einfahrtverbote für Dieselfahrzeuge
Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) hat beim Verwaltungsgericht Berlin
gegen das Land Berlin Klage wegen fortgesetzter Ãœberschreitung der
NO2-Grenzwerte gemäß der 39. Bundes-Immissionsschutzverordnung
(BImSchV) eingereicht. Grund für die Klage ist die hohe Belastung der
Luft mit dem Schadstoff Stickstoffdioxid (NO2). Der seit 2010
geltende Grenzwert von 40 Mikrogramm/m3 NO2 im Jahresdurchschnitt
wird in der Hauptstadt nach wie vor an allen verkehrsnahen
Messstationen überschritten. Zuständig für die Luftreinhalteplanung
ist die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt. Nach
Auffassung der DUH sind die bisher ergriffenen Maßnahmen nicht
ausreichend, um die Gesundheit der Menschen zu schützen.
"Trotz mehrerer vorbildlicher Maßnahmen sind die derzeit geplanten
Luftreinhaltemaßnahmen unzureichend, da auch neue Euro 6 Diesel-Pkw
vom giftigen Stickstoffdioxid im Durchschnitt sieben Mal mehr
emittieren als erlaubt. Der Berliner Senat wagt es aber derzeit
nicht, sich mit der mächtigen Automobilindustrie anzulegen und
schmutzige Diesel-Pkw aus der Stadt auszusperren. Mit unserer Klage
wollen wir erreichen, dass der Berliner Senat endlich effektive und
kurzfristig wirkende Luftreinhaltemaßnahmen ergreifen muss", fordert
Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer der DUH.
Im Juni 2015 hat die EU-Kommission ein
Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland eingeleitet, das auch
die Stadt Berlin betrifft. Grund ist die andauernde Ãœberschreitung
der NO2-Grenzwerte. Die Bundesregierung hat der EU-Kommission
daraufhin mitgeteilt, dass mit einer Einhaltung der NO2-Grenzwerte
frühestens im Jahr 2020 zu rechnen sei. Nach Angaben der Europäischen
Umweltbehörde (EEA) gehen allein in Deutschland jährlich mehr als
10.000 vorzeitige Todesfälle auf die Belastung der Luft mit NO2
zurück.
Obwohl in der Vergangenheit bereits Luftreinhaltemaßnahmen
umgesetzt wurden, hat sich die NO2-Belastung in Berlin in den letzten
zehn Jahren kaum verändert. Vor allem im Verkehrssektor müssen
kurzfristig Maßnahmen ergriffen werden, damit die gesetzlich
vorgeschriebenen Luftqualitätswerte erreicht werden. Kurzfristig
möglich sind Verkehrsbeschränkungen und LKW-Durchfahrverbote an hoch
belasteten Orten, eine zeitliche Sperrung hoch belasteter Straßen
oder die Einführung einer City-Maut, die nach dem Schadstoffausstoß
der Fahrzeuge gestaffelt wird und somit gezielt Diesel-Fahrzeuge
trifft. Diese Maßnahmen können auch unabhängig von der für 2017
geplanten Einführung einer Blauen Plakette zur Kennzeichnung
emissionsarmer Fahrzeuge zum Einsatz kommen.
Die DUH fordert die Senatsverwaltung zudem dazu auf, die Nutzung
des Öffentlichen Nahverkehrs beispielsweise durch ein Bürgerticket
attraktiver zu gestalten sowie den Fuß- und Radverkehr deutlich
stärker zu fördern und dies mit einem konkreten Konzept zu
bekräftigen. Die Linienbusflotte muss schneller mit wirksamen
NO2-Katalysatoren nachgerüstet bzw. gegen emissionsarme Busse
ausgetauscht werden. Die DUH fordert zudem ein möglichst baldiges
Verbot von Diesel-Taxis. Zwar hat erfreulicherweise Berlin mit seiner
frühen Initiative "Tausend Umwelttaxis für Berlin" bereits heute den
größten Anteil an emissionsarmen Umwelttaxis. Eine Komplettumstellung
auf 100 Prozent Umwelttaxis, wie dies auch in London derzeit
stattfindet, wäre ein wichtiges Zeichen über die Bundeshauptstadt
hinaus.
In der Vergangenheit hat die DUH wiederholt die Umsetzung von
Luftreinhaltemaßnahmen juristisch erstritten. Sie klagt derzeit wegen
der schlechten Luft in neun deutschen Städten. In München und
Reutlingen hat die DUH Zwangsvollstreckungsmaßnahmen eingeleitet. Für
Limburg und Offenbach liegen bereits rechtskräftige Urteile vor.
"Jeder hat ein Recht auf saubere Luft. Das bestätigte der Europäische
Gerichtshof 2008. Auch die bisherigen Erfolge der DUH vor Gericht
bekräftigen dies. Die Senatsverwaltung muss jetzt anfangen, deutlich
effektiver zu handeln. Dabei gilt es auch zu berücksichtigen, dass
die durch NO2 verursachten Gesundheitsschäden vor allem diejenigen
treffen, die sich keine gute Wohnlage leisten können. Das
Umweltproblem ist gleichzeitig ein Sozialproblem, doch bislang stellt
sich der Senat dieser Verantwortung nicht", sagt Rechtsanwalt Peter
Kremer, der die DUH in dem Verfahren vertritt.
Links:
Hintergrundpapiere "Klagen für saubere Luft" und "Blaue Plakette":
http://l.duh.de/mxz39
Kontakt:
Jürgen Resch | Bundesgeschäftsführer
0171 3649170 | resch(at)duh.de
Peter Kremer | Rechtsanwalt
030 28876783 | rechtsanwalt(at)peter-kremer.de
DUH-Pressestelle:
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