(ots) - Die Spitzenorganisationen der deutschen
Sozialversicherung sind besorgt über Bestrebungen auf europäischer
Ebene, Gesundheitsdienstleistungen zu normen. Medizinische
Behandlungsleistungen, Leistungen in der Pflege und Rehabilitation
müssten dann unter Umständen nach einem europäischen Standard
erbracht werden. Daher appellieren die Deutsche Gesetzliche
Unfallversicherung (DGUV), die Deutsche Rentenversicherung Bund (DRV
Bund) und der GKV-Spitzenverband an Bundesgesundheitsminister Hermann
Gröhe, eine Initiative der polnischen Regierung gegen die aktuellen
Normungsaktivitäten auf europäischer Ebene zu unterstützen. Die
polnische Initiative steht auf der Tagesordnung für die Sitzung des
Rats der Minister für Beschäftigung, Sozialpolitik und Gesundheit am
17. Juni 2016.
Eine Standardisierung von Gesundheitsdienstleistungen ist nach
Meinung der Spitzenorganisationen der Sozialversicherung nicht
geeignet, mehr Patientensicherheit und Zugang zu einer hochwertigen
Versorgung zu erreichen. Sie könnte sogar das Gegenteil bewirken. Als
Beispiel verweisen die Spitzenverbände der drei Sozialversicherungen
auf die Qualitätssicherung in der Pflege oder bei der medizinischen
Versorgung und Rehabilitation. In diesen Bereichen gibt es in
Deutschland etablierte Verfahren der Selbstverwaltung, die auf die
spezifischen Bedingungen der nationalen Versorgungssituation
ausgerichtet sind. Durch eine europäische Normung könnten parallele
oder gar konkurrierende Strukturen entstehen. Da sich die
Gesundheits- und Sozialsysteme der EU-Mitgliedsstaaten erheblich
unterscheiden, ist zu befürchten, dass eine gemeinsame Norm nur als
Minimalkonsens erreicht werden kann. Es besteht die Gefahr, dass
Qualitäts- und Sicherheitsniveaus abgesenkt würden. Leidtragende
wären die Versicherten. Hinzu kommt, dass die europäischen Verträge
den Gesundheits- und Sozialbereich ausdrücklich den Mitgliedsstaaten
zuweisen.
Normen beschreiben technische und qualitätsbezogene Anforderungen
an Produkte und Dienstleistungen. Sie haben Empfehlungscharakter.
Ihre Anwendung kann jedoch verbindlich vorgeschrieben sein, wenn
rechtliche Vorgaben oder Verträge das festlegen. Bislang beschränkt
sich die Normung im Gesundheitswesen auf Medizinprodukte, die
Produktsicherheit, persönliche Schutzausrüstungen und
Kommunikationsprotokolle bei elektronischen
Gesundheitsdienstleistungen (e-health). Seit 2012 hat die Europäische
Kommission jedoch die Möglichkeit, auch die Normung von
Dienstleistungen in Auftrag zu geben. Seit kurzem gibt es
entsprechende Aktivitäten des Europäischen Normungsinstituts (CEN),
das sich bereits mit konkreten Normungsinitiativen befasst.
Quellen:
- Information der polnischen Delegation beim Rat der Europäischen
Union 9487/16: http://ots.de/ilSPn
- Stellungnahme der Deutschen Sozialversicherung zur Normung von
Gesundheitsdienstleistungen: http://ots.de/Q9j24
Pressekontakte:
Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung
Stefan Boltz
Tel.: 030 288763768
E-Mail: presse(at)dguv.de
GKV-Spitzenverband
Ann Marini
Tel: 030 206288-4210
E-Mail: presse(at)gkv-spitzenverband.de
Deutsche Rentenversicherung Bund
Dr. Dirk von der Heide
Tel: 030 865-89178
E-Mail: dirk.heide(at)drv-bund.de