(ots) - taz-Kommentar von Stefan Reinecke zu rot-rot-grünen
Eventualitäten
Gabriels Gespensterdebatte
Es sieht nicht gut aus für die SPD. Sie hat für 2017
wahrscheinlich keine andere Chance, an der Regierung zu bleiben, denn
als Juniorpartner der Union. Das ist kein Ziel, für das die Basis
brennt. Wahlkampf als Juniorpartner ist immer undankbar: Die SPD darf
ja auf keinen Fall wie Merkels Schatten wirken, kann aber auch
schlecht verdammen, wofür sie selbst verantwortlich ist.
All das kann 2017, über die normale Trostlosigkeit hinaus, Partei
und Klientel demobilisieren. Es ist daher zwingend, dass Sigmar
Gabriel nach Auswegen sucht. Wohl deswegen hat er einen Text für den
Spiegel geschrieben, den man vielleicht so verstehen könnte, dass
Gabriel Rot-Rot-Grün eventuell ins Auge fassen würde. Das ganze Elend
der SPD steckt in den Konjunktiven des letzten Satzes.
Rot-Rot-Grün ist eine Seifenblase, schillernd und flüchtig. In der
SPD-Zentrale muss man ein Interesse daran haben, sich Rot-Rot-Grün so
unverbindlich wie möglich offenzuhalten: immer drüber reden, nie
ernsthaft dran denken. Ähnlich sieht es bei der Linkspartei aus, die
mit der wolkigen Aussicht auf eine Regierungsbeteiligung Wähler bei
der Stange zu halten versucht, die lieber mal praktische Politik
sehen würden, als die immer gleichen Oppositionsreden zu hören. Für
die Grünen ist es nützlich, neben Schwarz-Grün zumindest dem Anschein
nach über eine zweite Möglichkeit zu verfügen, um jene Wähler nicht
zu verlieren, die eine Koalition mit Merkel nicht begeistert.
Rot-Rot-Grün-Debatten sind taktische Kulissenschieberei. Es sind
Spiele mit den Erwartungen des Publikums, ohne Ernst und Substanz.
Falls sich Gabriel zu einem rot-rot-grünen Präsidentschaftskandidaten
durchringt, wäre das ein Signal ohne Anführungszeichen.
Danach lohnt es, sich Gedanken zu machen, ob es von Hartz IV bis
zur Russlandpolitik genug Gemeinsames gibt. Vorher wäre es
erfreulich, von weiterem taktischem Wortgeklingel verschont zu
bleiben.
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