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Insolvenzrecht: ESUG ist in der Praxis angekommen, vorinsolvenzliches Verfahren wird mit Spannung erwartet

ID: 1393168

(ots) -

- Neue Studie der Heidelberger gemeinnützigen Gesellschaft für
Unternehmensrestrukturierung (HgGUR) und Roland Berger:
Praktiker haben hohe Erwartungen an das vorinsolvenzliche
Verfahren, konkrete Regelung durch EU steht aber noch aus
- Erwartungen an ESUG werden insgesamt erfüllt,
Gläubigermitwirkung wird für richtig und wichtig erachtet und
ist in der Praxis angekommen
- Zunehmend kritisch sehen die Umfrageteilnehmer die vorläufige
Eigenverwaltung (ohne Schutzschirm)
- Gut vorbereitete Antragstellung auf Eigenverwaltung bleibt
weiterhin erfolgsentscheidend
- Breit angelegte Studie: Erstmals wurden 1.600 Experten befragt

Vier Jahre nach seinem Inkrafttreten wird das Gesetz zur weiteren
Erleichterung der Sanierung von Unternehmen (ESUG) von der Mehrheit
der Marktteilnehmer (93%) positiv bewertet. Wie die neue
"ESUG-Studie" von der Heidelberger gemeinnützigen Gesellschaft für
Unternehmensrestrukturierung (HgGUR) und Roland Berger zeigt, scheint
das Gesetz in der Praxis angekommen zu sein: 91 Prozent der
Studienteilnehmer haben bereits Erfahrung mit einer vorläufigen
Eigenverwaltung gemacht, 88 Prozent mit Schutzschirmverfahren und 87
Prozent mit vorläufigen Gläubigerausschüssen. Dennoch plädieren immer
mehr Experten dafür, ein vorinsolvenzliches Sanierungsverfahren
einzuführen, um den "Werkzeugkasten" der Sanierung zu
vervollständigen.

Für die Studie, die zum vierten Mal verfasst wurde, haben die
Autoren 1.600 Entscheider aus Deutschland befragt - darunter
Gläubiger, Insolvenzverwalter, Rechtsanwälte, Richter, Investoren und
Manager. Diese äußerten sich zu ihren praktischen Erfahrungen im
Umgang mit dem neuen Insolvenzrecht sowie darüber, wie sie das von
der EU-Kommission geplante europaweite vorinsolvenzliche




Sanierungsverfahren einschätzen.

"Die Instrumente des ESUG haben die Erwartungen erfüllt", sagt
Christopher Seagon, Geschäftsführer der HgGUR. "Die
Gläubigermitwirkung ist gut in der Praxis angenommen und war ein
Schritt in die richtige Richtung für die Akzeptanz der Insolvenz als
Sanierungsmöglichkeit. Dennoch zeigt die lebhafte Diskussion um ein
mögliches vorinsolvenzliches Sanierungsverfahren das Interesse,
bestehende Regelungslücken vollends zu schließen. Der
Insolvenzbegriff ist eben immer noch zu negativ belegt."

Vorinsolvenzliches Sanierungsverfahren soll das Instrumentarium
abrunden

Das sehen auch rund 70 Prozent der Studienteilnehmer so. Aus Sicht
der Experten ist es besonders wichtig, dass durch eine Neuregelung
die Mehrheitsbindung verbindlich wird (71%) und "Akkordstörer"
eingedämmt werden können (60%). "Im Gegensatz zum europäischen
Ausland fordern aber deutsche Sanierungsexperten
Zugangsbeschränkungen und klare Regeln, um unkalkulierbare Risiken zu
vermeiden", sagt Rainer Bizenberger, Partner von Roland Berger.

Nach Ansicht von 69 Prozent der Befragten sollte der Eintritt in
das vorinsolvenzliche Verfahren nur im Stadium der Existenz- oder
Liquiditätskrise möglich sein. "Das Verfahren sollte in der Regel
nicht öffentlich ablaufen, damit Unternehmen keine
leistungswirtschaftlichen Nachteile aus dem Verfahren erleiden",
ergänzt Bizenberger. Weiterhin sind 60 Prozent der Umfrageteilnehmer
der Meinung, dass ein formaler Prozess erst bei Verabschiedung des
Sanierungsplans notwendig sein sollte. Dadurch können Unternehmen und
Gläubiger schnell, flexibel und effizient verhandeln und dann eine
verbindliche Entscheidung erreichen.

Komplexität bei Antragstellung auf Eigenverwaltung weiterhin hoch

Rund 60 Prozent der Sanierungsexperten glauben, dass vor allem die
gestiegene Anzahl der Beteiligten und ihre unterschiedlichen
Interessen dazu führen, dass die Antragsstellung auf Eigenverwaltung
immer schwieriger wird. Auch die Anforderungen an die Dokumentation
empfindet rund die Hälfte der Befragten (49%) weiterhin als komplex.

Obwohl das ESUG erhebliche Erleichterungen bei Eigenverwaltungen
ermöglicht hat, bleibt die Erstellung eines schlüssigen und
umfassenden Sanierungskonzepts die größte Herausforderung bei der
Antragstellung. Ein gut vorbereiteter und eng mit dem
verantwortlichen Insolvenzrichter abgestimmter Antrag ist deshalb
besonders erfolgskritisch und führt in den meisten Fällen zu einer
späteren Eröffnung des Verfahrens in Eigenverwaltung.

Kritische Beurteilung der Rechtssicherheit bei den meisten
ESUG-Instrumenten aus Sicht der Befragten rückläufig. Dennoch wird
der vorläufige Gläubigerausschuss, wohl aufgrund aktueller
Haftungsrechtsprechung kritischer gesehen. 47 Prozent der
Umfrageteilnehmer sind der Meinung, dass sich die Insolvenzgerichte
noch vergleichsweise schwer mit den ESUG-Regelungen tun. Denn diese
verändern teilweise die Arbeit der Gerichte fundamental. Gleiches
gilt auch für das Management der betroffenen Firmen (42%). "Viele
fürchten, die Kontrolle über die eigene Firma zu verlieren, oder es
fehlt ihnen einfach an Erfahrung mit praktischer Insolvenzsanierung.
Das kann zu gegenseitigem Misstrauen führen und den gesamten Prozess
behindern", sagt Christopher Seagon.

Obwohl in Deutschland neben der funktionierenden
außergerichtlichen Restrukturierungskultur mit dem ESUG die
Möglichkeiten der Sanierung deutlich erweitert wurden, wird der Ruf
nach einem vorinsolvenzlichen Sanierungsverfahren lauter. Doch Roland
Berger-Partner Rainer Bizenberger betont: "Ein zusätzliches Verfahren
kann nur dann einen Mehrwert leisten, wenn es effizient, leise und
kalkulierbar ist und ihm kein Stigma der Insolvenz anhaftet."

Die Studie können Sie kostenlos herunterladen unter:
www.rolandberger.de/pressemitteilungen

Roland Berger

Roland Berger, 1967 gegründet, ist die einzige der weltweit
führenden Unternehmensberatungen mit deutscher Herkunft und
europäischen Wurzeln. Mit rund 2.400 Mitarbeitern in 34 Ländern ist
das Unternehmen in allen global wichtigen Märkten erfolgreich aktiv.
Die 50 Büros von Roland Berger befinden sich an zentralen
Wirtschaftsstandorten weltweit. Das Beratungsunternehmen ist eine
unabhängige Partnerschaft im ausschließlichen Eigentum von rund 220
Partnern.

Die Heidelberger gemeinnützige Gesellschaft für
Unternehmensrestrukturierung mbh

Die Heidelberger gemeinnützige Gesellschaft für
Unternehmensrestrukturierung mbh (HgGUR) hat sich, seit ihrer
Gründung 2006, erfolgreich als ein deutschlandweit anerkanntes
Expertennetzwerk und Förderer der Wissenschaft, Lehre und Praxis im
Bereich von Insolvenz, Sanierung und Unternehmensrestrukturierung,
etabliert. Die Gesellschaft wird im Wesentlichen von der
Unternehmensberatung Roland Berger und der Rechtsanwaltssozietät
Wellensiek getragen. Die HgGUR kooperiert eng mit der Universität
Heidelberg und unterstützt die Aktivitäten der Universität auf den
Gebieten der Unternehmensrestrukturierung. Des Weiteren fördert die
HgGUR Fortbildungs-, Ausbildungs- und Weiterbildungsveranstaltungen,
Fachpublikationen sowie den Erfahrungs- und Wissensaustausch zwischen
Wissenschaft, Praxis und Rechtsprechung in den Bereichen Insolvenz,
Sanierung und Unternehmensrestrukturierung.



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Roland Berger
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