(ots) - Es ist einfach, den französischen Organisatoren der
Fußball-EM Vorwürfe zu machen. Natürlich war vorherzusehen, dass es
in Marseille beim Spiel England - Russland krachen würde.
Und dass es bei dieser Begegnung Probleme mit Hooligans geben würde.
Die Behörden hatten zwar besonders viele Polizeikräfte rund um das
Stadion und in der Innenstadt postiert. Doch es war ebenso abzusehen,
dass das nicht reichen würde, wenn gegnerische Gruppen entschlossen
waren, den Austragungsort Marseille in ein Schlachtfeld zu
verwandeln. Das haben sie nun auch in drastischer und brutaler Weise
demonstriert.​
Vielleicht hat man in Frankreich die Wirksamkeit der
internationalen Präventionsarbeit gegen Hooligangewalt überschätzt.
Auch über die polizeiliche Eingreiftaktik lässt sich diskutieren.
Hingegen ist es wirklich zu billig, die ganze Schuld an der Gewalt
dem Alkohol in die Schuhe zu schieben. Vom Verkaufsverbot
alkoholischer Getränke an den Spieltagen darf man darum sicher keine
Wunder erwarten. Genauso naiv wäre es, zu meinen, dass sich diese
Schlägergruppen, die mit Fußball wenig bis nichts am Hut haben,
sondern speziell für Fights mit ihren Erzfeinden anreisen, von der
Uefa-Drohung mit Disqualifikation der jeweiligen Mannschaften
beeindrucken lassen.​
Braucht es in Paris also noch mehr Ordnungskräfte, noch mehr
Kontrollen? Nein. In Frankreich ist die Freiheit und damit auch der
Spaß am Sport bereits eingeschränkt genug durch die herrschenden
Notstandsgesetze. Niemand hat Lust, als Zuschauer einem Polizeistaat
als Alibi seiner Sicherheitspolitik zu dienen. Um Spaß und Sicherheit
gleichermaßen zu gewährleisten, hilft nur eins: Wenn den Hooligans
nicht anders beizukommen ist, dann wäre es gescheiter, die Spiele
abseits und ohne Publikum zu organisieren. Wenigstens kann so niemand
den Zuschauern, die den Fußball gefahrlos am Bildschirm verfolgen,
verbieten, dazu Bier zu trinken.​
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