(ots) -
Aktuelles Ranking unter Europas Privatbankkunden zeigt einen
leichten Aufschwung nach der Finanzkrise. Sorgen bereitet immer noch
die Kostensituation: vor allem in Deutschland und Österreich.
"Die Situation der europäischen Banken für Privatkunden entspannt
sich langsam, wenngleich die meisten Institute, besonders die
deutschen, ihre Ausgaben nicht in den Griff bekommen haben" fasst
Andreas Pratz, Leiter des A.T. Kearney Beratungsbereiches Financial
Services in Deutschland, Österreich und der Schweiz die Ergebnisse
des aktuellen "Retail Banking Radar" zusammen: Mit einem leichten
Ertragswachstum, kombiniert mit rückläufiger Risikovorsorge, konnten
europäische Institute insgesamt ihre Gewinne steigern, hätten es aber
nicht geschafft, ihre Kosten zu reduzieren. Besonders dramatisch, so
Pratz: Deutschlands Banken hätten vor Österreich die
zweitschlechteste Cost-Income Ratio - diese Kennziffer bemisst das
Verhältnis zwischen Aufwand und Ertrag und gibt Auskunft über die
Effizienz eines Instituts.
Der seit 2007 jährlich erscheinende Retail Banking Radar der
Mangementberatung untersucht die Performance europäischer
Retailbanken und erlaubt damit einen umfassenden und einzigartigen
Einblick in die Stärken und Schwächen der Privatkundenbanken und
zeigt, wo sich deutsche Institute im europäischen Wettbewerb
befinden. Für die aktuelle Studie wurden die Daten von fast 100
Privatkundenbanken und Bankengruppen in 22 europäischen Ländern
hinsichtlich der Kriterien Ertrag pro Kunde und Mitarbeiter, Gewinn
pro Kunde, Cost-Income-Ratio und Kreditrisikovorsorgequote
untersucht. Zum ersten Mal wurden in der Studie auch Champions unter
den europäischen Privatkundenbanken identifiziert: jene Institute,
die sich besonders deutlich bei Kosten, Ertrag und Digitalisierung
vom Wettbewerb absetzen.
Das Privatkundensegment ist seit der Finanzkrise, so die
diesjährigen Ergebnisse, weiterhin stark unter Druck, befindet sich
nun aber nachweisbar auf dem Weg der Erholung. Zwar stagniert wegen
der historisch niedrigen Zinsen der durchschnittliche jährliche
Ertrag pro Kunde (666 Euro) - doch konnte dies durch weitere
Senkungen der Risikovorsorge (um 32 Prozent) ausgeglichen werden, so
dass ein deutliches Gewinnwachstum je Kunde zu verzeichnen ist (18
Prozent). Keine Verbesserung dagegen ist bei der Kostensituation zu
vermerken, die sich sogar leicht verschlechtert (61 Prozent
Cost-Income-Ratio).
Die Studie zeigt starke Unterschiede zwischen den Regionen: Die
skandinavischen Länder und die Schweiz verteidigen ihre
Spitzenposition beim Ertrag pro Kunde - nicht nur dank ihrer stabilen
Wirtschaft, sondern auch, weil sie die ausgeprägte digitale Affinität
ihrer Kunden für sich zu nutzen wissen. Die südeuropäischen Banken
haben kraft drastischer Kostenkürzungen, Abbau von Filialen und
Digitalisierung von Geschäftsprozessen den Sprung zurück in die
Gewinnzone geschafft. Die osteuropäischen Privatkundenbanken kämpfen
dagegen weiterhin mit Risikovorsorge-Ausgaben auf hohem Niveau. In
Westeuropa hat z. B. ein kleines Land wie die Niederlande,
Deutschland und Frankreich überholt. Grund dafür ist die positive
Ertragsentwicklung, deutlich gestiegener Ertrag je Mitarbeiter und
verbesserter Cost-Income-Ratio. Österreich und Deutschland schneiden
bei der Effizienz-Kennziffer Cost-Income-Ratio wiederum am
schlechtesten ab.
Das Ergebnis der deutschen Retailbanken ist durchaus gemischt:
Während die Ertragsentwicklung leicht positiv ist und die Risiken im
europäischen Vergleich am stärksten minimiert haben, konnten sie beim
Thema Effizienz keinen Fortschritt erzielen - mit der Konsequenz
sinkender Gewinne (-3 Prozent).
Gleichzeitig sind zwei deutsche Direktbanken unter den
Ertrags-Champions vertreten: Die ING-DiBa und die Deutsche Kreditbank
konnten, wie auch die polnische mBank und die britische Nationwide,
durchgängig im zweistelligen Bereich von 2010 bis 2015 wachsen. Diese
Spitzenreiter haben sich in ihren Angeboten und Prozessen konsequent
auf den Kundenbedarf konzentriert und sind Pioniere beim sogenannten
"frictionless Banking": Sie bieten nicht nur neue Services, sondern
auch eklatant vereinfachte Abläufe z. B. für Kontoeröffnung oder
Kreditantrag. Die ING in den Niederlanden oder die
Commerzbank-Tochter mBank beweisen überdurchschnittliche Leistung bei
der Digitalisierung. Keine deutsche Filialbank kann den Status
Kosten-Champion für sich beanspruchen. Die italienische Intesa
Sanpaolo, die schwedische Nordea und die spanische Bankia zeigen sich
vorbildlich mit Kostenreduktion zwischen 11 und 43 Prozent gegenüber
2010, die durch Filialbereinigung und Vereinfachung der gesamten
Organisation erreicht wurde.
"Die deutschen Banken drohen im europäischen Wettbewerb
zurückzufallen", kommentiert Pratz, Co-Autor und Initiator der
Studienreihe, das Abschneiden heimischer Institute: Der Abstand bei
Effizienz vergrößere sich weiter, während Champions bei Wachstum,
Kosten und digitaler Transformation die Geschwindigkeit erhöhten.
"Wenn die Deutschen den europäischen Anschluss nicht verpassen
wollen, müssen sie ihre Cost-Income-Ratio um 10 Prozentpunkte
verbessern - das entspricht pro Kunde ca. 50 Euro mehr Ertrag oder
weniger Kosten." Pratz schätzt, dass sich die Optimierung der
Effizienz gleichermaßen aus Kostenreduktion wie auch aus
Umsatzsteigerung schöpfen muss: "Neben Abbau der Filialen,
Digitalisierung des Vertriebs und des Betriebs und Ausbau von
frictionless banking werden die deutschen Institute auch ihre
Preispolitik überdenken müssen: Gratiskonten sind ein Auslaufmodell."
Mehr Informationen finden Sie zum Retail Banking Radar 2016 finden
Sie hier:
https://www.atkearney.de/financial-institutions/retail-banking-radar
Ãœber A.T. Kearney
A.T. Kearney zählt zu den weltweit führenden
Unternehmensberatungen für das Top-Management und berät sowohl global
tätige Konzerne als auch führende mittelständische Unternehmen und
öffentliche Institutionen. Mit strategischer Weitsicht und operativer
Umsetzungsstärke unterstützt das Beratungsunternehmen seine Klienten
bei der Transformation ihres Geschäftes und ihrer Organisation. Im
Mittelpunkt stehen dabei die Themen Wachstum und Innovation,
Technologie und Nachhaltigkeit sowie die Optimierung der
Unternehmensperformance durch das Management von Komplexität in
globalen Produktions- und Lieferketten. A.T. Kearney wurde 1926 in
Chicago gegründet. 1964 eröffnete in Düsseldorf das erste Büro
außerhalb der USA. Heute beschäftigt A.T. Kearney rund 3.500
Mitarbeiter in über 40 Ländern der Welt. Seit 2010 berät das
Unternehmen Klienten klimaneutral.
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