(ots) - Das Deutsche Institut für Menschenrechte
veröffentlicht anlässlich des Weltflüchtlingstags am 20. Juni eine
Stellungnahme, die die Umsetzung der EU-Türkei Vereinbarung
menschenrechtlich bewertet. Dazu erklärt das Institut:
"Die EU-Türkei-Vereinbarung sieht vor, dass alle Menschen, die in
der EU Schutz suchen und auf den griechischen Inseln erstmals das
Territorium der EU betreten, wieder in die Türkei abgeschoben werden.
Um dies umzusetzen, werden die schutzsuchenden Männer, Frauen und
Kinder, die in der Regel große Strapazen, Verletzungen und Verluste
hinter sich haben, direkt nach ihrer Ankunft in so genannten 'Hot
Spots' inhaftiert. Dies widerspricht dem strengen
Verhältnismäßigkeitsprinzip beim Menschenrecht auf Freiheit - denn
die Schutzsuchenden haben kein Verbrechen begangen, sondern nehmen
nur ihr Menschenrecht auf Asyl wahr.
Die Situation in den 'Hot-Spots' wird durch Ãœberbelegung,
mangelhafte Nahrungsversorgung und fehlenden Schutz für Kinder,
allein reisende Frauen und andere verletzliche Gruppen zusätzlich
verschärft. Diese Zustände führten bereits dazu, dass sich
Hilfsorganisationen aus Protest aus den 'Hot Spots' zurückgezogen
haben. Zugleich sind Abschiebungen aus Griechenland in die Türkei aus
menschen- und flüchtlingsrechtlicher Sicht nicht haltbar.
Der eingeschlagene Kurs der EU führt damit in eine Sackgasse,
zudem wird die Glaubwürdigkeit im Bereich der Menschenrechte
verspielt. Stattdessen ist eine Politik erforderlich, die durch das
Prinzip der Solidarität unter den Mitgliedstaaten geprägt ist. Auch
wenn einige Mitgliedstaaten derzeit nicht in angemessenem Umfang zur
Aufnahme Schutz suchender Menschen bereit sind, bleibt die
menschenrechtliche Verantwortung jedes einzelnen Mitgliedstaates. Die
unmittelbaren Handlungsmöglichkeiten Deutschlands sind vielfältig. So
könnte Deutschland etwa zügig Visa an Menschen erteilen, die in
Griechenland festsitzen und bereits Verwandte in Deutschland haben.
Die Vereinbarung mit der Türkei enthält allerdings auch andere,
wichtige Elemente wie die finanzielle Unterstützung für die Aufnahme
von Flüchtlingen in der Türkei und die Aufnahme von Schutzsuchenden
aus der Türkei in die EU. Diese Ansätze sollten gestärkt werden. Die
EU und ihre Mitgliedstaaten sollten sich auf konstruktive
Lösungsansätze konzentrieren, die mit den Menschenrechten und
internationalem Flüchtlingsrecht vereinbar sind."
Stellungnahme: Die EU-Türkei-Vereinbarung vom 18.03.2016:
Umsetzung und Konsequenzen aus menschen- und flüchtlingsrechtlicher
Perspektive (20.06.2016) http://ots.de/Ho5Kc
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