(ots) - Jean Asselborns Tiraden gegen Ungarn und dessen
Ministerpräsident Viktor Orbán sind in ihrer Schärfe einmalig und für
einen Außenminister skandalös undiplomatisch. Ob der Luxemburger mit
der Forderung nach einem Rausschmiss Ungarns aus der EU dem in
wenigen Tagen stattfindenden Brexit-Gipfel in Bratislava einen
Gefallen getan hat, sei außerdem dahingestellt.âEUR'
Abgesehen davon muss man sich aber fragen: Hat er recht? Orbán
ärgert europäische Politiker seit Jahren mit seinen Fantasien von
einer illiberalen Gesellschaft und mit seinem völkischen Geschwätz.
Seine neue Verfassung sichert ihm die Macht. Von der freien Presse
ist nur ein Schatten übrig. Der "Geist" einer idealen EU wurde oft
genug beleidigt.âEUR'
Bisher hat sich der Regierungschef aber immer abgesichert, nicht
gegen das Regelwerk der gar nicht so idealen Union zu verstoßen. Für
einen Ausschluss eines nervigen Mitglieds gibt es keine Handhabe.
Außerdem hat Orbán derzeit die Geschichte auf seiner Seite. Seine mit
Grenzzäunen demonstrierte Abwehrhaltung gegenüber Flüchtlingen war
vor einem Jahr anstößig. Heute ist sie fast schon Mainstream.âEUR'
Mit der Visegrad-Gruppe hat Ungarn einen Klub von Gleichgesinnten,
die die "christlich-abendländische Kultur" gegen den Ansturm der
Muselmanen verteidigen will. "Im Laufe der Geschichte hat Ungarn
Europa stets verteidigt", erinnerte Außenminister Péter Szijjártó in
seiner Replik auf Asselborn. Man soll sich wohl an Ungarns König
Ludwig erinnern, der 1526 in einer Abwehrschlacht gegen das
Osmanische Reich fiel.âEUR'
Die CSU gehört im Geiste schon lange zu diesem Klub. Von offen
fremdenfeindlichen Parteien, wie Front National, AfD oder FPÖ ganz zu
schweigen. In ein paar Jahren könnten diese Parteien an der Macht
oder an Regierungen beteiligt sein. Europa rückt nach rechts. Diese
Entwicklung könnte man mit dem Rauswurf Ungarns nicht aufhalten.âEUR'
Pressekontakt:
taz - die tageszeitung
taz Redaktion
Telefon: 030 259 02-255, -251, -250