PresseKat - Ford GT40-Fahrer Chris Amon erinnert sich an seinen großen Le Mans-Sieg von 1966 (FOTO)

Ford GT40-Fahrer Chris Amon erinnert sich an seinen großen Le Mans-Sieg von 1966 (FOTO)

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(ots) -
1966 gewann Chris Amon das legendäre 24-Stunden-Rennen von Le
Mans. Im exklusiven Interview erinnert sich der Neuseeländer an das
schwierige Rennen im Ford GT40, Bruce McLarens legendäres "Go like
Hell" und seine Pechsträhne, die er heute gelassen sieht.

Chris, wer waren Deine größten Gegner beim Rennen in Le Mans 1966
- Ferrari oder die anderen Ford GT40?

CHRIS AMON: "Gemeinsam mit Bruce McLaren fuhr ich damals den GT40
mit der Startnummer 2. Uns beiden war klar, dass wir vor allem die
anderen Werksautos von Ford im Auge behalten mussten - im Jahr zuvor
war unser Ford GT40 viel schneller als die Ferrari, bis uns
technische Probleme stoppten. 1966 wussten wir zwar, dass Ferrari
nachgelegt hatte, doch auch wir hatten natürlich unsere Hausaufgaben
gemacht. Unser Auto glänzte nun mit deutlich höherer
Zuverlässigkeit."

Erzähl uns vom Start in Le Mans 1966.

AMON: "Bruce fuhr den ersten Stint. Die Strecke war feucht, darum
setzten wir auf Intermediate-Reifen von Firestone. Bei rund 350 km/h
auf der Mulsanne-Gerade stießen die Reifen an ihre Belastungsgrenze.
Nachdem ich das Auto von Bruce übernommen hatte, sprach er mit
Firestone. Sie erlaubten uns, auf Goodyear-Reifen zu wechseln, auf
denen bereits alle anderen GT40 fuhren. Bruce sagte mir, dass wir Gas
geben müssen - also machte ich das."

War das der Moment, als Bruce Dich mit dem berühmten Ausruf "Go
like hell!" auf die Strecke schickte?

AMON: "Ja, das war der Moment. Doch dahinter steckte weit mehr.
Ein Jahr zuvor fuhren wir beide die ersten 7,0-Liter-Autos in Le
Mans: Bruce startete damals mit Ken Miles und ich bildete ein Team
mit Phil Hill. Bereits vor dem Rennen warnten uns die Mechaniker:
Seid bloß vorsichtig mit dem neuen Getriebe, wir haben damit noch
keine Erfahrung. Am Ende rollten beide Autos mit Getriebeschaden aus.




Ford beauftragte das McLaren-Team damit, eine Leichtversion des Ford
GT40 für 1966 zu bauen. Ich fuhr Ende 1965 die ersten Tests in der
Can Am-Serie und bei anderen US-Rennen. Parallel setzten wir unser
Standard-Auto in Sebring und Daytona ein. Wir stießen erneut auf
technische Probleme.

Deshalb war ich nicht gänzlich von dem Auto überzeugt, als ich mit
Bruce bei den 24 Stunden von Daytona antrat. Wären wir konstant hart
am Limit gefahren, hätten wir wahrscheinlich nicht die Zielflagge
gesehen. Ich schlug Bruce vor, dass wir es etwas ruhiger angehen
lassen. Auch wenn wir zu Beginn des Rennens nicht mit den ersten Drei
mithalten, könnten wir am Ende des Tages vielleicht als einzige übrig
bleiben und den Sieg nach Hause fahren. Wir wurden Fünfter.

Nach diesem enttäuschenden Ergebnis sah unsere Strategie für Le
Mans natürlich anders aus. Wir wählten ein Tempo, mit dem wir stets
Kontakt zur Spitze halten können. Gegen Ende des Rennens wollten wir
dann attackieren. Nach den Reifenproblemen zu Beginn konnten wir
diesen Plan natürlich über Bord werfen: Wir hatten zu viel Zeit
verloren. Bruce und ich standen beide bei Firestone unter Vertrag.
Deshalb kostete es ihn nach seinem Stint große Anstrengung, die
Erlaubnis für unseren Wechsel zu Goodyear-Pneus durchzusetzen. Als
ich dann zum Reifenwechsel an die Box kam, war Bruce gewaltig
geladen. Er steckte seinen Kopf durch das Seitenfenster des GT40 und
brüllte ,Go like hell!'"

Was passierte beim Zieleinlauf?

AMON: "Eigentlich sollten alle führenden GT40 die Ziellinie
gemeinsam überqueren. Aber ein Kopf-an-Kopf-Rennen kannst Du nicht
wie eine Show aussehen lassen. Am Ende wussten wir zunächst nicht,
wer gewonnen hat."

Was war für Dich der härteste Teil des Rennens?

AMON: "Unsere Ford GT40 fuhren 160 km/h schneller als einige
andere Fahrzeuge auf der Strecke. Gerade in der Nacht, als es regnete
und Nebel in der Luft hing, konnten wir kaum etwas sehen und mussten
höllisch aufpassen. In der Dämmerung zu fahren war damals ohnehin
sehr heikel, weil die Lichttechnologie noch nicht so gut war. Hinzu
kam ein weiteres Problem: Die Rennwagen der damaligen Zeit verloren
reichlich Öl. Mit zunehmender Dauer und dem einsetzenden Regen wurde
es immer rutschiger. Hinzu kam, dass bei uns das Gas ein wenig hing -
darauf kannst Du in schnellen Kurven gerne verzichten."

Hast Du während der 24 Stunden überhaupt schlafen können?

AMON: "Nein, kein bisschen. Wir kamen alle anderthalb Stunden zum
Tanken an die Box und durften nicht länger als vier Stunden am Stück
fahren. Bruce konnte zu jederzeit und überall schlafen - ich leider
nicht. Sobald ich aus dem Auto stieg, schlüpfte ich aus dem
schweißnassen Rennoverall und nahm eine Dusche. In dem GT40 war es
wirklich sehr heiß. In der Nacht hatte ich auch eine sehr
interessante Unterhaltung mit Henry Ford II. und seiner Gattin
Cristina, daran erinnere ich mich noch."

Wie hast Du die Siegesfeier auf dem Podium erlebt?

AMON: "Ich war damals erst 22 Jahre alt und von der Situation
völlig überwältigt. Henry Ford II. stand mit auf dem Podium und ich
glaube, seine Frau auch. Ich kann mich jedoch kaum erinnern - es war
einfach ein großartiger Moment."

Was glaubst Du? Welches Rennen ist härter - Le Mans 1966 oder Le
Mans 2016?

AMON: "Das ist sehr schwierig zu sagen. Wir fuhren höhere
Geschwindigkeit und waren nicht so gut geschützt wie in den heutigen
Autos. Auch die Rennstrecke war viel gefährlich. Unsere Autos hatten
weder Servolenkung noch Schaltpaddels am Lenkrad für das Getriebe.
Das war körperlich eine ganz andere Herausforderung. Von den
zahlreichen Schaltvorgängen hatten wir gewaltige Blasen an den
Händen. Wir mussten auch mit den Bremsen ganz anders umgehen: Am Ende
der Hunaudières-Gerade waren sie kalt. Als wir dann von 350 km/h
runterbremsten, stieg die Hitze in Windeseile schnell an. Durch
diesen abrupten Temperaturunterschied drohten die Bremsscheiben zu
brechen. Zu meiner Zeit war Racing viel gefährlicher - doch das war
der Deal. Heute sind die Fahrer größeren G-Kräften ausgesetzt. Zudem
müssen sie weitaus mehr Einstellungen im Auto berücksichtigen und
technische Entscheidungen treffen. Am Ende des Tages sind
Langstreckenrennen der ultimative Test für Mensch und Maschine. Daran
hat sich in den vergangenen 50 Jahren kein Stück geändert."

War der Sieg in Le Mans Dein Karriere-Highlight?

AMON: "Zu der Zeit interessierte ich mich eher für meine Formel
1-Laufbahn, aber die stand unter keinem guten Stern: Ich habe viele
Rennen durch Pech nicht gewonnen, die ich hätte gewinnen können. Doch
Tatsache ist, dass viele meiner Grand Prix-Fahrerkollegen ums Leben
gekommen sind - von daher bin ich sehr glücklich, heute hier zu sein.
Zweifellos zählt der Sieg mit Ford in Le Mans zu den besonderen
Momenten meiner Karriere."

Was würde ein Sieg von Ford in Le Mans 2016 für Dich bedeuten?

AMON: "Ich würde mich für Ford riesig freuen und ich wäre sehr
ergriffen, wenn ich miterleben dürfte, dass sich diese Geschichte
wiederholt. Ich wünsche dem Team nur das Beste."

Chris Amon erblickte am 20. Juli 1943 in Bulls (Neuseeland) das
Licht der Welt. In den 1960er und 1970er Jahren startete er bei 96
Formel 1-Rennen. Obwohl er als einer der besten Fahrer galt, konnte
er keinen Grand Prix gewinnen. Heute lebt er auf der nördlichen Insel
seiner Heimat Neuseeland in der Stadt Taupo.

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Datum: 10.06.2016 - 07:21 Uhr
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