(ots) -
Fast drei Viertel der Deutschen sind gegen einen Einsatz von
Riesen-Lkw auf deutschen Straßen. Das hat eine repräsentative Umfrage
des Meinungsforschungsinstituts forsa im Auftrag der Allianz pro
Schiene, des Automobil-Clubs Verkehr (ACV) und des Verbandes
Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) ergeben.
Insgesamt sprachen sich 72 Prozent der Befragten gegen eine
Zulassung von übergroßen Lastwagen auf deutschen Straßen aus, während
nur 25 Prozent dafür waren. Frauen äußerten sich deutlich häufiger
ablehnend (81 Prozent dagegen) als Männer (62 Prozent gegen
Riesen-Lkw). Im Bundesländervergleich waren die Bürger in
Nordrhein-Westfalen noch einmal kritischer eingestellt (77 Prozent
gegen Gigaliner) als der Durchschnitt der Deutschen.
Sorge vor größerem Unfallrisiko und Stau
Als Hauptgründe für ihr negatives Votum nannten die Befragten das
größere Unfallrisiko (47 Prozent) und die erhöhten Steuermittel für
den Umbau des Straßennetzes (40 Prozent). 45 Prozent der Deutschen
gaben als sehr wichtig an, dass durch den Einsatz von Riesen-Lkw
Transporte von der Schiene zurück auf die Straßen verlagert würden,
was für die Umwelt schädlich sei.
Der fünfjährige Testversuch mit überlangen Lastwagen, der unter
Federführung des Bundesverkehrsministeriums im Dezember 2016 enden
soll, hat die Einschätzung der Bürger kaum verändert: Kurz vor
Teststart sprachen sich 77 Prozent der Deutschen gegen Riesen-Lkw
aus.
Frauen sind skeptischer als Männer
"Die deutschen Autofahrer haben zu Recht Angst vor den
Riesen-Lastwagen. Schon jetzt ist an jedem fünften tödlichen Unfall
ein Lkw beteiligt. Der massenhafte Einsatz von übergroßen Lkw auf
deutschen Straßen würde sich in der Verkehrssicherheit negativ
auswirken", sagte ACV-Geschäftsführer Horst Metzler bei der
Vorstellung der forsa-Umfrage am Mittwoch in Berlin. Mit
Sicherheitsbedenken lasse sich auch die größere Skepsis der
weiblichen Befragten erklären. "Frauen sind häufig die vorsichtigeren
Autofahrer, eine Art Stimme der Vernunft." Wer auf mehr Sicherheit im
Straßenverkehr Wert lege, sei gut beraten, darauf zu hören.
Dobrindt überzeugt die Bürger nicht
"Die Ergebnisse sind ein Weckruf für den Bundesverkehrsminister",
sagte der Allianz pro Schiene-Geschäftsführer Dirk Flege. "Auch in
Bayern will die gewaltige Mehrheit keine Gigaliner. Die Bayern machen
sich sogar besonders große Sorgen um die Infrastruktur", sagte Flege
mit Verweis auf forsa. "Der Minister sollten sich diese Werte im
Kalender vermerken: Die Deutschen wollen keine längeren Lastwagen auf
den Straßen. Sie wollen nicht mehr, sondern weniger Lkw. Dobrindts
offensives Werben hat die Bürger nicht überzeugt."
Befremdet zeigten sich Allianz pro Schiene, ACV und VDV über
wiederholte Ankündigungen des Ministers, den Riesen-Lkw-Test nach
Ende der Laufzeit ohne weitere Auflagen in die Regelzulassung zu
überführen.
Forderung nach Gesamtkonzept für Güterverkehr
Einen Vorschlag des Vorsitzenden im Bundestags-Verkehrsausschuss,
Martin Burkert, bewerteten die Verbände dagegen positiv. Danach
sollen Gigaliner nach Ablauf des Testversuchs im Dezember 2016 nur
dann eine Genehmigung für den Alltagsbetrieb bekommen, wenn sie als
Zulieferer im Kombinierten Verkehr mit Bahn und Binnenschiff
eingesetzt werden. Eine deutschlandweite Freigabe für überlange
Lastwagen hatte Burkert aus Umwelt- und Sicherheitsgründen weiterhin
strikt abgelehnt.
"Eine Beschränkung der Gigaliner-Fahrerlaubnis auf
Zubringerverkehre für Bahnterminals kann das Sicherheitsrisiko für
Autofahrer entschärfen", sagte ACV-Geschäftsführer Metzler. Die
höheren Belastungen der Infrastruktur, für die bei einer generellen
Zulassung der Steuerzahler zur Kasse gebeten würde, wären durch eine
Koppelung der Genehmigung an den Kombinierten Verkehr ebenfalls
gemildert.
Auch das Hauptbedenken aus Umweltsicht, wonach ein drastisch
verbilligter Riesen-Lkw-Verkehr Transporte von der Schiene auf die
Straße absaugt, könnte mit dieser Auflage entschärft werden, sagte
der Allianz pro Schiene-Geschäftsführer. "Wenn der Bund den Einsatz
von Gigalinern auf die Kombination mit der umweltfreundlichen und
sicheren Schiene beschränkt, konterkariert er nicht länger seine
eigenen Ziele. Schließlich hat die Regierung die Stärkung der
Güterbahnen im Koalitionsvertrag festgeschrieben", sagte Flege. Der
VDV mahnte, die Bundesregierung solle zunächst dafür sorgen, dass
Güterzüge das Netz mit der Standardlänge von 740 Metern befahren
könnten. Die Investitionen dafür seien überschaubar, der
Umweltvorteil unstrittig.
Allianz pro Schiene:
Die Allianz pro Schiene ist das Bündnis in Deutschland zur
Förderung des umweltfreundlichen und sicheren Schienenverkehrs. In
dem Bündnis haben sich 22 Non-Profit-Organisationen
zusammengeschlossen: die Umweltverbände BUND, NABU, Deutsche
Umwelthilfe und NaturFreunde Deutschlands, die Verbraucherverbände
Pro Bahn, DBV und VCD, die Automobilclubs ACE und ACV, der
Bundesverband CarSharing bcs, der Fahrradclub ADFC, die zwei
Bahngewerkschaften EVG und GDL, die Konferenz für kirchliche
Bahnhofsmission, die Eisenbahnverbände BDEF, BF Bahnen, FEANDC, VBB
und VDEI sowie die Technische Hochschule Wildau, die TH Mittelhessen
und die FH Aachen. Die Mitgliedsverbände vertreten mehr als 2,5
Millionen Einzelmitglieder. Unterstützt wird das Schienenbündnis von
mehr als 130 Unternehmen der Bahnbranche mit insgesamt 30 Milliarden
Euro Umsatz im Schienenverkehr.
Pressekontakt:
Annabel Brückmann, Pressesprecherin, brueckmann(at)acv.de
ACV Automobil-Club Verkehr, Theodor-Heuss-Ring 19-21, 50668 Köln,
Tel.: 0221 - 91 26 91 58 Fax: 0221 - 91 26 91 26