(ots) - Der Bund für Umwelt und Naturschutz
Deutschland (BUND) hat heute - vertreten durch die Kanzlei Baumann
Rechtsanwälte Partnerschaftsgesellschaft mbB - gegen den
Kabinettsbeschluss vom 3. August zum Bundesverkehrswegeplan (BVWP)
bei der EU-Kommission Beschwerde eingelegt. "Wie das Kabinett beim
Bundesverkehrswegeplan vorgeht verstößt es gegen elementare
Beteiligungsrechte. Deshalb streben wir ein
Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland an", sagte der
BUND-Vorsitzende Hubert Weiger. Kern der Beschwerde ist die
Verletzung der Rechte des Umweltverbandes im Rahmen einer zuvor
durchgeführten sechswöchigen Öffentlichkeitsbeteiligung.
"Bei den rund 1300 Straßenprojekten des BVWP sind die EU-Vorgaben
zur Strategischen Umweltprüfung nicht angewendet und Alternativen
nicht geprüft worden. Damit wurde der Zweck dieser Umweltprüfung -
die Untersuchung umweltfreundlicher Alternativen bereits auf der den
einzelnen Projektgenehmigungen vorgelagerten Planungsebene -
vollständig verfehlt. Eine transparente Beteiligung der
Öffentlichkeit war offenbar nicht gewünscht. Das
Bundesverkehrsministerium hat nur unfertige, intransparente
Unterlagen über Auswirkungen der Verkehrsnetze bereitgestellt und
politisch gewollte Verkehrsprojekte schöngerechnet", kritisierte
Weiger.
Der BUND stütze sich in seiner EU-Beschwerde auf die
Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH), die eine
umfassende Alternativenprüfung vorschreibe und hohe Standards vor
allem dann verlange, wenn die besonders geschützten
NATURA-2000-Gebiete betroffen seien. Auch der zum BVWP gehörende
Umweltbericht sei mangelhaft, weil vom Gesetz geforderte Maßnahmen
fehlten, mit denen erhebliche Umweltauswirkungen vermieden,
vermindert oder ausgeglichen werden könnten. Außerdem lägen weder für
Schienen- noch für Straßenbauvorhaben vollständige Netzplanungen vor.
"Werden alle vom Kabinett beschlossenen Straßenprojekte realisiert,
führt dies zu höheren CO2-Emissionen und in Ballungsräumen zur
fortgesetzten Überschreitung der EU-Grenzwerte für Stickstoffdioxid
und Feinstaub. Man muss schon bis in das Jahr 1971 zurückgehen, um
einen Fernstraßenplan zu finden, der sämtliche Umweltziele so dreist
ignoriert wie Dobrindts Vorhaben", sagte der BUND-Vorsitzende.
"Die über 50 von uns fristgerecht eingereichten alternativen
Vorschläge zu Straßenneubauvorhaben würden bei ihrer Umsetzung rund
10 Milliarden Euro einsparen. Trotzdem wurde kein einziger davon
ergebnisoffen geprüft. Dazu gehören Straßenum- bzw. -ausbauten
anstatt Neubauten, Bahn- statt Straßenprojekte oder innerörtliche
Verkehrslösungen statt Ortsumfahrungen. Die Prüfung sämtlicher
Alternativen muss unverzüglich nachgeholt werden. Nur dann können
Bundestag und Bundesrat auf einer inhaltlich und rechtlich
ausreichenden Basis vernünftige Entscheidungen über die
Verkehrsprojekte der nächsten Jahrzehnte treffen", sagte Weiger.
Vorbildliche Beteiligungsverfahren bei Verkehrsplanungen gebe es
bereits in Frankreich, Dänemark, den Niederlanden, Österreich und der
Schweiz. Bei umstrittenen Projekten sollte in Deutschland
beispielsweise verstärkt an "Runden Tischen" nach alternativen
Lösungen gesucht werden. Um solche Prozesse zu koordinieren, forderte
der BUND-Vorsitzende die Einrichtung einer unabhängigen Kommission
auf Bundesebene.
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