(ots) - Die Verhandlung einer Stahl-Ehe verträgt keine allzu
breite Öffentlichkeit. Insofern ist es verständlich, wenn
Thyssen-Krupp immer nur soviel einräumt, wie ohnehin bereits
durchgesickert ist. Doch das ist nirgends schwieriger und heikler als
in einem montanmitbestimmten Unternehmen. Die Betriebsräte machen
sich berechtigte Sorgen um Arbeitsplätze und Standorte, und je länger
sie außen vor gehalten werden, desto wütender dürften ihre Reaktionen
ausfallen. Es gibt kaum ein Unternehmen im Land, in dem die
Belegschaft besser organisiert ist als bei Thyssen-Krupp Stahl.
Dabei spricht viel für eine Zusammenführung der unter
Überkapazitäten leidenden Stahlgeschäfte von Thyssen-Krupp und Tata.
Damit sich Stahl in Europa weiter rechnet, ist es dringend geboten,
die modernsten Werke besser auszulasten. Thyssen-Krupp wäre der
stärkere Partner in einer Ehe mit Tata, gefährdet wären vor allem
Werke der Inder. Doch auch Thyssen-Krupp-Standorte in Deutschland
wären betroffen.
Die Konzernspitze hat den Betriebsrat längst gewarnt, auch ohne
Zusammenschluss stünden neue Einschnitte bevor. Das musste sie schon
deshalb tun, weil Thyssen-Krupp-Chef Hiesinger im Falle einer Fusion
wird darlegen müssen, dass dies für die Belegschaft unterm Strich die
weniger schmerzhafte Lösung ist. Dass die Stahlkocher allerdings
nicht allzu gerne vor die Wahl zwischen Pest und Cholera gestellt
werden, sollte Hiesinger klar sein.
Die wichtigste Aufgabe des Konzerns im Falle eines
Zusammenschlusses mit wem auch immer wird es aber sein, eine
überzeugende Strategie für den neuen Stahlgiganten vorzulegen. Fatal
wäre es, sollte im Duisburger Norden und in den anderen deutschen
Stahlwerken der Eindruck entstehen, Hiesinger wolle den Stahl
abspalten und sich selbst überlassen, um die Konzernfinanzen
aufzuhübschen.
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