(ots) - Oppermann sieht keinen Grund für Neubewertung
des Verhältnisses zur Türkei
SPD-Bundestagsfraktionschef: "Innenministerium hat altbekannte
Dinge zugespitzt formuliert"
Osnabrück. SPD-Bundestagsfraktionschef Thomas Oppermann sieht
trotz der kritischen Einschätzung der Türkei durch das
Bundesinnenministerium keinen Grund, das Verhältnis zu dem Land neu
zu bewerten. In einem Interview mit der "Neuen Osnabrücker Zeitung"
(Donnerstag) sagte Oppermann, das Ministerium habe lediglich
altbekannte Dinge zugespitzt formuliert. "Eine Neubewertung unseres
ohnehin angespannten Verhältnisses zur Türkei halte ich für nicht
nötig."
Aus einer am Dienstag bekannt gewordenen "Verschlusssache" des
Ministeriums geht hervor, dass die Bundesregierung die Türkei unter
Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan als "zentrale Aktionsplattform"
für islamistische und terroristische Organisationen im Nahen Osten
ansieht. Demnach arbeitet Ankara seit Jahren mit Islamisten zusammen.
Oppermann sagte: "Mir scheint der Neuigkeitswert der
Informationen, die das Bundesinnenministerium zusammengetragen hat,
gering." Die Nähe der AKP-Regierung zur ägyptischen
Muslimbruderschaft und zur Palästinenserorganisation Hamas sei ja
nicht verheimlicht worden. "Viel gravierender" war nach den Worten
des SPD-Fraktionschefs, dass sich die Türkei im vergangenen Jahr
nicht deutlich genug von den Terroristen des sogenannten Islamischen
Staates abgegrenzt habe. Der SPD-Politiker betonte zugleich,
inzwischen sei die Türkei Teil der Anti-IS-Koalition und selber immer
wieder Opfer von blutigen Anschlägen des IS.
Oppermann verteidigte auch das Flüchtlingsabkommen der EU mit der
Türkei. Er sagte, die sogenannten Säuberungsaktionen von Präsident
Recep Tayyip Erdogan könnten die Demokratie in der Türkei zerstören.
"Das kritisieren wir unmissverständlich." Trotzdem halte er aber
nichts davon, das Flüchtlingsabkommen zu kündigen, denn es enthalte
viele Erleichterungen für Flüchtlinge in dem Land. "Mit den drei
Milliarden Euro, welche die Türkei nach und nach von der EU erhält,
wird Flüchtlingen in der Türkei eine bessere Gesundheitsversorgung,
Zugang zum Arbeitsmarkt und der Schulbesuch ihrer Kinder ermöglicht.
Im Gegenzug stoppt die Türkei das kriminelle Schlepper-Unwesen an
ihren Küsten. Das ist nach wie vor eine vernünftige Regelung."
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Oppermann: Burka-Verbot löst keine Probleme, sondern schafft neue
SPD-Fraktionschef warnt vor neuen Schwierigkeiten für Frauen und
kultureller Abgrenzung
Osnabrück. SPD-Bundestagsfraktionschef Thomas Oppermann lehnt ein
vor allem von Unionspolitikern gefordertes Burka-Verbot in
Deutschland als politischen Aktionismus ab. In einem Interview der
"Neuen Osnabrücker Zeitung" (Donnerstag) sagte Oppermann, er
persönlich lehne die Vollverschleierung von Frauen ab. "Sie ist für
mich Ausdruck von Frauenfeindlichkeit und passt nicht zu den Werten
einer offenen Gesellschaft." Doch helfe ein Verbot nicht weiter. Es
bringe nicht die Männer, die eine Burka wollen, sondern ihre Frauen
in eine schwierige Situation: "Sie werden dann das Haus womöglich gar
nicht mehr verlassen. Das löst keine Sicherheitsprobleme, sondern
zielt vielmehr auf kulturelle Abgrenzung. Einen solchen politischen
Aktionismus brauchen wir nicht."
Oppermann machte zudem deutlich, dass er die SPD als Vorreiter
beim Thema innere Sicherheit sieht. Er betonte: "Die SPD war es, die
im letzten Bundeshaushalt 3000 Stellen für die Bundespolizei
durchgesetzt hat. Und seit Monaten fordern wir einen weiteren
Aufbau." Sein Eindruck sei, "dass die Union uns hinterherläuft".
Die CDU/CSU-Innenminister der Länder kommen Ende dieser Woche zu
einer Konferenz in Berlin zusammen, auf der ein Burka-Verbot und
andere Forderungen zur inneren Sicherheit besprochen werden sollen.
Eingeladen ist auch Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU), der
sich mehrfach skeptisch zu einem Verbot der Vollverschleierung
geäußert hat.
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