(ots) - Vom Sieg zur Niederlage
taz-kommentar von Karim El-Gawhary zur Eroberung Falludschas
Wieder wurde den Dschihadisten des sogenannten Islamischen Staats
ein wichtiges Stück ihres "Kalifats" abgetrotzt. Die irakische Armee
feiert mit der Einnahme der Stadt Falludscha einen militärischen
Sieg, der auch einen Testfall darstellt, für Größeres, das nun
bevorsteht: die Eroberung der irakischen Millionenstadt Mossul.
Ob dieser Testfall erfolgreich ist, macht sich an vielmehr fest
als der physischen Eroberung Falludschas. Die Frage ist, zu welchem
Preis. Das offensichtlichste Problem dabei ist der Grad der
Zerstörung der Stadt. Eine Stadt, die in Schutt und Asche liegt ist
ein hoher Preis für jene, die dort wieder ihr Leben aufbauen müssen.
Noch teurer könnte der Zentralregierung in Bagdad aber der
politische Preis zu stehen bekommen. In den letzten Wochen mehrten
sich die Berichte, wie sehr die von Schiiten dominierten Milizen
gewütet haben sollen, die um Falludscha herum, der regulären
irakischen Armee im Kampf gegen den IS zur Seite standen.
Internationale Menschenrechtsorganisationen wie Human Rights Watch
stuften diese Berichte von Massenexekutionen, Schlägen und Folter
gegenüber unbewaffneten, vor allem männlichen sunnitischen
Einwohnern, als glaubwürdig ein. Viele von ihnen sollen an unbekannte
Orte gebracht worden sein und sind seitdem verschwunden.
Bewahrheitet sich diese Befürchtung, dann werden die sunnitischen
Einwohner in dem Teil des Irak, der noch von dem IS kontrolliert
wird, die vorrückende irakische Armee und die sie begleitenden
schiitischen Milizen wohl kaum als Befreier ansehen. Die
Horrorgeschichten vom Leben unter der IS-Herrschaft könnten sich dann
schnell mit denen der Gräueltaten der Eroberer vermischen.
Schlimmstenfalls kann sich der IS dann als die sunnitischen
Schutzmacht präsentieren. Ist das der Fall, dann kann sich der
jetzige militärische Sieg für die Regierung in Bagdad ganz schnell in
eine politische Niederlage umwandeln.
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