(ots) - Die deutsche Infrastrukturpolitik braucht neue
Instrumente und Prozesse, um Effizienzmängel bei Planung und
Ausführung von Infrastrukturprojekten zu beheben. Nötig sind zudem
neue Finanzierungsmöglichkeiten, um den wachsenden Investitionsbedarf
zu decken. Lösungsansätze können Erfahrungen aus anderen Ländern
liefern, die zum Beispiel spezielle Koordinierungsinstitutionen oder
langfristige nationale Infrastrukturpläne erfolgreich einsetzen.
Solche Modelle sollten in Deutschland ebenso geprüft werden wie etwa
das Early Contractor Involvement zur Verbesserung des
Vergabeprozesses. Vielversprechende Ansätze im Finanzierungsbereich
sind Bürgerfonds und Infrastrukturplattformen. Dies sind Ergebnisse
einer an der Hertie School of Governance erarbeiteten Kurzstudie zu
internationalen Best Practices und Innovationen in der
Infrastrukturpolitik.
"Bislang wird zu wenig an konkreten Verbesserungen der
Infrastruktur-Governance und -Finanzierung gearbeitet, obwohl
dringender Handlungsbedarf besteht. Internationale Best Practices
können hier wertvolle Impulse geben", so die Autoren der Studie
Helmut Anheier, Präsident der Hertie School, Marcel Fratzscher,
Präsident des DIW Berlin, und Bernhard Lorentz, Partner bei Ernst &
Young.
Aus Sicht der Autoren haben vor allem folgende Instrumente und
Methoden Potenzial:
- Nationale Infrastrukturpläne, die langfristig und
sektorübergreifend angelegt sind, führen zum Beispiel in
Großbritannien, Neuseeland und den Niederlanden zu einer
verlässlichen und bedarfsgerechten Priorisierung von Projekten
unabhängig von kurzfristigen politischen Zyklen.
- Unterstützung bei der Umsetzung dieser Pläne liefern in vielen
Ländern unabhängige Institutionen, die entweder beratend und
koordinierend tätig oder sogar mit Umsetzungsbefugnissen
ausgestattet sind. Best Practices finden sich in Australien und
Österreich. Für Deutschland empfiehlt die Studie ein
zweistufiges System: Eine beratende Institution auf Bundesebene
sollte primär für bessere fachlich-analytische Kapazitäten
sorgen. Auf Länderebene oder auch innerhalb einzelner
Infrastruktursektoren könnte durch umsetzungsorientierte
Institutionen die Effizienz des Infrastrukturausbaus erheblich
verbessert werden.
- Spätere Fehlentwicklungen sind oft bereits im Vergabeprozess
angelegt. Viele Länder arbeiten daher mit systematischem Early
Contractor Involvement (ECI), um die Kommunikation zwischen
Auftraggeber und zukünftigen Auftragnehmern zu verbessern.
Andere schreiben eine Due-Diligence-Prüfung vor der endgültigen
Auftragsvergabe vor, um die Wirtschaftlichkeit von Angeboten
sicherzustellen. Der verbindliche Einsatz beider Instrumente
sollten geprüft werden.
- Infrastrukturprojekte sind zunehmend für institutionelle
Investoren interessant, die Beschaffung der notwendigen
Informationen ist für sie allerdings äußerst mühsam. Eine
Infrastruktur-Plattform, die potenzielle Projekte identifiziert
und Expertise bündelt, könnte als Vermittler dienen. In
Großbritannien und Australien ist dieses Instrument erfolgreich
im Einsatz.
- Bürgerfonds könnten auch Privatanlegern die Möglichkeit zur
Investition in Infrastruktur bieten. Ein Fonds, der
beispielsweise Anteile an Bau- und Betreibergesellschaften hält,
würde durch breite Risikostreuung und langfristig angelegte
Investitionen auch in Deutschland eine attraktive Anlageoption
darstellen.
Die Kurzstudie "Governance von Infrastrukturprojekten:
Internationale Best Practices und Innovationen" kann hier
heruntergeladen werden:
http://bit.ly/Governance_Infrastrukturprojekten. Das Projekt wurde
von Ernst & Young GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft unterstützt.
Eine Studienpräsentation und Diskussion der Autoren mit dem
Vorsitzenden der Verkehrsministerkonferenz Christian Pegel
(Mecklenburg-Vorpommern), und Staatssekretär Matthias Machnig (BMWi)
findet statt am heutigen 8. September 2016, 12.30-13.30 Uhr im EY
Büro Berlin, Friedrichstraße 140. Pressevertreter sind nach
vorheriger Anmeldung an pressoffice(at)hertie-school.org willkommen.
Die Hertie School of Governance ist eine staatlich anerkannte,
private Hochschule mit Sitz in Berlin. Ihr Ziel ist es, herausragend
qualifizierte junge Menschen auf Führungsaufgaben im öffentlichen
Bereich, in der Privatwirtschaft und der Zivilgesellschaft
vorzubereiten. Mit interdisziplinärer Forschung will die Hertie
School zudem die Diskussion über moderne Staatlichkeit voranbringen
und den Austausch zwischen den Sektoren anregen. Die Hochschule wurde
Ende 2003 von der Gemeinnützigen Hertie-Stiftung gegründet und wird
seither maßgeblich von ihr getragen.
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