(ots) - In letzter Minute haben sich die Vertreter von
Bund und Ländern im Vermittlungsausschuss eine Riesenblamage erspart.
In der Nacht zum Donnerstag brachten sie noch einen Kompromiss zur
Reform der Erbschaft- und Schenkungsteuer zustande, der bis Mitte
Oktober Bundestag und Bundesrat passiert haben dürfte. Die Richter am
höchsten Gericht hatten allzu deutlich gemacht, dass sie sich mit
einem Scheitern der Reform nicht zufriedengeben würden, nachdem die
gesetzte Frist bis Ende Juni für eine verfassungsfeste Novelle längst
verstrichen war. Sie wären Ende September erneut eingeschritten -
eine Klatsche für den Gesetzgeber drohte.
Schlimmstenfalls - aus Sicht von Wirtschaft und
Familienunternehmen - wäre die steuerliche Begünstigung für
Betriebsvermögen mit einem neuen Einschreiten Karlsruhes komplett
weggefallen. Nur deshalb ging ein leises Aufatmen durch die Reihen
der Unternehmer, die ihre Nachfolge in den Familienbetrieben noch zu
regeln haben. Rechtsunsicherheit ist eine schwere Last nicht nur für
die Betroffenen, sondern auch für ein gesamtes Land. Auf jeder
Standortagenda steht Rechtssicherheit ganz oben. Alle politisch
Beteiligten haben versagt: Zunächst haben sie die Novelle lang
hinausgezögert und schön die Sommerferien genommen. Und erst der neue
Weckruf aus Karlsruhe setzte sie in Gang.
Im Ergebnis werden Erben von Unternehmen mehr zahlen müssen als
bisher. Gemessen am Gesamtaufkommen der Steuer von derzeit mehr als 6
Mrd. Euro nimmt sich der Betrag gering aus. Problematisch daran ist,
dass dies vor allem einzelne große Unternehmen trifft. Im letzten
politischen Ringen ging es auch nicht mehr um strategische Fragen,
sondern um kleinteilige Änderungen mit großer Finanzwirkung. Rot-Grün
und Schwarz zankten nur darum, welche steuerliche Begünstigung wie
stark eingeschränkt wird. Die ohnehin komplexe Erbschaft- und
Schenkungsteuer ist mit der Novelle aber deutlich undurchschaubarer
geworden. Nur Experten finden sich in diesem Dschungel noch zurecht.
Die schwarz-rote Koalition im Bund und die Regierungen in den
Ländern haben damit die Chance auf eine grundlegende Reform verpasst.
Diese ist überfällig, nachdem Verfassungsklagen wegen der
Erbschaftsteuer in Karlsruhe eine lange Geschichte haben. Auch diese
Reform steht auf tönernen Füßen. Aus der Wirtschaft kamen schon erste
Signale, die Novelle wieder gerichtlich überprüfen zu lassen.
Rechtssicherheit ist ein hohes Gut. Hier fehlt es noch immer.
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