(ots) - Neues Sexualstrafrecht: Auch Polizei warnt vor
Problemen in der Praxis
BDK-Chef Schulz sieht Gesetzgebung als "Politikum"
Osnabrück. Richter, Anwälte, Polizei: Einen Tag nach dem Beschluss
eines neuen Sexualstrafrechts mehrt sich die Kritik aus der Praxis.
In einem Gespräch mit der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (Samstag) sagte
André Schulz, Vorsitzender des Bundes Deutscher Kriminalbeamter
(BDK), "die neuen Regelungen versprechen mehr, als sie am Ende halten
können". Zwar seien sie gut gemeint, sagte der BDK-Chef. Auch werde
die eine oder andere Rechtslücke geschlossen. Dafür entstünden neue
Baustellen. Im Ergebnis erwartet er "keine wesentlichen Änderungen".
Die Beweisbarkeit der Delikte sei schwer, die neue Gesetzgebung ein
"Politikum".
Am Donnerstag hatte der Bundestag einstimmig beschlossen, dass
eine sexuelle Handlung nach dem Grundsatz "Nein heißt Nein" auch dann
als Vergewaltigung gewertet wird, wenn das Opfer sich nicht aktiv
wehrt. Handlungen aus Gruppen heraus sind fortan auch für die
strafbar, die sie nicht begangen haben. Der sogenannte
"Grapschparagraf" stellt darüber hinaus ungebetene Berührungen unter
Strafe.
Nach der Abstimmung hatten bereits die Richter Bedenken
angemeldet. Auch wenn das Ziel im Grundsatz zu begrüßen sei, stünden
nun komplizierte Prozesse bevor, befürchtete der Vorsitzende des
Richterbundes, Jens Gnisa, ebenfalls in der "NOZ". Die Zahl der
Verurteilungen werde nicht steigen. Der Strafrechtsexperte Rüdiger
Deckers vom Deutschen Anwaltverein verwies in der Deutschen
Presseagentur auf die Möglichkeit, dass auch falsche Beschuldigungen
ausgesprochen werden könnten. "Es wird im Prozess, wenn es dann um
die Frage geht, hat es ein Nein gegeben, große Schwierigkeiten geben,
ein Urteil zu finden", sagte Deckers. Die Gefahr von Fehlurteilen bei
Sexualdelikten steige.
Pressekontakt:
Neue Osnabrücker Zeitung
Redaktion
Telefon: +49(0)541/310 207