(ots) - Von Investoren nahezu unbemerkt vollzieht sich
derzeit ein regulatorischer Regimewechsel, der weitreichende
Konsequenzen für die Bankenkapitalisierung haben kann. Denn in ihrem
Bestreben, die zum Erliegen gekommene Emission von bail-in-fähigen
Anleihen (AT1) wieder in Schwung zu bringen, wollen die EU-Aufseher
dieser Anlageklasse einen privilegierten Status zubilligen. Konkret
geht es darum, dass eine Rangfolge für die ausschüttungsfähigen
Mittel (MDA) aufgestellt wird, derzufolge Aktiendividenden erst
ausgezahlt werden dürfen, nachdem AT1-Kupons vollständig bedient
wurden - bislang sind Aktien, Kupons und Mitarbeiter-Boni im
Regelwerk pari passu gestellt.
Für Bankaktionäre heißt das, dass sie sich künftig hinten
anstellen müssten und im Zweifel leer ausgingen, wenn die MDA knapp
werden. Das ist ein Nackenschlag für all jene Investoren, die sich an
der Rekapitalisierung von Europas Banken beteiligt und darauf
vertraut haben, dass mit Erholung des Sektors attraktive
Ausschüttungen aufgenommen werden. Wie aber soll eine Bank noch für
die Aufnahme harten Kernkapitals werben, wenn Aktien als
Kanonenfutter herhalten müssen?
Immerhin haben die Bankenaufseher mit ihrer sogenannten
Pillar2Guidance dafür gesorgt, dass grundsätzlich mehr Raum für
Ausschüttungen besteht - aber das soll zuvorderst die Emission von
Hybridpapieren wie AT1 befördern.
Und das hat gewirkt. In den vergangenen Wochen haben die
Emissionen hybriden Bankkapitals spürbar angezogen, neue Papiere von
Barclays und Standard Chartered waren zehnfach überzeichnet.
Investoren vertrauen offenbar darauf, dass die Entwürfe zur
Privilegierung von AT1-Bonds so umgesetzt werden. Noch im Februar
waren Schockwellen durch den Markt gegangen, als Anleger auf einen
Ausfall der AT1-Kuponzahlungen bei der Deutschen Bank spekuliert
hatten - ein Kalkül, das nicht aufging.
Im Markt wird indes fleißig weiter gegen die Bank gewettet. Die
auf dem Markt für Kreditausfallderivate verlangte Prämie ist die
höchste unter den von S&P Capital beurteilten 30 Banken. Das lässt
bei manchem Marktteilnehmer die Alarmglocken schrillen. Allerdings
ist der Handel in diesem Markt recht dünn, so dass seine Aussagekraft
beschränkt ist - als Gegenpartei wird die Deutsche Bank im
Kapitalmarkt jedenfalls nicht in Frage gestellt. Sollte die Bank aber
noch einmal gezwungen sein, die Aktionäre anzuzapfen, wird eine
Privilegierung von AT1-Papieren auf dem Ausgabepreis lasten.
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