(ots) - Anlässlich des heutigen Deutschland-Besuchs von
Präsident Ilcham Alijew fordert Reporter ohne Grenzen (ROG)
Aserbaidschan auf, alle inhaftierten Journalisten freizulassen.
Derzeit sitzen in der Kaukasus-Republik mindestens drei
professionelle Journalisten und vier Blogger wegen ihrer Tätigkeit im
Gefängnis. Die renommierte Investigativreporterin Khadija Ismajilowa
wurde Ende Mai zwar nach fast eineinhalb Jahren Haft auf Bewährung
freigelassen, aber nicht von allen Anschuldigungen freigesprochen.
Nach wie vor unterliegt sie Auflagen der Justiz und darf nicht ins
Ausland reisen.
"So sehr sich Aserbaidschan auch als modernes, weltoffenes Land
präsentieren will: Hinter der schönen Fassade unterdrückt das Regime
von Präsident Alijew jede kritische Regung", sagte
ROG-Geschäftsführer Christian Mihr. "Aserbaidschans inhaftierte
Journalisten und unterdrückte Medien können nur durch konstanten
internationalen Druck auf eine Besserung ihrer Lage hoffen."
BIS ZU ELF JAHRE HAFT WEGEN FRAGWÃœRDIGER ANSCHULDIGUNGEN
Zu den nach wie vor inhaftierten Journalisten gehört Sejmur Chasi,
ein Reporter der Oppositionszeitung Azadliq und Moderator der
kritischen Fernseh-Nachrichtensendung "Azerbaycan Saati", die vom
Ausland aus nach Aserbaidschan ausgestrahlt wird. Er wurde Ende
August 2014 verhaftet, nachdem er sich gegen einen tätlichen Angriff
eines Unbekannten verteidigt hatte. Im Januar 2015 wurde er zu fünf
Jahren Haft wegen "schweren Rowdytums" verurteilt
(http://t1p.de/288b).
Arschad Ibrahimow, der für die Nachrichtenportale Moderator.az und
Avropa.info aus der Stadt Ganja berichtet, wurde 2014 wegen
Erpressung zu elf Jahren Haft verurteilt. Zuvor hatte er in einem
Artikel den Leiter einer regionalen Bildungsbehörde illegaler
Umtriebe beschuldigt (http://t1p.de/0pbo).
Aras Gulijew, seinerzeit Chefredakteur der auf religiöse Themen
spezialisierten Nachrichtenwebsite Xeber44, wurde im September 2012
zunächst wegen "Rowdytums" verhaftet, später aber wegen illegalen
Waffenbesitzes, Störung der öffentlichen Ordnung und anderer Vergehen
zu acht Jahren Haft verurteilt (http://t1p.de/681l). Auslöser seiner
Verfolgung war womöglich Gulijews Berichterstattung über eine
Protestaktion gegen die knappe Kleidung von Tänzerinnen bei einem
Folklore-Festival (http://t1p.de/4wvi).
Mehrere weitere Medienschaffende sind wegen ähnlich dubioser
Anschuldigungen seit mehreren Jahren in Haft: der Blogger Abdul
Abilow seit November 2013, die Blogger Raschad Ramasanow und Schaig
Agajew seit Mai 2013 und Nijat Alijew, Chefredakteur der
Nachrichtenwebsite Azadxeber, seit Mai 2012 (http://t1p.de/y10e).
Mit besonderer Härte geht das Regime gegen Journalisten von
Azerbaycan Saati und dem in Berlin produzierten Exil-Fernsehsender
Meydan TV vor. Da ihre Leiter, Ganimat Sahid (Azerbaycan Saati,
http://t1p.de/sca0) und Emin Milli (Meydan TV) im Ausland sitzen und
für die Behörden nicht greifbar sind, verfolgen diese stattdessen
ihre Angehörigen in Aserbaidschan (http://t1p.de/3d02;
http://t1p.de/mtql). Mehrere sind wegen dubioser Vorwürfe verurteilt
worden, andere mussten sich unter Zwang öffentlich von ihren beim
Regime in Ungnade gefallenen Verwandten lossagen
(http://t1p.de/dkz3).
STRAFE FÃœR ISMAJILOWA REDUZIERT, ABER VERURTEILUNG NUR ZUM TEIL
AUFGEHOBEN
Khadija Ismajilowas ursprünglich siebeneinhalbjährige Haftstrafe
hatte Aserbaidschans Oberstes Gericht am 25. Mai auf dreieinhalb
Jahre reduziert und zur Bewährung ausgesetzt. Ismajilowa ist durch
ihre Recherchen über Vetternwirtschaft und Korruption der
Präsidentenfamilie international bekannt geworden.
Die Journalistin war am 5. Dezember 2014 in Baku verhaftet und im
vergangenen September zu siebeneinhalb Jahren Gefängnis verurteilt
worden. Als Vorwand für ihre Verfolgung dienten zunächst die - wenig
später zurückgenommenen - Anschuldigungen eines früheren Kollegen,
Ismajilowa habe ihn in einen Selbstmordversuch getrieben. Erst
nachträglich wurde sie wegen Untreue, illegalen Unternehmertums und
Steuerhinterziehung angeklagt. Die Vorwürfe betreffen die Zeit von
Juli 2008 bis Oktober 2010, als Ismajilowa das Büro von Radio Free
Europe/Radio Liberty in Baku leitete.
Das Oberste Gericht sprach die Journalistin von den Anklagepunkten
Untreue und Machtmissbrauch frei, bestätigte aber die Strafen für
illegales Unternehmertum und Steuerhinterziehung
(http://t1p.de/2rq6). Reporter ohne Grenzen unterstützt Ismajilowa
seit Jahren und hat sich unter anderem mit einer Online-Petition für
ihre Freilassung eingesetzt
(www.reporter-ohne-grenzen.de/ismajilowa).
Auf der jährlichen Rangliste der Pressefreiheit von Reporter ohne
Grenzen steht das Land auf Platz 163 von 180 Staaten. Weitere
Informationen über die Situation der Journalisten und Blogger in
Aserbaidschan finden Sie unter
www.reporter-ohne-grenzen.de/aserbaidschan.
Pressekontakt:
Reporter ohne Grenzen
Ulrike Gruska / Christoph Dreyer
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F: +49 (0)30 202 15 10-29