(ots) - Deutsche AIDS-Hilfe: "Mit HIV kann man leben, mit
Diskriminierung nicht" / Schirmherr Oke Göttlich (Präsident FC St.
Pauli): "Rote Karte für Ausgrenzung!" / Auch in Deutschland haben
nicht alle Menschen mit HIV Zugang zu Medikamenten
Am Donnerstag beginnt in Hamburg Europas größte
Selbsthilfekonferenz zum Leben mit HIV: die Positiven Begegnungen.
Motto "Sei ein Teil der Lösung!" Die Deutsche AIDS-Hilfe (DAH)
erwartet zur Konferenz rund 500 Menschen mit HIV, Angehörige und
Freund_innen sowie Engagierte aus Aidshilfen, dem Medizinbetrieb, aus
Politik und Medien.
Das Problem, für das Lösungen erarbeitet werden sollen:
HIV-positive Menschen müssen im Alltag noch immer in allen
gesellschaftlichen Bereichen mit Diskriminierung rechnen, zum
Beispiel am Arbeitsplatz oder im Gesundheitswesen. Sie werden zudem
häufig mit völlig veralteten Vorstellungen vom Leben mit HIV
konfrontiert.
Dazu erklärte heute Vormittag Ulf Hentschke-Kristal vom Vorstand
der Deutschen AIDS-Hilfe:
"Mit HIV kann man heute leben, mit Diskriminierung nie! Ein
entspannter Umgang mit HIV ist heute eigentlich so leicht wie nie
zuvor. Zugleich verschärft sich aber das gesellschaftliche Klima
gegen Minderheiten - eine Gefahr auch für HIV-positive Menschen. Mit
den Positiven Begegnungen möchten wir dazu einladen, mit uns aktiv zu
werden für Solidarität und Respekt."
Die Einladung angenommen hat bereits Oke Göttlich, Präsident des
FC St. Pauli. Der Schirmherr der Positiven Begegnungen wird bei der
Eröffnung am Donnerstagabend sprechen. Er erklärt:
"Ich bin gerne Teil der Lösung - auch als Präsident des FC St
Pauli. Wo wir Zurückweisung begegnen, müssen wir erst die gelbe und
dann auch mal die rote Karte ziehen. Ausgrenzung ist nicht akzeptabel
- so einfach ist das!".
Tagungsleiterin Heike Gronski, DAH-Referentin für das Leben mit
HIV, erklärt:
"Diskriminierung ist ein gesellschaftliches Problem, deswegen
können wir es nur mit starken Unterstützern lösen. Eingeladen sind
darum Menschen aus allen gesellschaftlichen Bereichen. In der
Medienstadt Hamburg hoffen wir besonders auf Berichterstattung über
das Leben mit HIV, das sich in den letzten Jahren grundlegend
verändert hat."
Die Deutsche AIDS-Hilfe hat die Selbsthilfe-Konferenz in
Kooperation mit HIV-positiven Menschen aus ganz Deutschland
konzipiert. Holger Pauly, Mitglied der Vorbereitungsgruppe, erklärt:
"Es wird Zeit, dass endlich alle begreifen: Von Menschen mit HIV
geht keine Gefahr aus. Das Ziel ist einfach: Selbstverständlichkeit.
HIV muss und darf im Alltag keine Rolle spielen. Wir selbst sind die
Experten fürs Leben mit HIV. Aber Veränderung ist nur möglich, wenn
andere mitziehen."
Christian Szillat (AIDS-Hilfe Hamburg) erklärt:
"Die AIDS-Hilfe Hamburg setzt sich mit vielfältigen Angeboten für
Menschen mit HIV und gegen Diskriminierung ein - unter anderem in der
Arbeit mit Jugendlichen und mit Migrant_innen. Der Fortbestand
unserer Arbeit ist jedoch immer wieder gefährdet und wir müssen
permanent um unsere Finanzierung kämpfen. Um gute Arbeit auch
zukünftig gewährleisten zu können, brauchen wir endlich finanzielle
Sicherheit!"
Während für die meisten HIV-Positiven in Deutschland ein
weitgehend normales Leben möglich ist, gibt es auch hierzulande noch
Menschen mit HIV, die keinen Zugang zu Medikamenten haben:
Migrant_innen ohne Papiere, also ohne Aufenthaltsstatus. Sie
riskieren ihre Abschiebung, wenn sie sich in Behandlung begeben - und
verzichten deswegen oft darauf, bis sie in Lebensgefahr schweben. Dr.
Thomas Buhk vom Infektionsmedizinischen Centrum Hamburg behandelt
solche Patient_innen. Um Leben retten können, muss er oft gegen
Mauern anrennen und manchmal sogar gegen Vorschriften verstoßen.
"Was ich tue, gleicht einen politischen Missstand aus. Wir müssen
diesen Menschen einen bedingungslosen Zugang zum Gesundheitssystem
ermöglichen, der nicht an die Offenlegung ihres Aufenthaltsstatus
gebunden sein darf. Zugang zu Medizinischen Behandlungen ist ein
Menschenrecht!", sagt der Infektiologe über seinen "Teil der Lösung"
(mehr über das Thema und Dr. Buhk: http://bit.ly/2bv04VX).
Themen der Positiven Begegnungen
Die Positiven Begegnungen widmen sich dem Leben mit HIV anhand von
Schwerpunktthemen:
- Bilder von HIV
- Diskriminierungsfreie medizinische Versorgung
- Diversity in der HIV-Community als Chance und Herausforderung
- Was tun gegen die Kriminalisierung der (potenziellen)
HIV-Ãœbertragung?
- Schutz durch Therapie, PrEP & Co. - die neuen
Safer-Sex-Strategien
- Sex, Lust, Rausch und Drogenpolitik
Am Samstagnachmittag findet in der Hamburger Innenstadt unter dem
Motto "Stigma - zurück an Absender!" eine Demonstration statt (siehe
unten).
HIV in Deutschland und Hamburg
In Deutschland lebten Ende 2014 rund 83.000 Menschen mit HIV, etwa
7.000 davon in Hamburg. In der 2014 veröffentlichten Studie "Positive
Stimmen" der Deutschen AIDS-Hilfe gaben mehr als drei Viertel der
Teilnehmer_innen an, im Jahr vor der Befragung Diskriminierung
erfahren zu haben. Rund ein Fünftel wurde in medizinischen
Einrichtungen, etwa in der Zahnarztpraxis, die Behandlung verweigert.
Diskriminierung kann fatale Folgen für die Gesundheit haben. Unter
anderem hält die Angst vor Ausgrenzung manche Menschen vom HIV-Test
ab. Rund 13.000 Menschen in Deutschland wissen nichts von ihrer
HIV-Infektion und werden dementsprechend auch nicht behandelt.
Dementsprechend können sie HIV unwissentlich weitergeben.
Positive Begegnungen - Konferenz zum Leben mit HIV, Hochschule für
Angewandte Wissenschaften, Berliner Tor 5, 20099 Hamburg
Mehr Informationen und Programm: www.positivebegegnungen.de
Eröffnung (öffentlich): Donnerstag, 25.8., 17 Uhr, Audimax der
Bucerius Law School, Jungiusstraße 6, 20355 Hamburg
Demonstration "Stigma - Zurück an Absender!": Samstag, 18 Uhr,
Carl-von-Ossietzky-Platz
Mehr Informationen über Diskriminierung von Menschen mit HIV:
http://bit.ly/2bfKYA7
Mehr Informationen über die Versorgungslücke bei HIV-positiven
Menschen ohne Papiere: http://bit.ly/2bh8T1L
Pressekontakt:
Deutsche AIDS-Hilfe
Holger Wicht
Pressesprecher
Tel. 0171 274 95 11 (zurzeit nur mobil erreichbar)
holger.wicht(at)dah.aidshilfe.de
www.aidshilfe.de