PresseKat - Offener Brief an die SPD-Delegierten: Bündnis wirbt für "Nein" zu CETA - Zwei neue Gutac

Offener Brief an die SPD-Delegierten: Bündnis wirbt für "Nein" zu CETA - Zwei neue Gutachten belegen: SPD-Spitze kann ihre Versprechen nicht einlösen

ID: 1400466

(ots) - Gemeinsame Presseerklärung von BUND, Campact,
Deutscher Kulturrat, foodwatch, Greenpeace und Mehr Demokratie +++
SPD-Parteikonvent am kommenden Montag soll Handelsabkommen stoppen
+++ Gutachten 1: Änderungsvorschläge der SPD-Spitze zum Scheitern
verurteilt +++ Gutachten 2: Handlungsspielräume der Parlamente werden
doch eingeschränkt

In einem Offenen Brief haben sechs zivilgesellschaftliche
Organisationen die Delegierten des SPD-Parteikonvents am kommenden
Montag aufgefordert, das geplante Handelsabkommen CETA zwischen der
EU und Kanada abzulehnen. "CETA öffnet die Tür zu einer neuen
demokratie-, bürger- und europafeindlichen Handelspolitik. Wir bitten
Sie, verhindern Sie das! Machen Sie sich nicht mitverantwortlich und
stimmen Sie gegen CETA und dessen vorläufige Anwendung!", heißt es in
dem heute veröffentlichten Schreiben. Unterzeichnet haben der Bund
für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), Campact, der Deutsche
Kulturrat, foodwatch, Greenpeace und Mehr Demokratie.

Nach Auffassung der sechs Organisationen bedeutet CETA trotz aller
erreichten Veränderungen eine Gefährdung der Demokratie: Der
parlamentarische Handlungsspielraum würde durch das Abkommen
unverhältnismäßig eingeschränkt, eine Paralleljustiz für Investoren
geschaffen und das europäische Vorsorgeprinzip untergraben. Die sechs
Organisationen kritisieren, dass die SPD-Spitze zwar Verbesserungen
in Aussicht stellt - diese jedoch erst nach der Unterzeichnung des
Abkommens im parlamentarischen Verfahren zur Nachverhandlung
vorschlagen will. Damit könnte CETA über Jahre hinweg ohne Änderungen
"vorläufig angewandt" werden. "Wer das Abkommen inhaltlich wirklich
verbessern will, darf es deshalb jetzt weder unterzeichnen noch
dessen vorläufiger Anwendung zustimmen", heißt es in dem Brief an die
SPD-Delegierten.





Zwei neue Gutachten belegen, dass die SPD-Spitze in ihrem
Leitantrag zum Parteikonvent Versprechen aufstellt, die sie nicht
einlösen kann.

Nach dem Willen der SPD-Spitze soll der Bundestag Korrekturen an
CETA erwirken - und zwar nach der Unterzeichnung und vorläufigen
Anwendung des Vertrags. Der Versuch, solche Korrekturen kurzfristig
durchzusetzen, sei allerdings "zum Scheitern verurteilt, weil die
Bundesrepublik nicht im Nachhinein einseitig den Umfang der
vorläufigen Anwendung oder den Inhalt des CETA (...) ändern kann",
schreibt der Völkerrechtler Prof. Dr. Wolfgang Weiß von der Deutschen
Universität für Verwaltungswissenschaften Speyer in einem Gutachten
im Auftrag der Verbraucherorganisation foodwatch. Einfacher wäre es
noch, Änderungen durchzusetzen, die erst nach der Ratifizierung von
CETA griffen - dann also, wenn nach voraussichtlich mehreren Jahren
alle nationalen Parlamente dem Abkommen zugestimmt hätten. Doch auch
dann müssen den Korrekturen alle Beteiligten zustimmen: die
Europäische Kommission, alle EU-Mitgliedstaaten sowie Kanada. Das ist
politisch kaum realistisch und liegt jedenfalls nicht in den Händen
der deutschen Sozialdemokratie. "Das Vorhaben der SPD (...) erweist
sich aus juristischen Gründen als wenig erfolgversprechend", so Prof.
Weiß.

In ihrem Leitantrag sichert die SPD-Spitze zu, dass "der
politische Gestaltungsspielraum von Parlamenten und Regierungen nicht
eingeschränkt werden darf". Weiter heißt es (in der Fassung der
Antragskommission vom 7.9.): "In keinem Fall darf die demokratische
Gestaltungsfreiheit mittel- oder unmittelbar eingeschränkt werden."
Dies kann CETA jedoch gar nicht gewährleisten, wie der Völkerrechtler
Prof. Dr. Markus Krajewski von der Friedrich-Alexander-Universität
Erlangen-Nürnberg in einem weiteren, heute veröffentlichten Gutachten
belegt. Darin heißt es: "Alle Freihandelsabkommen, die sich mit
nicht-tarifären Handelshemmnissen befassen, enthalten Vorgaben
darüber, wie staatliche Regulierungen auszugestalten sind. Hieraus
folgt, dass Regulierungen, die diesen Vorgaben nicht entsprechen,
rechtswidrig sind und insofern das staatliche Regulierungsrecht
einschränken (...)." Sowohl die geplante "regulatorische Kooperation"
mit Kanada als auch die Klagerechte für Investoren schränkten die
Autonomie der Gesetzgeber "in ungewissem Maße ein".

Der ausverhandelte CETA-Vertrag soll noch in diesem Herbst im
EU-Ministerrat beschlossen, unterzeichnet und anschließend
"vorläufig" angewandt werden. Demnach wären die Regelungen des
Abkommens bereits wirksam, bevor die Parlamente in den
EU-Mitgliedstaaten darüber abgestimmt hätten. In ihrem Leitantrag zum
Parteikonvent am kommenden Montag (19. September) in Wolfsburg hat
die SPD-Spitze zwar Verbesserungen an CETA in Aussicht gestellt -
diese sollen allerdings nicht mehr vor der Vertragsunterzeichnung,
sondern erst im parlamentarischen Verfahren erreicht werden. Ein
solcher Ratifizierungsprozess dauert nach allgemeiner Erwartung
mehrere Jahre. Bevor sich der Bundestag überhaupt erst für
Korrekturen an CETA aussprechen kann, wäre das Abkommen längst in
Kraft getreten - ohne die von der SPD in Aussicht gestellten
Verbesserungen.

Links:

- Offener Brief an die SPD-Delegierten: http://tinyurl.com/z2wn63n
- Gutachten von Prof. Dr. Wolfgang Weiß:
http://tinyurl.com/hkpas6y
- Gutachten von Prof. Dr. Markus Krajewski:
http://tinyurl.com/gu7bhl5



Pressekontakte:

- BUND: Annika Natus, annika.natus(at)bund.net,
Tel.: 0 30 / 2 75 86 - 464
- Campact: Svenja Koch, koch(at)campact.de,
Tel.: 0 42 31 / 95 75 90
- Deutscher Kulturrat: Gabriele Schulz, g.schulz(at)kulturrat.de,
Tel: 0 30 / 2 26 05 28 - 18
- Greenpeace: Constanze Klinghammer,
Constanze.Klinghammer(at)greenpeace.de,
Tel.: 01 75 / 3 45 41 13
- foodwatch: Martin Rücker, presse(at)foodwatch.de,
Tel.: 0 30 / 24 04 76 - 290
- Mehr Demokratie: Anne Dänner, presse(at)mehr-demokratie.de,
Tel.: 030 / 42 08 23 70


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Datum: 15.09.2016 - 10:05 Uhr
Sprache: Deutsch
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Berlin



Kategorie:

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