Schlafmittel wie Zolpidem, Zaleplon und Zopiclon stehen in dem Ruf, dass sie mit Vorsicht zu genießen sind. In Ausnahmefällen sind sie in der Lage, exotische Begleiterscheinungen zu induzieren, einschließlich des Schlafwandelns und des unbewussten Führens von Kraftfahrzeugen. In Deutschland steht Zolpidem auf der Liste der meistverwendeten Schlafmedikamente. Da hierzulande immer mehr Konsumenten bei Online-Apotheken rezeptfrei Zolpidem bestellen, befürchten Ärzte und Suchtexperten in Zukunft wachsende Probleme unerkannter Nebenwirkungsfälle.
(firmenpresse) - Er sei Mitglied des Repräsentantenhauses und unterwegs zu einer politischen Veranstaltung. Das gab Patrick Kennedy, Neffe des ehemaligen US-Staatschefs John F. Kennedy, bei der Polizei zu Protokoll, nachdem er in einer Nacht im Mai 2006 einen Unfall verursacht hatte. Am nächsten Tag verfügte er über keine detaillierteren Erinnerungen mehr. Der demokratische Kongressabgeordnete gab an, am Vorabend weder Alkohol noch Drogen konsumiert zu haben, berichtet die »New York Times«. Stattdessen stand er unter dem Einfluss einer Substanz, die im Allgemeinen als eher unverdächtig gilt: Zolpidem, dem gebräuchlichsten Schlafmedikament in den Vereinigten Staaten.
Nicht erst seit diesem erstaunlichen Fall stehen die sogenannten sedativ/hypnotischen Schlafmittel in dem Ruf, dass sie mit Vorsicht zu genießen sind. In - gleichermaßen aufsehenerregenden wie seltsamen - Ausnahmefällen sind sie in der Lage, exotische Begleiterscheinungen zu induzieren. Die US-amerikanische Arzneimittelaufsichtsbehörde FDA weist auf die Gefahren hin, die »komplexem Verhalten im Schlaf« innewohnen, einschließlich des unbewussten Führens von Kraftfahrzeugen. In den Packungsbeilagen von Präparaten, die solche Substanzen enthalten, wird mittlerweile mit Nachdruck darauf eingegangen. Im Besonderen stand zu Beginn der Debatte das Markenmedikament Ambien im Fokus der Kritik. Der Pharmariese Sanofi Aventis vertreibt den Wirkstoff Zolpidem unter diesem Namen als Arzneimittel zur Kurzzeitbehandlung von Schlafstörungen. Eine PR-Beauftragte des Unternehmens beteuerte gegenüber der Presse, dass in den Zulassungstests nur 1 ‰ der Testpersonen von Nachtwandeln berichtet hatte. Aus Sicht des Produzenten sind damit die Voraussetzungen für eine Neubewertung des Sicherheitsprofils des Präparats in keinerlei Hinsicht erfüllt.
Ambien zählt in den USA zu den meistverschriebenen Schlafmitteln. Im Jahr 2011 wurde der Umsatz auf 2,8 Milliarden Dollar beziffert. Wie oft die in der Packungsinformation seit einiger Zeit dokumentierten, unerwünschten Wirkungen auftreten, sagt die FDA nicht. Allerdings gab es in Medien und Fachkreisen wiederholt Berichte über aufsehenerregende, seltsame Vorkommnisse. 2002 schilderte Michael Silber von der Mayo Clinic in Rochester im Fachmagazin »Sleep Medicine«, wie Patienten nach Einnahme von Zolpidem schlafwandelnd die Küche aufsuchten und Nahrungsmittel verzehrten. Am Folgetag fehlte ihnen jegliche Erinnerung daran. In der Fachzeitschrift »Neurologic Clinics« beschrieb Mark Mahowald von der University of Minnesota im Mai 2006 mehrere Einzelfälle von Somnambulie in Zusammenhang mit den Schlafpillen. Die »New York Times« meldete in demselben Jahr, dass in den Bundesstaaten Wisconsin und Washington die Zahl der aus dem Verkehr gezogenen Fahrzeuglenker gestiegen sei, die unter Zolpidemeinfluss standen. In manchen Labors, die anhand von Blutuntersuchungen die Verkehrstüchtigkeit feststellen, ist Zolpidem eine der zehn meistgefunden Substanzen. Ebenso kommen nächtliche Telefongesprächen und sexuelle Aktivität vor, an die den Patienten am Folgetag jegliche Erinnerung fehlt. Sachverständige der FDA gehen davon aus, dass die publizierten Fälle nur die Spitze des Eisbergs sind und dass viele Ereignisse in keinem Bericht auftauchen.
In Deutschland steht Zolpidem, wie in den USA, ebenfalls auf der Liste der meistverwendeten Schlafmedikamente. In den Packungsbeilagen der für den deutschen Markt vorgesehenen Produkte heißt es, dass die Häufigkeit paradoxer Nebenwirkungen wie des Schlafwandelns auf Grundlage der verfügbaren Daten nicht abschätzbar sei. Da hierzulande immer mehr Konsumenten bei sogenannten freien Online-Apotheken, wo kein Rezept gefordert wird, Schlafmittel wie Zolpidem bestellen, befürchten Ärzte und Suchtexperten in Zukunft einen Anstieg unerkannter Einzelfälle.
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