(ots) - McKinsey Global Institute: Deutsche
Wirtschaft nutzt nur 10 Prozent ihres digitalen Potenzials - Bis 2025
ein Prozent mehr Wachstum jährlich möglich - Heute 5,4 Prozent des
deutschen BIP durch Digitalwirtschaft
Deutschland schöpft den wirtschaftlichen Nutzen der
Digitalisierung bei weitem nicht aus: Aktuell nutzt das Land nur 10
Prozent seines digitalen Potenzials - und damit weitaus weniger als
der EU-Durchschnitt (12 Prozent) oder Länder wie Großbritannien (17
Prozent), die Niederlande und Schweden (je 15 Prozent) oder die
weltweit führenden USA (18 Prozent). "Wenn Deutschland sein digitales
Potenzial optimal nutzen würde, könnte das Bruttoinlandsprodukt bis
2025 um einen Prozentpunkt jährlich zusätzlich wachsen - das sind
umgerechnet insgesamt rund 500 Milliarden Euro", stellt
McKinsey-Seniorpartner Karel Dörner fest. Für ganz Europa ergebe sich
ein zusätzliches Potenzial von 2,5 Billionen Euro. Dies sind die
zentralen Ergebnisse der Studie "Digital Europe", die das McKinsey
Global Institute (MGI) vergangene Woche in Paris vorgestellt hat. Der
volkswirtschaftliche Think Tank der Unternehmensberatung hat dafür
erstmals einen "Industry Digitisation Index" erstellt, der alle
relevanten Branchen berücksichtigt und einen Digitalisierungsgrad für
jedes Land berechnet.
Die Digitalwirtschaft macht der Studie zufolge mittlerweile 5,4
Prozent der deutschen Gesamtwirtschaft aus. Damit liegt Deutschland
leicht über dem EU-Durchschnitt von 5,0 Prozent. Überdurchschnittlich
ist auch die Zahl der Internetnutzer: Rund 85 Prozent der 16- bis
74-jährigen Deutschen surfen regelmäßig im Internet, im
EU-Durchschnitt sind es 75 Prozent. Beim Thema Netzabdeckung ist
Deutschland allerdings Schlusslicht in Europa: Schnelle mobile
Datenverbindungen (3G) gibt es nur für 92 Prozent der Haushalte. Der
EU-Durchschnitt liegt bei 98 Prozent.
Am stärksten digitalisiert sind in allen EU-Ländern die
Informations- und Telekommunikationsbranche sowie Medien und
Finanzdienstleistungen. Zurück liegen vor allem kapitalintensive
Branchen wie die Fertigungsindustrie, überwiegend staatliche Sektoren
wie Gesundheits- und Bildungswesen sowie fragmentierte und lokale
Branchen wie Bauwirtschaft und Hotelgewerbe. Dies gilt auch für
Deutschland - allerdings auf einem im EU-Vergleich in vielen Branchen
niedrigeren Niveau: Vor allem im Dienstleistungs-, Transport- und
Logistikbereich schneidet Deutschland unterdurchschnittlich ab. "Der
Digitalisierungsgrad der deutschen Industrie ist aktuell sehr viel
geringer, als man es erwarten würde", stellt McKinsey-Berater Dörner
fest. Ein Grund dafür sei, dass die meisten Investitionen in
Industrie 4.0 hierzulande erst in den vergangenen zwei bis drei
Jahren erfolgt sind.
In Summe ist Europa der Studie zufolge mehr Konsument als
Produzent von digitalen Dienstleistungen wie z.B. Software oder
Onlineplattformen: Das Handelsbilanzdefizit gegenüber den USA liegt
bei 5,6 Prozent des gesamten Dienstleistungsverkehrs. Hier schneidet
Deutschland mit 4,2 Prozent besser ab. Innerhalb der EU ist
Deutschland mit einem Bilanzplus von 1,0 Prozent Nettoexporteur von
digitalen Dienstleistungen.
Besonderen Nachholbedarf für Europa belegt die MGI-Studie beim
Blick auf die Gründerszene. "Natürlich gibt es auch in Europa
erfolgreiche Start-ups oder etablierte Unternehmen, die sich
erfolgreich digitalisiert haben", so Dörner. Doch führende
Digitalstandorte wie Berlin, London, Paris und Stockholm hätten noch
nicht zu den amerikanischen Pendants wie San Francisco oder New York
aufgeschlossen. Von den 20 nach Marktkapitalisierung größten
Internetunternehmen kam 2015 keines aus Europa. Unter den "Unicorns"
- Start-ups mit einer Bewertung über 1 Milliarde Dollar - stammen
lediglich fünf aus Europa. Dörner: "Wir sehen allerdings, dass Europa
bei den Zukunftsthemen 'Internet der Dinge' und 'Big Data' aufholt.
Diese Technologien werden für unsere industriebasierte
Volkswirtschaft entscheidend sein."
Voraussetzung dafür, die Digitalisierung in Europa zu
beschleunigen, sind der MGI-Studie zufolge mehrere Faktoren:
- Unternehmen sollten kontinuierlich im Blick haben, welche
Digitalisierungsmöglichkeiten es für ihr Geschäftsmodell gibt,
gezielt priorisieren und Prozesse anpassen. Gleichzeitig sollten
Firmen digitale Werkzeuge nutzen, um ihre internen Prozesse und
ihre Kommunikation mit den Kunden zu verbessern.
- Behörden und Regierungen können den Übergang zur digitalen
Ökonomie unterstützen, indem sie den entsprechenden
regulatorischen Rahmen schaffen (z.B. den digitalen Binnenmarkt
für Europa), die Möglichkeiten des E-Government stärker nutzen
sowie Bildungsinitiativen für digitale Kompetenzen auflegen -
über alle Schul- und Ausbildungswege hinweg.
- Bürger und Arbeitnehmer sollten sich auf eine neue,
technologiebasierte Arbeitswelt einstellen, sich durch
entsprechende Weiterbildungen qualifizieren und die
Möglichkeiten zu flexiblerer und selbstständiger Arbeit nutzen.
Auch als Konsumenten sollten sie alle Vorteile des Internets zur
Information, Vernetzung und zum Austausch gezielter nutzen.
Die vollständige Studie finden Sie zum Download unter:
www.mck.de/digitaleurope
Methodik
Die Ergebnisse basieren auf dem neuen MGI Industry Digitization
Index. Er umfasst 21 Einzelindikatoren, die die Digitalisierung von
Unternehmen abbilden: Digitale Assets (u.a. Investitionen in Hard-
und Software), Digitale Nutzung (u.a. Anteil E-Commerce, Nutzung von
Social Media und Advanced Analytics) sowie Digitale Arbeit (u.a.
Anteil von IT-Jobs).
Hintergrund
Das McKinsey Global Institute (MGI) erstellt als
Forschungseinrichtung von McKinsey & Company regelmäßig Studien zu
ökonomischen Fragen und Trends. Gegründet wurde der Think Tank 1990
in Washington D.C.
Pressekontakt:
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Martin Hattrup, Telefon 0211 136-4516,
E-Mail: martin_hattrup(at)mckinsey.com
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